Produktgruppeninformation
Begriffsdefinition
Als Gips werden umgangssprachlich sowohl das in der Natur vorkommende Gips (CaSO4 ∙ H2O)- und Anhydritgestein (CaSO4), das gleichwertige Produkt aus Rauchgas-Entschwefelungs-Anlagen (REA-Gips) oder aus industriellen Prozessen (Chemie-Gips), sowie das beim Brennen dieser Ausgangsstoffe entstehende Erzeugnis (Branntgips, Anhydritbinder, Gipsbinder) bezeichnet.
Als Ausgangsstoffe für Gipsbinder sind in Deutschland der Naturgips und der REA-Gips von Bedeutung. Gipse aus chemischen Prozessen (Phosphorsäureherstellung) fallen wegen der fehlenden Industrie nicht an, evtl. Recycling von Abbruchmaterialien ist wegen der geringen Mengen (noch) nicht von Bedeutung. Ca. 300.000 t/a Gipsabfälle stehen derzeit zur Verfügung und werden überwiegend bergbaulich verwertet (siehe Literatur).
Wesentliche Bestandteile
abhängig vom Anwendungsfall unterschiedlichen Bestandteilen aus:
- α- Halbhydrat
- β-Halbhydrat
- β-Anhydrit III
- Anhydrit II
- Anhydrit I
Charakteristik
Gips ist ein wasserlösliches, weißes Pulver.
Besonders wichtige Eigenschaft hinsichtlich Umwelt- und Gesundheitsrelevanz
Untersuchungen von Gipsprodukten zur Emission von flüchtigen organischen Verbindungen zeigten keine gesundheitlichen Gefährdungen in Wohninnenräumen, welche auf Gips zurückzuführen waren.2
Lieferzustand
- weißes Pulver
- In Säcken zur Verarbeitung auf der Baustelle
- in Form von Platten
Anwendungsbereiche (Besonderheiten)
- Gipsplatten (früher: Gipskartonplatten)
- Gipsfaserplatten
- Gips-Wandbauplatten
- Fließestriche
- Baugipse ohne werkseitig beigegebene Zusätzen (Putzgips, Stuckgips)
- Baugipse mit werkseitig beigegebene Zusätzen (Gipsmaschinenputz, Gipshandputz, Spachtelgips, Ansetzgips, Gipskleber)
- Erstarrungsregler für Zement
Quellen
1Neroth G., Vollenschaar D.; Wendehorst Baustoffkunde,;Vieweg + Teubner Verlag, 27. Auflage, 2012
2Scherer, C. R. et al, Emissionseigenschaften von Gipsprodukten des Wohninnenraums, Tagung Bauchemie 2010, Tagungsbericht GDCh-Monographie Bd. 42, S. 252-259
Technisches
Technische Daten
Nach DIN EN 13501-1 müssen Gipsprodukte mit mehr als 1 M.-% bzw. Vol.-% an organischen Stoffen hinsichtlich ihres Brandverhaltens geprüft und klassifiziert werden.1
Baustoffklasse nach DIN 4102-1
A1 (nicht brennbar)
Euroklasse nach DIN EN 13501-1
A1 (< 1% Organik)
Technische Baubestimmung
Die allgemeinen Anforderungen an bauliche Anlagen und die Verwendung von Bauprodukten werden in den Landesbauordnungen geregelt. Bei Bedarf können diese allgemeinen Vorgaben durch Technische Baubestimmungen konkretisiert werden. Das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) macht im Auftrag der Länder die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) bekannt, die als Grundlage für die Umsetzung in Landesrecht dient.
Weitere Informationen dazu bzw. produkt- und bauartspezifische Informationen siehe
→ DIBt / Informationsportal Bauprodukte und Bauarten
→ DIBt / Zulassungs- und Genehmigungsverzeichnisse
Technische Regeln (DIN, EN)
DIN EN 13279 |
|
Gipsbinder und Gips-Trockenmörtel |
-1 |
2008 |
Teil 1: Begriffe und Anforderungen |
-2 |
2004 |
Teil 2: Prüfverfahren (neuer Entwurf in Vorbereitung) |
DIN EN 13454 |
|
CalciumsulfatBinder, CalciumsulfatCompositbinder und CalciumsulfatWerkmörtel für Estriche |
-1 |
2004 |
Teil 1: Begriffe und Anforderungen |
-2 |
2003+ A1:2007 |
Teil 2: Prüfverfahren |
DIN EN 13963 |
2011 |
Materialien für das Verspachteln von Gipsplatten-Fugen - Begriffe, Anforderungen und Prüfverfahren |
DIN EN 14496 |
2005 |
Kleber auf Gipsbasis für Verbundplatten zur Wärme- und Schalldämmung und Gipsplatten - Begriffe, Anforderungen und Prüfverfahren |
VGB M 701 |
2008 |
Analyse von REA-Gips |
Quellen
1Neroth G., Vollenschaar D.; Wendehorst Baustoffkunde; Vieweg + Teubner Verlag, 27. Auflage, 2012
Literaturtipps
Auf der Website des Bundesverbandes der Gipsindustrie e.V. finden sich diverse Merkblätter und Publikationen zu Allgemeinen Themen, z.B.:
- Gips-Datenbuch; 2013; Berlin (Download)
- Merkblatt Recycling von gipshaltigen Bauabfällen; 2005; Darmstadt (Download)
aber auch zu Umwelt- und Naturschutz, z.B. :
- Bundesverband der Gipsindustrie e.V. / Forschungsvereinigung der Gipsindustrie e.V.; Gipsprodukte - Umwelt-Produktdeklaration, Juni 2009, Darmstadt (Auswahl an EPDs)
- PE International GmbH: Datenprojekt Grunddatensätze Gips und Gipsprodukte im Netzwerk Lebenszyklusdaten / Projektbericht im Rahmen des Forschungsvorhabens FKZ 01 RN 0401 im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (Download); Hrsg.: Forschungszentrum Karlsruhe - Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse - Zentralabteilung Technikbedingte Stoffströme, Leinfelden-Echterdingen Karlsruhe August 2007
- diverse Publikationen zum Gipsabbau
TA Luft / Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes–Immissionsschutzgesetz
(Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft – TA Luft) Stand: August 2008
(Download)
Bundesverband Kraftwerksnebenprodukte e.V.; Produktinformationen 3 / REA-Gips; 07/2007; Düsseldorf
ARGE Kreislaufwirtschaftsträger Bau; 5. Monitoring-Bericht Bauabfälle, Erhebung 2004 (Download)
Zwiener, G.; Mötzl, H.; Ökologisches Baustoff-Lexikon; 2006; C.F. Müller Verlag; Heidelberg
Kasser Ueli, Pöll Michael: Ökologische Bewertung mit Hilfe der Grauen Energie, Schriftenreihe Umwelt Nr. 307 Ökobilanzen, Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) (Hrsg.), 1999
Zapke W., Blomensaht F.; Grundlagenermittlung zur Erarbeitung von Informationen über Fragen des gesunden Bauens und Wohnens im Zusammenhang mit Ausbaustoffen (F 736); 1994; Institut für Bauforschung e.V.; Hannover
Bundesverband der Gipsindustrie e.V.: Konzeption zum Gipsrecycling, Online-Quelle
Rohstoffe / Ausgangsstoffe
Hauptbestandteile
Rohgipse unterscheiden sich in ihren chemischen Hauptbestandteilen wegen ihrer unterschiedlichen Herkunft, sei es aus natürlichen Lagerstätten oder uas REA-Gipsanlagen. Mittelwertefür das Calciumsulfat-Dihydrat sind nachfolgend angegeben:
CaSo4 • 2 H2O | % | 81,2 | (71,7 - 100) |
Kristallwasser | % | 17,0 | (15,0 - 20,9) |
CaO | % | 26,5 |
(23,4 - 32,5) |
SO3 | % | 37,8 | (33,3 - 46,4) |
Folgende Begleitminerale können vorhanden sein:
- Anhydrit CaSO4
- Calciumcarbonat CaCO3
- Dolomit CaCO3 • MgCO3
- Tonminerale (z. B. Muskovit)
Quelle: Gips-Datenbuch, Bundesverband der Gipsindustrie e. V. 2003
Naturgips und -anhydrit
Ausgangsstoff für die Gipsherstellung ist der Gipsstein (CaSO4 ∙ 2 H2O). Dieser gehört zu den Sedimentgesteinen und hat sich durch chemische Ausfällung aus dem Wasser in flachen Binnenmeeren gebildet. Dabei haben sich die Gipskristalle am Meeresboden abgesetzt und zu Gipsstein verfestigt.
Neben dem Gipsstein (CaSO4 ∙ 2 H2O) findet man in den Abbaustätten auch natürlichen Anhydrit (CaSO4). Er ist aus dem Gipsstein bei hoher Temperatur und unter großer Auflast durch Entwässerung entstanden. Beide Minerale (Gipsstein + Anhydrit) haben sich in Millionen Jahren im Laufe geologischer Vorgänge gebildet.
REA-Gips
Als Rohstoff ist neben Naturgips der REA-Gips (Gips aus Rauchgas-Entschwefelungs-Anlagen) von hoher Bedeutung und deckt etwas mehr als die Hälfte des Gipsbedarfes in Deutschland.
Bei der Verbrennung von Kohle in Heiz- oder Stromkraftwerken entsteht neben dem Hauptverbrennungsprodukt CO2 das umweltschädliche Gas SO2. Es reagiert mit dem in der Atmosphäre vorkommenden Wasser zu schwefeliger Säure und trägt damit wesentlich zum sauren Regen bei. Daher muss es nach den Vorgaben des Bundesimmissionsschutzgesetzes (Verordnung über Großfeuerungsanlagen, 13. BimSchV - 1983) aus den Abgasen herausgewaschen werden. Dazu wird im Kalkwaschverfahren der Abgasstrom durch eine Suspension aus Kalkstein oder Branntkalk geleitet, wodurch sich der SO2-Gehalt im Rauchgas von vorher 800 - 1.000 mg SO2/m³ auf rund 100 mg/m³ reduzieren lässt. Durch eine weitere Reaktion mit dem Luftsauerstoff wird das Produkt Gips (CaSO4 ∙ 2 H2O) gebildet. Dieser sehr feine Gips liegt als wässrige Suspension vor, die vor der weiteren Behandlung mit Reinstwasser gewaschen werden muss, um zu vermeiden, dass lösliche Salze zur Nicht-Verwendbarkeit des REA-Gipses führen.
Damit beim Transport sowie beim späteren Brennvorgang der Energiebedarf minimiert wird, entzieht man dem Gips mit Hilfe von Zentrifugen und Vakuumfiltern zum größten Teil das physikalisch gebundene Wasser (ca. 10 % Restfeuchte), das mit Braunkohleflugasche gebunden für Rekultivierungsmaßnahmen im Bergbau verwendet werden kann.
Der entstandene REA-Gips kann ohne weitere Nachbehandlung als naturgipsidentischer Rohstoff zur Herstellung aller Gipsbaustoffe eingesetzt werden (siehe z.B. Beckert-Studie). U.a. deshalb ist REA-Gips auch von der OECD-Abfallliste gestrichen und im Rahmen der von der EU-Kommission zur Novellierung der Abfallrahmen-Richtlinie untersuchten Beispiele als Produkt anerkannt worden.
Durch die Entwicklung spezieller Reinigungsverfahren wird REA-Gips inzwischen aus Braunkohle in gleicher Qualität wie aus Steinkohle hergestellt. REA-Gips aus Braunkohlekraftwerken stellt zwischenzeitlich mehr als 50% des verbrauchten REA-Gipses. Abweichungen von der REA-Gips-Qualität aufgrund Mitverbrennung von Klärschlamm konnten bis jetzt nicht nachgewiesen werden.
Eine Gewinnung aus Müllverbrennungsanlagen ist prinzipiell möglich, scheitert aber derzeit an den installierten Entschwefelungsverfahren, die für die Müllverbrennung günstiger sind (z. B. wesentlich geringerer Schwefelgehalt von Müll), deren Entschwefelungsprodukte (staubförmiges Gemisch aus Calciumsulfit, Calciumsulfat + Asche) aber nicht zu REA-Gips aufbereitet werden können.
Umwelt- und Gesundheitsrelevanz
Gewinnung der Primärrohstoffe
Naturgips
Die Naturgipsreserven sind begrenzt. Der Abbau erfolgt im Tagebau oder unter Tage. Damit verbunden sind Umweltbelastungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft.
Abbaugebiete in Deutschland sind Bayern (Franken), Baden-Württemberg, Hessen (Nordhessen), Niedersachsen (Solling + Harz), Thüringen (Südharz + Saale-Orla-Kreis). Unter Tage wird derzeit u.a. in Hüttenheim (Bayern), Stadtoldendorf (Niedersachsen), Neckarzimmern (Baden-Württemberg), Lamerden (Hessen) und Krölpa (Thüringen) abgebaut.
Naturanhydrit1
Vorkommen in Deutschland: Südharz, Iphofen (Unterfranken)
Verfügbarkeit
Gips- und Anhydrit-Lagerstätten sind weltweit verbreitet und konnten (Stand 2010) an ca. 4300 Fundorten nachgewiesen werden.2 In Deutschland befinden sich umfangreiche erkundete und genehmigungsfähige Sulfatrohstoff-Lagerstätten insbesondere in den Bundesländern Thüringen und Baden-Württemberg.3 Im Jahr 2006 wurden in Deutschland ca. 9 Millionen Tonnen Gips- und Gipserzeugnisse produziert, von denen die Menge von Naturgips und Naturanhydrit bei nur ca. 1,5 Millionen Tonnen lag. Die verbleibenden 7,5 Millionen Tonnen Gips stammen aus Rauchgasentschwefelungsanlagen (REA-Gips).4
Verwendung von Recyclingmaterialien / Produktionsabfällen
REA-Gips
Die zukünftige Versorgungsmöglichkeit durch REA-Gips als Ersatz für Naturgips lässt sich derzeit nicht prognostizieren, da unklar ist, wieweit die für die weitere Verfügbarkeit dringend notwendige Modernisierung von Kohlekraftwerken durch Neubau- oder Retrofit-Maßnahmen erfolgt und/oder statt dessen andere Energieträger zum Einsatz kommen (Gas, Kernkraft, regenerative Energien), die keinen REA-Gips liefern.
Die meisten Gipswerke befinden sich in der Nähe der Gips-Abbaustätten bzw. inzwischen auch direkt an Großkraftwerkstandorten.
Synthetischer Anhydrit1
Synthetischer Anhydrit ist ein Nebenprodukt bei der Herstellung von Flusssäure aus Flussspat (CaF2) und Schwefelsäure. Der Vorteil von synthetischem Anhydrit gegenüber dem natürlichen Vertreter ist die gleichbleibend hohe Qualität.
Radioaktivität
In jedem Baumaterial aus mineralischen Rohstoffen ist ein natürlicher Anteil an Radionukliden enthalten. Dieser Anteil ist abhängig von der geologischen Herkunft und der Beschaffenheit des Materials.
Radionukleide können zu einer Strahlenexposition durch Gamma-Strahlung oder durch Inhalation von Radon-und seinen kurzlebigen Zerfallsprodukten erfolgen. Zum Schutz der Bevölkerung vor Strahlenbelastungen werden in Deutschland daher seit mehr als 40 Jahren Untersuchungen und Bewertungen der natürlichen Radioaktivität in Baumaterialien durchgeführt. In einer Studie des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) wurden in Deutschland keine Baumaterialien festgestellt, die zu einer erhöhten Strahlenexposition durch radioaktive Strahlung oder Radon in Räumen führen könnten. Bei den derzeit handelsüblichen Bauproduktgruppen sind daher aus der Sicht des Strahlenschutzes keine Einschränkungen erforderlich, siehe ausführliche BfS-Informationen zu natürlichen Radionukleiden in Baustoffen. Allerdings ist auch weiterhin die vorgegebene Beschränkung des Anteils an Reststoffen aus industriellen Prozessen wie z. B. Schlacken, Schlämme oder Stäube zu beachten.
Von den Rohstoffen, die für Gipsherstellung verwendet werden, kann in Einzelfällen eine geringe natürliche Strahlung ausgehen. Diese liegt im Schwankungsbereich der natürlichen Strahlung.
Quellen
1Backe H., Hiese W., Möhring R.; Baustoffkunde für Ausbildung und Praxis; Werner Verlag, 12. Auflage, 2013
2Gips-Wikipedia (Online-Quelle)
3Mitteilung der Landesämter für Geologie und Umwelt der Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Thüringen und Niedersachsen an das Bundesinstitut für Bau- Stadt- und Raumforschung (BBSR) Berlin, Referat II-6, Bauen und Umwelt, 2011
4GIPS-Datenbuch, Bundesverband der Gips- und Gipsplattenindustrie e.V. Darmstadt, 2006
Zapke W., Blomensaht F.; Grundlagenermittlung zur Erarbeitung von Informationen über Fragen des gesunden Bauens und Wohnens im Zusammenhang mit Ausbaustoffen (F 736); 1994; Institut für Bauforschung e.V.; Hannover
Herstellung
Prozesskette
Herstellungsprozess
Ausgangsstoff natürlicher Anhydrit
Natürlicher Anhydrit muss zur weiteren Verarbeitung nur noch gebrochen und gemahlen werden und ist ohne Brennen verwendbar (z. B. als Calciumsulfat-Fließestrich). Um eine größere Mahlfeinheit zu erreichen, kann vor dem Mahlen die freie Feuchte vermindert werden (Trocknung von ca. 2 % auf 0,1 % freie Feuchte).
Ausgangsstoff Gipsstein und REA-Gips
Naturgips muss im Gegensatz zu REA-Gips vor dem Brennen zuerst gebrochen und gemahlen werden. Der Gips wird je nach Verwendungszweck bei verschiedenen Temperaturen zwischen 120 bis 500°C gebrannt. Als Energieträger finden heute fast ausschließlich Erdgas und Heizöl Verwendung.
Entwässert man den Gipsstein in Wasserdampf, entsteht α-Halbhydrat, bzw. α-Anhydrit III. Wird der Gipsstein trocken entwässert, entsteht β-Halbhydrat bzw. β-Anhydrit III. Die unterschiedlichen Gipsarten entstehen durch verschiedene Anteile der Brennprodukte.
Produkt: |
Bestandteile: |
Stuck- bzw. Putzgips |
β-Halbhydrat, β-Anhydrit III, Anhydrit II |
Estrichgips |
Anhydrit II, Anhydrit I, α-Halbhydrat |
Umweltindikatoren / Herstellung
Einheitliche Werte zu Umweltindikatoren (z.B. Primärenergieaufwand, Treibhauspotential) von Bauprodukten liefert die Online-Datenbank ÖKOBAUDAT des Informationsportals Nachhaltiges Bauen. Die Plattform ÖKOBAUDAT stellt Umweltprofile bereit, die als erforderliche Datengrundlage für die Ökobilanzierung (Lebenszyklusanalyse) von Gebäuden eingesetzt werden.
In der Herstellung von Bauprodukten ist ein großer Anteil der verursachten Umweltbelastungen auf den Verbrauch von nicht erneuerbaren Energieträgern zurückzuführen. Der in den Datensätzen geführte "kumulierte Primärenergieaufwand nicht erneuerbar" (Graue Energie, PENRT) ist daher ein wichtiger Umweltindikator für den Ressourcenverbrauch und i.d.R. gleichgerichtet mit dem Treibhauspotential (GWP), einem wichtigen Indikator der Umwelt(aus)wirkungen.
Für Bauprodukte gibt es Herstellungs- und End-of-Live-Datensätze in der ÖKOBAUDAT. Aus dem Bereich der Grundstoffe/Ausgangsstoffe findet man dort nur für direkt als Bauprodukte einsetzbare Materialien entsprechende Datensätze wie z.B. für Bindemittel (Gips, Zement, Kalk usw.) oder Zuschläge (Gesteinskörnungen). Datensätze zu Kunststoffen als Ausgangsstoffe findet man dort nicht.
→ Datenbank der ÖKOBAUDAT
Energieaufwand
Bei der Herstellung von Gipsbindern wird Energie zur Trocknung und Mahlung benötigt. Mehr Energie ist nötig, um den Naturgips bzw. REA-Gips zu Gipsbinder zu brennen. Im Vergleich zu anderen Bindemitteln wie Kalk und Zement wird durch den Brand bei niedrigeren Temperaturen (120°C-500°C) weniger Energie aufgewendet.
Gefahrstoffverordnung
Gips und daraus hergestellte Produkte sind nicht kennzeichnungspflichtig nach Gefahrstoffverordnung.
Charakteristische Emissionen
Bei der Herstellung von Gips / Anhydrit fallen je nach Verfahren und technischer Ausrüstung eines Werkes Emissionen von Staub, Lärm und gasförmigen Schadstoffen an.
Grenzwerte der TA-Luft |
|
staubförmige Emissionen |
bis 0,02 g/m³ |
Stickstoffoxide (angegeben als Stickstoffdioxid) |
bis 0,5 g/m³ |
Maßnahmen Gesundheitsschutz
Es sollte persönliche Schutzausrüstung (Gehör-, Atem-, Augenschutz) getragen werden.
Maßnahmen Umweltschutz
Einhausung von Anlagen und der Reinigung der Abluft- und Abgasmengen, ehe sie in die Atmosphäre gelangen, trägt zum Schutz der Umwelt bei.
Transport
Der Transport von Gips findet auf nationaler Ebene statt, da es in Deutschland sowohl Naturgips und Naturanhydrit als auch REA-Gips gibt.
Verarbeitung
Arbeitshygienische Risiken
Allgemeines
Bei der Arbeit mit Gips kann es zu einer Staubentwicklung kommen. Deshalb sollten Atemschutzmasken getragen werden.
AGW-Werte
Calciumsulfat (Gips)
A-Staub: 6 mg/m³ (Alveolengängige Fraktion, früher: Feinstaub)
REACH / CLP - Informationspflicht zu SVHC
Flüssige, pastöse, pulvrige Bauprodukte oder deren Ausgangsstoffe (z.B. Dichtmassen, Klebstoffe, Beschichtungen, Farben, Mörtel + Estriche, Schüttungen, Frischbeton, Betonzusatzmittel, Bindemittel, Kunststoffe usw.) werden als Gemisch eingestuft.
Die europäische Chemikalienverordnung REACH unterscheidet Produkte in Stoffe, Gemische und Erzeugnisse. Zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, dient die CLP-Verordnung (Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen), um ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu gewährleisten.
Wird ein Produkt als Stoff oder Gemisch eingestuft, ist für Informationen zu Gefahrstoffen und Einstufungen nach CLP ein Sicherheitsdatenblatt (SDB) erforderlich.
Produkt bezogene Informationen gemäß CLP-Verordnung (z.B. Nachweis gefährliche Stoffe, Nachweis besonders besorgniserregender Stoffe SVHC >= 0,1 Gew.-%) müssen hierfür in den Sicherheitsdatenblättern (SDB) der jeweiligen Produkte ausgewiesen sein.
Einstufungen und Gesundheitsgefahren nach GISBAU
Für Calciumsulfat werden folgende Angaben in WINGIS-online gemacht:
„Einatmen oder Verschlucken kann zu Gesundheitsschäden führen. Kann die Atemwege und Augen reizen: z. B. Brennen, Augentränen.“
Emissionen
Bei der Verarbeitung von Gips sind außer einer möglichen Staubentwicklung keine schädlichen Emissionen zu erwarten.
Umweltrelevante Informationen
Energiebedarf
Bei der Verarbeitung von Gipsbindern wird Energie beim Anmischen mit Wasser verbraucht. Die Energiemenge ist abhängig von den verwendeten Mischaggregaten, ist aber im Vergleich zur Energie die bei der Herstellung aufgewendet werden muss gering.
Wassergefährdung
Von Gipsen geht keine Wassergefährdung aus.
Nutzung
Umwelt- und Gesundheitsrisiken Neuzustand
Sie befinden sich in einer WECOBIS-Grundstoffgruppe. Hierbei handelt es sich um Ausgangsstoffe für verschiedene Bauproduktgruppen. Informationen zum Verhalten in der Nutzungs- oder Nachnutzungsphase findet man deshalb ggf. in zugeordneten Bauproduktgruppen.
→ siehe Auflistung rechter Navigationsbalken
Untersuchungen von Gipsprodukten zur Emission von flüchtigen organischen Verbindungen zeigten keine gesundheitlichen Gefährdungen in Wohninnenräumen, welche auf Gips zurückzuführen waren.1
Umwelt- und Gesundheitsrisiken im Schadensfall
Brandfall
Gips selbst ist nicht brennbar. Im Brandfall kann es aber zur Entwässerung des Gipses führen, ähnlich des Brennens bei der Herstellung. Ein Mörtel oder Putz auf Gipsbasis wird dadurch zerstört. Ein Umwelt- oder Gesundheitsrisiko besteht aber nicht.
Wassereinwirkung
Da Gips wasserlöslich ist, kann eine Exposition von Wasser auf einen Gipsmörtel oder –putz diesen zerstören. Ein Umwelt- oder Gesundheitsrisiko besteht aber nicht.
Quellen
1Scherer, C. R. et al, Emissionseigenschaften von Gipsprodukten des Wohninnenraums, Tagung Bauchemie 2010, Tagungsbericht GDCh-Monographie Bd. 42, S. 252-259
Nachnutzung
Sie befinden sich in einer WECOBIS-Grundstoffgruppe. Hierbei handelt es sich um Ausgangsstoffe für verschiedene Bauproduktgruppen. Informationen zum Verhalten in der Nutzungs- oder Nachnutzungsphase findet man deshalb ggf. in zugeordneten Bauproduktgruppen.
→ siehe Auflistung rechter Navigationsbalken
Umwelt- und Gesundheitsrisiko Rückbau
Beim Rückbau von Gipsprodukten kann es zu Staubentwicklung kommen.
Wiederverwendung
Da verwendeter Gips bereits abgebunden ist, kann er nicht einfach wiederverwendet werden. Es ist aber möglich ihn einer stofflichen Verwertung zuzuführen.
Stoffliche Verwertung
Da Deponiekosten für Gips immer mehr steigen, bekommt das Recycling von Gipsplatten eine immer größere Bedeutung. Der zurückgewonnene Recyclinggips hat einen sehr hohen Reinheitsgrad von über 95%. Der Recyclinggips kann ohne weitere Behandlung wieder in die Produktion einfließen.1
Energetische Verwertung
Eine energetische Verwertung von Gips ist aufgrund der mineralischen Natur nicht möglich.
Beseitigung / Verhalten auf der Deponie
Gegenwärtig sind ca. 75 % der Gipsabfälle Bestandteil des Bauschutts und werden deshalb überwiegend durch Deponierung beseitigt.
EAK-Abfallschlüssel
10 01 05 | Reaktionsabfälle auf Calciumbasis aus der Rauchgasentschwefelung in fester Form |
17 08 01 | Baustoffe auf Gipsbasis, die durch gefährliche Stoffe verunreinigt werden |
17 08 02 | Baustoffe auf Gipsbasis mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 08 01 fallen |
Quellen
1Meier, R. H. :Gips-Recycling senkt Abfallkosten; Applica 13-14, S. 14-16; 2007
Bundesverband der Gipsindustrie e.V.: Konzeption zum Gipsrecycling (Online-Quelle)