Weshalb Biozide vermeiden?

Welche Biozide werden am Bau eingesetzt?

Fassaden

Biozide werden zum Schutz von Putzen und Farben vor dem Bewuchs durch Algen und Pilze eingesetzt. Die Biozide müssen auf der Oberfläche der Fassade präsent sein, um gegen Bewuchs wirken zu können. Eine Abschwemmung ist deshalb bereits funktionell unumgänglich. Eine verbesserte Einbettung der Biozide in den Produkten konnte die Abschwemmraten verringern, diese Technologie wird auf den Produkten als "verkapselte Biozide" angepriesen. Bei Holzbauteilen werden die verwendeten Biozide gerne als Bläueschutz bezeichnet. Diese kommen in Holzfenstern und je nach Ausführung in Konstruktionshölzern und auf Holzfassaden zur Anwendung.
Die als Biozide eingesetzten Wirkstoffe unterliegen einem raschen Wandel. Gemäß einer Herstellerbefragung aus dem Jahr 2013 werden am häufigsten Diuron, Terbutryn, 2-Octyl-3-Isothiazolinon (OIT) und Zinkpyrithion eingesetzt (Burkhardt et al., 2013). An dieser Stelle sei auch auf die Merkblätter des UBA zur Thematik verwiesen (UBA, 2014). Zudem bietet das ökologische Baustoffinformationssystem WECOBIS weitere Informationen über den Biozideinsatz in Bauproduktgruppen an. Besonders interessant sind die Mustertexte für die Ausschreibung biozidfreier Produkte in den Ausschreibungshilfen. Siehe dazu auch unter "Hilfen zur Produktwahl".

Flachdächer

Auf Flachdächern mit Begrünung kann je nach gewählter Konstruktion eine Dichtungsbahn mit Wurzelschutz nötig sein. Polymerbitumenbahnen müssen mit einem Herbizid vor der Durchwurzelung geschützt werden. In den allermeisten Fällen wird der Wirkstoff Mecoprop eingesetzt, der über die Nutzungsdauer der Dachbahn teilweise ans Regenwasser abgegeben wird.

Innenräume

Besonders zur Fugenabdichtung in Nasszellen und feuchten Innenräumen – jedoch nicht ausschließlich – werden Dichtstoffe mit zugesetzten Fungiziden eingesetzt. Diese Produkte werden beispielsweise als "pilzhemmend" oder "fungizid eingestellt" beworben.
Teppiche, Textilien und Dämmstoffe aus Naturfasern können durch Insektizide vor Fraßschäden geschützt sein. Motten sind der bekannteste Schadorganismus für Textilien und können beispielsweise auch in Schafwolledämmung auftreten. Da diese Anwendungen im Trockenbereich erfolgen, stellt die Auswaschung der Biozide in die Umwelt im allgemeinen kein Problem dar. Vorsicht kann bei intensivem direktem Kontakt geboten sein – zum Beispiel während der Verarbeitung – oder direkter Aufnahme über den Mund – zum Beispiel durch Säuglinge.

Flüssige und pastöse Produkte in allen Anwendungsbereichen

Vor allem in flüssigen oder pastösen Produkten mit organischen Inhaltsstoffen werden Topfkonservierungsmittel verwendet. Die Topfkonservierungsmittel schützen die Produkte während der Lagerung vor dem Befall durch Mikroorganismen. Die Konzentrationen sind durchweg tiefer als bei den Schutzmitteln, die nach der Verarbeitung am Bau wirken sollen. Durch den verbreiteten Einsatz liegen die Verbrauchsmengen jedoch etwa im gleichen Bereich wie für die Beschichtungsschutzmittel (Kasser et al., 2015).

Weshalb sollten Biozide vermieden werden?

Nach Regenereignissen kann in den Gewässern des Siedlungsraums eine erhöhte Biozidkonzentration festgestellt werden. Diesen Zusammenhang stellt eine Studie der Eawag für das Herbizid Mecoprop her, das auf Flachdächern eingesetzt wird (Wittmer, 2009). Auch aus Fassaden werden Biozide nachweislich ausgewaschen. In einer Feldstudie an zwei Einfamilienhäusern zeigte sich, dass die Biozide vor allem während der ersten zehn Regenereignisse ausgewaschen wurden, danach wurden nur noch geringe Biozid-Mengen im Abwasser gefunden (Breuer et al., 2012b). Untersuchungen unterschiedlicher Putze auf einem Teststand zeigten eine vergleichbar starke Auswaschung in den ersten drei Monaten (Breuer et al., 2012a). Dieselbe Studie stellt zudem fest, dass ein erheblicher Abbau der Biozide auf der Fassade selbst erfolgt, dessen Mechanismen noch nicht geklärt sind.
Dichtstoffe in Nasszellen stehen regelmäßig mit fließendem Wasser in Kontakt. Dabei werden die Biozide aus den Dichtmassen ins Abwasser ausgetragen. Ein Teil dieser Wirkstoffe gelangt in die natürlichen Gewässer wo sie ihre Giftwirkung gegenüber den aquatischen Lebewesen entfalten.

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Auszug aus:
Biozide - Strategien zur Vermeidung an Gebäuden , Daniel Savi & Matthias Klingler, Büro für Umweltchemie, Zürich, erstellt im Auftrag der Bayerischen Architektenkammer, 2015

Inhaltsverzeichnis

Wann gedeihen unerwünschte Lebewesen auf und in Bauten?
Welche Bauteile können durch Organismen besiedelt werden?

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Was sind Biozide?

Definition, Unterscheidung, rechtliche Grundlagen ... → mehr

Welche Biozide werden am Bau eingesetzt?
Weshalb sollten Biozide vermieden werden?

... → siehe oben

Welches sind die Alternativen?
Welche Hilfen gibt es für die Produktwahl?

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Literatur

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Lexikonbegriffe zum Thema Biozide in WECOBIS

Biozid - Biozidprodukt, → Biozid-Verordnung, → Breitbandbiozide, → Algizide, → Fungizide, → Herbizide, → Topfkonservierer, → Filmschutzmittel / Beschichtungsschutzmittel, → Umweltbedingungen für das Algen- und Pilzwachstum