Polyurethan

Produktgruppeninformation

Begriffsdefinition

Bei den Polyurethanen handelt es sich nicht um einen einheitlichen Kunststoff. Durch die Verwendung unterschiedlicher Ausgangsverbindungen entsteht eine ganze Gruppe von Polymeren (Kunststoffen), die unterschiedlichste Eigenschaften aufweisen können. Allen Polyurethanen gemeinsam ist eine gut steuerbare Reaktion zwischen zwei chemischen Grundbausteinen, einem höherwertigen Alkohol (Polyol) und einem Isocyanat. Polyurethane (PUR) wurden erstmals im Jahr 1937 von Otto Bayer in Deutschland durch Reaktion eines Polyols (Polyalkohol) mit einem Diisocyanat hergestellt.

Wesentliche Bestandteile

Alle Polurethane enthalten Urethan-Gruppen, wie in der untenstehenden Strukturformel abgebildet. Der Buchstabe R in der Formel steht für eine unbestimmte Anzahl weiterer Atome des Moleküls.

Da es sich bei den Polyurethanen um eine Stoffgruppe handelt, sind verschiedene PUR-Strukturen möglich. Die unten abgebildete Strukturformel zeigt beispielhaft ein mögliches PUR-Hartschaum-Monomer. Die Urethangruppen schließen an die beiden Benzolringe auf der rechten Seite der Strukturformel an.

Charakteristik

Polyurethane können als dichtere oder weniger dichte Hartschäume ausgebildet sein. Ebenfalls möglich sind Weichschäume. PUR werden auch als Reaktionsharze eingesetzt, die direkt auf der Baustelle flüssig aufgebracht werden und aushärten.

Besonders wichtige Eigenschaft hinsichtlich Umwelt- und Gesundheitsrelevanz

Bei der Anwendung nicht ausgehärteter Harze sind persönliche Schutzmaßnahmen unabdingbar. Die Harze dürfen nicht in die Kanalisation, Gewässer oder den Boden gelangen. Verarbeitungsfehler bei der Anwendung von Zwei-Komponenten-Systemen können zu Langzeitemissionen führen.

Lieferzustand

Polyurethane kommen als fertige Produkte oder als noch nicht ausgehärtete Harze, in der Regel 2K-Harze, zur Anwendung.

Anwendungsbereiche (Besonderheiten)

PUR-Art

Anwendungsbereiche

PUR-Hartschäume

Dämmstoffe, Montageschäume, Rohrzubehör (Fittings, Schellen, Kappen).

PUR-Reaktionsharze  

Klebstoffe, Lacke, Fugendichtungsmassen, Stelzlager, Sport- und Freiflächenbeläge.

PUR-Weichschäume

Polsterungen

Eine weitere wichtige Anwendung ist die Reifenherstellung (PUR-Kautschuke).

Produktionsmengen und Verbrauchszahlen

Produktionsmengen 2010 [Mio t]

Deutschland

Europa

Welt

Kunststoff insgesamt

20,7

57

265

 

Verbrauchszahlen 2010 [Mio t]

Deutschland

Europa

Welt

Kunststoff insgesamt

13,3 (2009)

46,4

k.D.v

Bausektor

2,6 (2009)

9,6

k.D.v

PUR

0,6 (2009)

3,2

k.D.v

 k.D.v.: keine Daten verfügbar

Über PUR-Verbrauchszahlen im Bausektor liegen keine gesicherten Daten vor.

Einteilungssystematik

Polyurethane werden in Hartschäume und Weichschäume eingeteilt. Im Bausektor kommen vor allem Hartschäume zum Einsatz. Eine weitere Einteilung erfolgt über den Lieferzustand in fertige Schäume und flüssige Ein- oder Zwei-Komponenten-Systeme. Diese Systeme enthalten Polyole und Isocyanate, welche erst bei der Anwendung auf der Baustelle zu PUR reagieren.

Quellen

Homepage PlasticsEurope, plasticseurope Online-Quelle abgerufen am 8.8.2012
Chemgapedia, Polyurethane I – Grundlagen, FIZ Chemie Berlin
G. Beer; Kunststoffe 86 (10); 1996;
U. Berghaus; Kunststoffe 97 (5); 1997;
J.Brandrup (Hrsg.); Die Wiederverwertung von Kunststoffen; 1995; Hanser Verlag; München
Bremer Umwelt Institut e.V., Umweltstiftung WWF (Hrsg.); Kunststoffe. Umwelt- und Gesundheitsgefahren; 1995; Bremer Umweltinstitut e.V.; Bremen
Creemers 96; Thermoplastische Elastomere, eine Übersicht in Kunststoffe 86 (12); 1996
P.Kindermann; Bauen mit Kunststoffen und neuen Baustoffen, Band 1; 1995;
Industrieverband Polyurethan Hartschaum e.V.; Thermal Conductivity of PUR Ridgid Foam Boards after Storage at 23 and 70 °C; 1997; IVPU; Stuttgart
Industrieverband Polyurethan-Hartschaum e.V.; Eigenschaften von PUR-Hartschaum Wärmedämmstoffen; 1998; IVPU; Stuttgart.
FfE Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V. München; Ganzheitliche Bilanzierung von Grundstoffen und Halbzeugen, Teil IV Kunststoffe, Juli 1999.

 

Polyurethan
Polyurethan
Polyurethan
Polyurethan
Polyurethan

Technisches

Technische Daten

 

Polyurethan

Wasseraufnahme in 24 h [%]

0,7 - 0,9

Bei den angegebenen Daten handelt es sich um typische Werte, bezogen auf die angegebenen Kunststoffe in Reinform. Die technischen Daten für spezielle Produkte (z.B. Schaumstoffe, Dichtungsbahnen) befinden sich in den Informationen zu den entsprechenden Produktgruppen.

Euroklasse nach DIN EN 13501-1

E

Technische Baubestimmung

Die allgemeinen Anforderungen an bauliche Anlagen und die Verwendung von Bauprodukten werden in den Landesbauordnungen geregelt. Bei Bedarf können diese allgemeinen Vorgaben durch Technische Baubestimmungen konkretisiert werden. Das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) macht im Auftrag der Länder die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) bekannt, die als Grundlage für die Umsetzung in Landesrecht dient.
Weitere Informationen dazu bzw. produkt- und bauartspezifische Informationen siehe
DIBt / Informationsportal Bauprodukte und Bauarten
DIBt / Zulassungs- und Genehmigungsverzeichnisse

Technische Regeln (DIN, EN)

DIN EN 923

Klebstoffe - Benennungen und Definitionen enthält Definition Polyurethane (= Reaktionsprodukte aus Polyisocyanaten und Polyolen, die wiederkehrende Urethan-Einheiten (-NH-CO-O-) besitzen)

DIN 16946

Eigenschaften von PUR-Giessharzen

DIN EN ISO 14896

Kunststoffe - Polyurethanrohstoffe - Bestimmung des Isocyanatanteils

Polyurethan
Polyurethan

Rohstoffe / Ausgangsstoffe

Hauptbestandteile

Polyurethan 2.1.1 neu

Abb. 2.1.1 / Chemische Zusammensetzung von Polyurethan

Die untenstehende Tabelle zeigt die Zusammensetzung nach Elementen vonPolyurethan.

 

Wasserstoff, H
Gehalt in Gew.-%

Kohlenstoff, C
Gehalt in Gew.-%

Sauerstoff, O
Gehalt in Gew.-%

Stickstoff, N
Gehalt in Gew.-%

Polyurethan PUR

5

56

27

12

Die Zahlenwerte beziehen sich auf die reinen Polymere, ohne Berücksichtigung von Additiven, Weichmachern und Füllstoffen.

Die wesentlichen Rohstoffquellen sind Erdöl, Erdgas, Steinsalz und Schwefel. Zum Vergleich werden in der Tabelle auch die Polystyrole ABS und expandierbares PS sowie HDPE aufgeführt.

Der hohe Bedarf an mineralischen Rohstoffen für die Produktion von PUR-Hartschaum ist auf den Abbau von Steinsalz für die Chlorproduktion und die Verwendung von Schwefel für die Schwefelsäureproduktion zurückzuführen. Die Polystyrole benötigen in der Herstellung wesentlich größere Mengen Kühlwasser.

 Rohstoffbedarf pro kg Kunststoff

Polyurethan-Hartschaum

ABS (Polystyrol)

Polyethylen hoher Dichte (HDPE)

Expandierbares Polystyrol

nachwachsende Rohstoffe [kg]

-

-

-

 

fossile Rohstoffe [kg]

2,1

2,1

1,6

1,9

mineralische Rohstoffe [kg]

1,3

0,06

0,001

0,005

Wasserverbrauch ohne Kühlwasser [l]

Wasserverbrauch mit Kühlwasser [l]

7,4

33,8

9,1

150,0

3,4

32,3

5,9

171,0

Die Daten stammen aus den Ökoprofilen von PlasticsEurope (siehe Quellen). Die Zahlenwerte beziehen sich auf den Bedarf für die Herstellung von 1 kg des angegebenen Materials inklusive aller Additive und Modifikatoren. Nicht enthalten sind die Verarbeitungssschritte vom Granulat zum fertigen Produkt sowie allfällige Additive und Modifikatoren, die erst bei der Endverarbeitung zugesetzt werden. Die Angaben für expandierbares PS beinhalten den Schritt des Aufschäumens zu EPS-Dämmstoffen nicht.

Umwelt- und Gesundheitsrelevanz

Polyurethan 2.1.2 neu

Abb. 2.1.2 / Rohstoffherkunft PU-Hartschaum

Gewinnung der Primärrohstoffe

Die Isocyanate werden aus Grundchemikalien über mehrere Prozesse unter Einsatz von Phosgen und Formaldehyd hergestellt. Die Polyole werden aus den unterschiedlichsten Rohstoffen und Synthesewegen hergestellt.

Rohstoffquellen für Isocyanate und Polyole sind zum größten Teil Erdöl und Erdgas. Im Herstellungsprozess der Isocyanate spielen auch die Schwefelsäureproduktion mit dem Abbau von Schwefel, die Ammoniaksynthese und v.a. die Chlorchemie mit der Herstellung von Chlor aus Steinsalz eine bedeutende Rolle. Bei den Polyolen werden z. T. auch nachwachsende Rohstoffe eingesetzt. Im Vergleich zu anderen Kunststoffen ist der Verbrauch an mineralischen Rohstoffen für Polyurethane hoch.

Verfügbarkeit

Mit der allmählichen Erschöpfung der Erdölvorräte vermindert sich auch das Potential zur Gewinnung von Polypropylen und anderen Kunststoffen in wenigen Jahrzehnten. Allerdings könnten die Rohstoffe zur Herstellung von Polyurethan auch aus Kohle hergestellt werden, was jedoch mit einem größeren Energieaufwand verbunden wäre. Die Rohstoffe für die Produktion der Polyalkohole können auch Glycerol und Sucrose sein, die aus nachwachsenden Quellen gewonnen werden können.

Verwendung von Recyclingmaterialien / Produktionsabfällen

Produktionsabfälle aus der Produktion von PUR-Hartschäumen können unter Zugabe von Bindemitteln zu Konstruktions-Bauplatten verpresst werden. Die Produktionsabfälle können jedoch nicht erneut in die Produktion von PUR-Hartschäumen gleicher Qualität einfließen. Ein oft diskutiertes Recyclingverfahren ist die Glykolyse von PUR/PIR-Abfällen, um wieder Rohstoffe für den Herstellungsprozess zu gewinnen. Diese Verfahren sind jedoch mit einem hohen Energieaufwand verbunden und damit mit einem zusätzlichen Verbrauch fossiler Brennstoffe.

Radioaktivität

Polyurethane sind nicht radioaktiv.

Landinanspruchnahme (Landuse)

Die Polyurethanproduktion ist mit geringem Flächenverbrauch für die Erdölgewinnung und die Raffineriestandorte verbunden, allerdings können die Flächen zerstörter Naturräume durch Tankerunfälle beträchtlich sein.

Für die Polyurethanherstellung werden auch mineralische Rohstoffe benötigt, die in Minen oder im Tagbau abgebaut werden können.

Die Ammoniaksynthese erfolgt aus Luftstickstoff und ist energieaufwändig. Sie ist ein Massenprozess der Großchemie. Ammoniak wird in großen Mengen für die Düngerherstellung benötigt.

Quellen

I. Bousted: Eco-profiles of the European Plastics Industry, Polyurethane rigid foam, PlasticsEurope, Brussels, 2005

I. Bousted: Eco-profiles of the European Plastics Industry, Acrylonitrile-Butadiene-Styrene Copolymer (ABS), PlasticsEurope, Brussels, 2005

I. Bousted: Eco-profiles of the European Plastics Industry, High Density Polyethylen (HDPE), PlasticsEurope, Brussels, 2005

I. Bousted: Eco-profiles of the European Plastics Industry, Polystyrene (Expandable) (EPS), Brussels, 2006

Polyurethan

Herstellung

Prozesskette

Prozesskette Polyurethan

Herstellungsprozess

Die Herstellung der Ausgangsprodukte (Reaktionsprodukte, Polyole und Isocyanate) findet in Betrieben der Großchemie statt. Die Verarbeitung der Polyurethane zum ausgehärteten Produkt erfolgt je nach Anwendung (Dämmstoffe, Harze, Lacke, Klebstoffe, Ortschaum) in der Regel durch kleinere Unternehmen bzw. auf der Baustelle.

Um den Umgang speziell mit den toxischen Isocyanaten zu reduzieren und die damit verbundenen Risiken für die Beschäftigten der verarbeitenden Betriebe zu senken, werden heute bereits vorpolymerisierte Komponenten als Vorprodukte an die weiterverarbeitenden Betriebe geliefert (Prepolymer-Prozess).

Speziell bei der Herstellung der Polyurethan-Schaumprodukte wird normalerweise ein Verfahren angewendet, bei dem alle benötigten Materialien (Ausgangsstoffe, Hilfsstoffe, Additive) vermischt werden. Danach verläuft die Bildung der Polyurethane und das Aufschäumen gleichzeitig (one-shot-Prozess).

Umweltindikatoren / Herstellung

Einheitliche Werte zu Umweltindikatoren (z.B. Primärenergieaufwand, Treibhauspotential) von Bauprodukten liefert die Online-Datenbank ÖKOBAUDAT des Informationsportals Nachhaltiges Bauen. Die Plattform ÖKOBAUDAT stellt Umweltprofile bereit, die als erforderliche Datengrundlage für die Ökobilanzierung (Lebenszyklusanalyse) von Gebäuden eingesetzt werden.
In der Herstellung von Bauprodukten ist ein großer Anteil der verursachten Umweltbelastungen auf den Verbrauch von nicht erneuerbaren Energieträgern zurückzuführen. Der in den Datensätzen geführte "kumulierte Primärenergieaufwand nicht erneuerbar" (Graue Energie, PENRT) ist daher ein wichtiger Umweltindikator für den Ressourcenverbrauch und i.d.R. gleichgerichtet mit dem Treibhauspotential (GWP), einem wichtigen Indikator der Umwelt(aus)wirkungen.
Für Bauprodukte gibt es Herstellungs- und End-of-Live-Datensätze in der ÖKOBAUDAT. Aus dem Bereich der Grundstoffe/Ausgangsstoffe findet man dort nur für direkt als Bauprodukte einsetzbare Materialien entsprechende Datensätze wie z.B. für Bindemittel (Gips, Zement, Kalk usw.) oder Zuschläge (Gesteinskörnungen). Datensätze zu Kunststoffen als Ausgangsstoffe findet man dort nicht.
Datenbank der ÖKOBAUDAT

Graue Energie

Nachfolgende Tabelle gibt den Verbrauch an nicht-erneuerbarer Energie für die Produktion von 1kg Kunststoff inklusive Rohstoffabbau und Transporte wieder. Die Daten stammen aus den Ökoprofilen von PlasticsEurope (siehe Quellen). Der Energieverbrauch für die Herstellung von Polyurethan-Hartschaum ist mit dem Energieaufwand für ABS und EPS vergleichbar. Zu beachten ist, dass die Angaben für expandierbares Polystyrol den Schritt des Aufschäumens zu EPS-Dämmstoffen nicht enthalten, womit der Energieaufwand für die EPS-Dämmstoff-Herstellung noch etwas steigt.

Graue Energie pro kg Kunststoff

 

Polyurethan-Hartschaum

ABS (Polystyrol)

Polyethylen hoher
Dichte (HDPE)

Expandierbares Polystyrol

Kumulierter nicht-erneuerbarer Primärenergieaufwand

[MJ/kg]

99,8

95,0

75,9

88,2

Umweltrelevante Additive

Additive

Typ und Funktion

Umweltrelevanz

Lichtstabilisatoren

Bis zu 1 % komplexe organische Verbindungen verhindern den Abbau von PUR.

Relativ stabile Verbindungen; u.U. toxisch.

Flammschutzmittel

Bromierte und chlorierte Verbindungen (teilweise Einsatz von bromierten und chlorierten Polyolen) verringern die Brennbarkeit des Kunststoffs.

Stabile Verbindungen, im Brandfall Entstehung toxischer Stoffe wie Halogensäuren und halogenierte Folgeprodukte.

Charakteristische Emissionen

Die Emissionen der Herstellung werden gemäß den Ökoprofilen von PlasticsEurope ausgewiesen (siehe Quellen). Zum Vergleich werden ABS, Polyethylen hoher Dichte und expandierbares Polystyrol aufgeführt. Auffällig sind die hohen Salzfrachten im Abwasser in der Ökobilanz der Polyurethanproduktion. Dabei handelt es sich vor allem um Natriumchlorid (Kochsalz NaCl) und Kalziumchlorid (CaCl2). Auch die Schwefeldioxidemissionen liegen beim PUR höher, bedingt durch den Schwefelsäureeinsatz in der Produktion.

  

 

Polyurethan-Hartschaum

ABS

Polyethylen hoher Dichte (HDPE)

Expandierbares Polystyrol

Treibhausgase

GWP [kg CO2-eq / kg]

4,2

3,8

1,93

3,3

Luftemissionen

Schwefeldioxid [g SO2 / kg]

11,3

8,0

4,1

7,0

 

Stickoxide NOx [g NO2-eq / kg]

8,2

5,5

3,2

4,8

 

Kohlenmonoxid [g CO / kg]

5,0

5,1

12,4

3,8

Abwasseremissionen

Salze, gesamt [g / kg]

874,4

14,4

1,1

1,6

 

Kohlenwasserstoffe [g TOC / kg]

0,96

0,49

0,01

0,04

Maßnahmen Gesundheitsschutz

Bei der Herstellung der Vorprodukte sind Gefahrstoffe mit erheblichem Risikopotential beteiligt: Benzol, Phosgen, Ethylenoxid, Chlor. Vor allem bei den drei letztgenannten Stoffen besteht ein Störfallrisiko, da die Stoffe gasförmig vorliegen.

Benzol kann beim verschlucken und eindringen in die Atemwege tödlich sein (H304), kann Krebs erzeugen (H350), genetische Defekte verursachen (H340) und schädigt die Organe (H372).

Phosgen ist tödlich beim Einatmen (H330) und verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden (H314).

Ethylenoxid ist ein extrem entzündbares Gas (H220), verursacht Haut- und schwere Augenreizungen (H315 & H319), ist giftig beim Einatmen (H331), kann die Atemwege reizen (H335), genetische Defekte verursachen (H340) und Krebs erzeugen (H350).

Chlor verursacht Haut- und schwere Augenreizungen (H315 & H319), ist giftig beim Einatmen (H331), kann die Atemwege reizen (H335) und ist sehr giftig für Wasserorganismen (H400).

Die Zwischenprodukte Diisocyanate sind als gesundheitsschädlich bis giftig, reizend und sensibilisierend eingestuft (TDI, MDI). Beim Umgang mit Isocyanaten ist generell Vorsicht geboten. Somit sind umfangreiche Arbeitsschutzmaßnahmen notwendig. Neben Vorsichtsmaßnahmen gegen die akuten Gefährdungen von Isocyanaten sollten Allergiker und Asthmatiker sowie bereits gegen Isocyanate sensibilisierte Mitarbeiter nicht zu Arbeiten mit Isocyanaten oder deren Zubereitungen herangezogen werden. Erkrankungen durch Isocyanate sind meldepflichtige Berufskrankheiten. →  siehe auch Stoff-/Produktgruppen GISBAU

MDI verursacht Haut- und schwere Augenreizungen (H315 & H319), kann allergische Hautreaktionen verursachen (H317), ist gesundheitsschädlich bei Einatmen (H332), kann bei Einatmen Allergie, asthmaartige Symptome oder Atembeschwerden verursachen (H334), die Atemwege reizen (H335), vermutlich Krebs erzeugen (H351) und die Organe schädigen bei längerer oder wiederholter Exposition (H373).

TDI verursacht Haut- und schwere Augenreizungen (H315 & H319), kann allergische Hautreaktionen verursachen (H317), ist tödlich beim Einatmen (H330), kann bei Einatmen Allergie, asthmaartige Symptome oder Atembeschwerden verursachen (H334), die Atemwege reizen (H335), vermutlich Krebs erzeugen (H351) und ist schädlich für Wasserorganismen, mit langfristiger Wirkung (H412)

Für die Gefährdungsbeurteilung und daraus abzuleitende Schutzmaßnahmen für Arbeiten mit Isocyanaten liegt die TRGS 430 vor. Arbeitsplatzgrenzwerte liegen nur für monomere Isocyanate vor. Bei der Herstellung von PUR-Klebstoffen treten jedoch auch polymere Isocyanate auf. Die TRGS 430 beschreibt deshalb Verfahren zur Bewertung einer möglichen Gefährdung durch die gesamte Isocyanatexposition. Die Gefährdungsbeurteilung muss vom Arbeitgeber durchgeführt, schriftlich dokumentiert und bei maßgeblichen Veränderungen aktualisiert werden. Die TRGS 430 legt für die Herstellung von Isocyanaten technische Schutzmaßnahmen fest.

Transport

Das Vorprodukt Phosgen unterliegt Transportbeschränkungen gemäß ADR, wird allerdings kaum transportiert, sondern gleich vor Ort produziert und weiterverarbeitet.

Das Vorprodukt Ethylenoxid und das Zwischenprodukt Isocyanat unterliegen Transportbeschränkungen gemäß ADR

Quellen

I. Bousted: Eco-profiles of the European Plastics Industry, Polyurethane rigid foam, PlasticsEurope, Brussels, 2005

I. Bousted: Eco-profiles of the European Plastics Industry, Acrylonitrile-Butadiene-Styrene Copolymer (ABS), PlasticsEurope, Brussels, 2005

I. Bousted: Eco-profiles of the European Plastics Industry, High Density Polyethylen (HDPE), PlasticsEurope, Brussels, 2005

I. Bousted: Eco-profiles of the European Plastics Industry, Polystyrene (Expandable) (EPS), Brussels, 2006

H-Sätze:

European Chemicals Agency, C&L Inventory Database, echa.europa.eu/web/guest/information-on-chemicals/cl-inventory-database

Transport:

Anlage zur Bekanntmachung der Neufassung der Anlagen A und B des Europäischen Übereinkommens vom 30. September 1957 über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) (in der ab dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung)

Polyurethan

Verarbeitung

Arbeitshygienische Risiken

Allgemeines

Vor allem bei der Verarbeitung von 2-Komponenten-Reaktionsharzen (2K-Harze) können Gefährdungen auftreten. Beim Umgang mit Isocyanaten (auf der Baustelle applizierte 2K-PU-Harze) gelten umfangreiche Arbeitsschutzmaßnahmen, entsprechende Produkte sind nach GefStoffV gekennzeichnet. Den Umgang mit Isocyanaten regelt die TRGS Richtlinie 430. Aufgrund freier Isocyanatgruppen in Härterkomponenten besteht die Gefahr der Sensibilisierung. Neben Vorsichtsmaßnahmen gegen die akuten Gefährdungen von Isocyanaten sollten Allergiker und Asthmatiker sowie bereits gegen Isocyanate sensibilisierte Mitarbeiter nicht zu Arbeiten mit Isocyanaten oder deren Zubereitungen herangezogen werden. Erkrankungen durch Isocyanate sind meldepflichtige Berufskrankheiten. → siehe auch Stoff-/Produktgruppen GISBAU

Weitergehende Informationen zu Vorsichtsmaßnahmen und Gefährdungen sind ggf. in den zugeordneten Bauproduktgruppen enthalten.

AGW-Werte

Stoff

ml/m3

mg/m3

Überschreitungsfaktor

Bemerkungen

pMDI (als MDI berechnet)

 

0.05 E

1;=2=(I)

DFG, H, Sah, Y, 12

Hexamethylen-1,6-diisocyanat

0.005

0.035

1;=2=(I)

DFG, 12, Sa

3-Isocyanatmethyl-3,5,5-trimethylcyclohexylisocyanat

0.005

0.046

1;=2=(I)

DFG, 12, Sa

2,2'-Methylendiphenyldiisocyanat

 

0.05

1;=2=(I)

AGS, 11, 12

4,4'-Methylendiphenyldiisocyanat

 

0.05

1;=2=(I)

DFG, 11, 12, Sa, Y

Methylisocyanat

0.01

0.024

1(I)

DFG, EU, H, 12

4-Methyl-m-phenylendiisocyanat

0.005

0.035

1;=4=(I)

AGS, 12, Sa

2-Methyl-m-phenylendiisocyanat

0.005

0.035

1;=4=(I)

AGS, 12, Sa

4-Methyl-m-phenylendiisocyanat

0.005

0.035

1;=4=(I)

AGS, 12, Sa

2-Methyl-m-phenylendiisocyanat

0.005

0.035

1;=4=(I)

AGS, 12, Sa

1,5-Naphthylendiisocyanat

 

0.05

1;=2=(I)

DFG, 11, 12, Sa

Phenylisocyanat

0.01

0.05

1(I)

AGS, 12, Sa

Grenzwerte:

E: einatembare Fraktion

Bemerkungen:

AGS: Ausschuss für Gefahrstoffe

DFG: Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der DFG (MAK-Kommission)

EU: Europäische Union (Von der EU wurde ein Luftgrenzwert festgelegt: Abweichungen bei Wert und Spitzenbegrenzung sind möglich.)

H: hautresorptiv

11: Summe aus Dampf und Aerosolen

12: Der Arbeitsplatzgrenzwert gilt in der Regel nur für die Monomeren. Zur Beurteilung von Oligomeren oder Polymeren siehe TRGS 430 „Isocyanate“

Sa: Bei mit „Sa“ gekennzeichneten Stoffen sind auch bei Einhaltung des AGW (inklusive des Kurzzeitwertes) die Induktion einer Allergie (Sensibilisierung) und die Auslösung einer allergischen Reaktion an den Atemwegen nicht auszuschließen – es sei denn, dass ein Grenzwert unter dem Gesichtspunkt der Symptomfreiheit aufgestellt worden ist. Hier ist dann die Kennzeichnung „(Sa)“ zu wählen.

Sah: Atemwegssensibilisierende Stoffe werden mit „Sa“, Hautsensibilisierende Stoffe mit „Sh“, an beiden Zielorganen Allergien auslösende Stoffe mit „Sah“ gekennzeichnet. Die Kennzeichnung wird vorgenommen, wenn sich ein Hinweis auf diese Eigenschaften aus der Grenzwertbegründung ergibt oder wenn der Stoff vom AGS entsprechend eingestuft ist.

Y: ein Risiko der Fruchtschädigung braucht bei Einhaltung des Arbeitsplatzgrenzwertes und des biologischen Grenzwertes (BGW) nicht befürchtet zu werden

REACH / CLP - Informationspflicht zu SVHC

Flüssige, pastöse, pulvrige Bauprodukte oder deren Ausgangsstoffe (z.B. Dichtmassen, Klebstoffe, Beschichtungen, Farben, Mörtel + Estriche, Schüttungen, Frischbeton, Betonzusatzmittel, Bindemittel, Kunststoffe usw.) werden als Gemisch eingestuft.

Die europäische Chemikalienverordnung REACH unterscheidet Produkte in Stoffe, Gemische und Erzeugnisse. Zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, dient die CLP-Verordnung (Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen), um ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu gewährleisten.
Wird ein Produkt als Stoff oder Gemisch eingestuft, ist für Informationen zu Gefahrstoffen und Einstufungen nach CLP ein Sicherheitsdatenblatt (SDB) erforderlich.
Produkt bezogene Informationen gemäß CLP-Verordnung (z.B. Nachweis gefährliche Stoffe, Nachweis besonders besorgniserregender Stoffe SVHC >=  0,1 Gew.-%) müssen hierfür in den Sicherheitsdatenblättern (SDB) der jeweiligen Produkte ausgewiesen sein.

Emissionen

Bei der Verarbeitung von Reaktionsharzen ist auf die produktspezifischen Emissionen zu achten.

Quellen

TRGS 900: Arbeitsplatzgrenzwerte, Ausgabe Januar 2006, zuletzt geändert und ergänzt: GMBl 2012

TRGS 430: Isocyanate – Gefährdungsbeurteilung und Schutzmaßnahmen, Ausgabe März 2009

Polyurethan

Nutzung

Umwelt- und Gesundheitsrisiken Neuzustand

Sie befinden sich in einer WECOBIS-Grundstoffgruppe. Hierbei handelt es sich um Ausgangsstoffe für verschiedene Bauproduktgruppen. Informationen zum Verhalten in der Nutzungs- oder Nachnutzungsphase findet man deshalb ggf. in zugeordneten Bauproduktgruppen.
→ siehe Auflistung rechter Navigationsbalken

Die Schadstoffabgabe hängt vom einzelnen Produkt ab. Die Verarbeitung von 2K-PU-Harzen ist anspruchsvoll. Bei unsachgemäßer Verarbeitung können durch ungenügende Aushärtung längerfristige, geruchsintensive Emissionen entstehen.

Umwelt- und Gesundheitsrisiken bei bestimmungsgemäßer Nutzung

Schadstoffabgabe / Emissionen in den Innenraum

Die Verarbeitung der PUR-Reaktionsharze auf der Baustelle ist anspruchsvoll. Unsachgemäß verarbeitete Produkte können noch über lange Zeit Schadstoffe abgeben. Durch Verarbeitungsfehler kann es in der Nutzungsphase auch zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei den Nutzern kommen.

Umwelt- und Gesundheitsrisiken im Schadensfall

Brandfall

Da es sich beim Polyurethan um einen duroplastischen Kunststoff handelt, schmilzt dieser nicht und tropft nicht ab, somit trägt PUR nicht zur Brandausbreitung bei. Brennendes Polyurethan entwickelt viel Qualm. Durch thermischen Abbau der Polyurethane bilden sich teilweise die Isocyanate zurück. Aufgrund des Stickstoffanteils im Polyurethan entsteht im Brandfall giftige Blausäure, im Zusammenwirken mit dem bei jedem Brand entstehenden Kohlenmonoxid können sehr gefährliche Brandgase entstehen. Zusätzlich kann es durch die im Kunststoff enthaltenen Flammschutzmittel zur Entstehung giftiger Brandgase kommen. Die Brandgase von PUR haben ein großes Geruchsgefährdungspotential.

Wassereinwirkung

PUR-Hartschäume und ausgehärtete PUR-Reaktionsharze sind wasserbeständig. Mit Schäden aufgrund von Wassereinwirkung ist nicht zu rechnen.

Beständigkeit Nutzungszustand

Eine sachgemäße Verarbeitung vorausgesetzt, gelten Produkte aus Polyurethanen (PUR) als sehr beständig. Dies setzt allerdings eine genügende Stabilisierung der Produkte durch entsprechende Additive (z.B. UV-Stabilisatoren als Schutz gegen Abbau durch UV-Licht) voraus. Da die Produkte jedoch erst seit relativ kurzer Zeit im Bausektor eingesetzt werden, können kaum Aussagen über einen längeren Zeitraum als etwa 20 - 30 Jahre getroffen werden.PUR ist unempfindlich gegen Feuchtigkeit und gegen Salzlösungen, beständig gegenüber Laugen, verdünnten Säuren und organischen Lösemittel.

Unter der Rubrik Baustoff- und Gebäudedaten / Nutzungsdauern von Bauteilen findet sich auf dem Informationsportal Nachhaltiges Bauen eine Datenbank mit Nutzungsdauerangaben von ausgewählten Bauteilen des Hochbaus für den Leitfaden „Nachhaltiges Bauen“.
Datenbank als PDF

Polyurethan

Nachnutzung

Sie befinden sich in einer WECOBIS-Grundstoffgruppe. Hierbei handelt es sich um Ausgangsstoffe für verschiedene Bauproduktgruppen. Informationen zum Verhalten in der Nutzungs- oder Nachnutzungsphase findet man deshalb ggf. in zugeordneten Bauproduktgruppen.
→ siehe Auflistung rechter Navigationsbalken

Umwelt- und Gesundheitsrisiko Rückbau

Bei einem geordneten Rückbau kommt es zu keinen besonderen Umwelt- oder Gesundheitsrisiken.

Wiederverwendung

Eine Wiederverwendung von PUR-Hartschäumen, insbesondere PUR-Dämmstoffen ist denkbar. Allerdings enthalten ältere PUR-Dämmstoffe heute verbotene FCKW als Treibgas. Einer Wiederverwendung steht auch entgegen, dass PUR-Dämmstoffe teilweise mit der Konstruktion verklebt werden, was einen Ausbau unbeschädigter Platten verhindert.

Stoffliche Verwertung

Generell ist die stoffliche Verwertung von Duroplasten schwierig, da diese Kunststoffe nicht eingeschmolzen werden können. Eine Rückführung von alten PUR-Schaumstoffen in neue Schaumstoffe wäre mit einem relativ großen Aufwand verbunden. Abgesehen davon können PUR-Produkte vom Laien auf der Baustelle kaum erkannt werden, die PUR-Chemikalien sind ohnehin nicht recyclierbar. Ein werkstoffliches Recycling von Polyurethanen (PUR) aus Bau- und Abbruchabfällen findet daher derzeit nicht statt.

Energetische Verwertung

Wegen des Stickstoffanteils ist der Heizwert von PUR tiefer als der anderer Kunststoffe. Ebenfalls aufgrund des Stickstoffgehalts von PUR entsteht ein großer Anteil von Stickoxiden, die mittels aufwendiger Entstickungsverfahren (Katalysatoren) aus den Rauchgasen entfernt werden müssen. Wegen der enthaltenen Flammschutzmittel erzeugt die Verbrennung der Polyurethan-Kunststoffe halogenhaltige Rückstände, die deponiert werden müssen.

Gemäß den Angaben im Ökoprofil von PlasticsEurope beträgt der Heizwert von PUR-Hartschaum rund 37 MJ / kg PUR-Hartschaum.

Beseitigung / Verhalten auf der Deponie

Gemäss TA-Siedlungabfall dürfen Abfälle aus Polyurethan nicht mehr abgelagert werden. Additive können vermutlich über längere Zeit aus dem Kunststoff herausgelöst werden und tragen zu einer Belastung des Bodens bzw. der Deponie-Abwässer bei. Allerdings sind keine Daten über das längerfristige Verhalten von PUR in Deponien verfügbar.

Abfälle, die Polyurethanharze z. B. als Beschichtung oder Klebstoff enthalten und nicht verwertet werden können, dürfen nur auf Deponien abgelagert werden, wenn sie Grenzwerte für den organischen Anteil einhalten. Gemäß Anhang B der TA-Siedlungsabfall sind 3 Masse-% organisches Material erlaubt für Deponien der Deponieklasse I und 5 Masse-% für Deponien der Deponieklasse II.

EAK-Abfallschlüssel

Ausgehärtete PUR-Produkte

17 02 03 Kunststoffe (Bau- und Abbruchabfälle)

Weitere mögliche EAK-Abfallschlüssel aufgrund der verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten sind ggf. in den zugeordneten Bauproduktgruppen enthalten.

Quellen

I. Bousted: Eco-profiles of the European Plastics Industry, Polyurethane rigid foam, PlasticsEurope, Brussels, 2005