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Neu - Infoblatt Biokunststoffe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Übersicht und Definition Biokunststoffe

3. Rohstoffe und Biokunststofftypen

4. Markt

5. Anwendungen im Baubereich

6. Diskussion

7. Quellen

1. Einleitung

Die Herstellung von Bauprodukten aus Kunststoff erfolgt in der Regel auf der Basis von fossilen Rohstoffen. Um die ökologischen Merkmale solcher Produkte zu verbessern, haben Hersteller begonnen, Kunststoffe zu vermarkten, deren Rohstoffe biobasiert oder biologisch abbaubar sind. Biokunststoff wird als Überbegriff für solche Produkte verwendet. Das folgende Infoblatt gibt eine Übersicht über den Begriff Biokunststoff und mögliche Anwendungen im Baubereich.

2. Übersicht und Definition Biokunststoffe

Es gibt keine einheitliche Definition für Biokunststoffe. Zu den Biokunststoffen werden in der Fachliteratur Kunststoffe gezählt, welche aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt werden und/oder Kunststoffe, welche biologisch abbaubar sind. Daraus ergeben sich folgende unterschiedliche Arten von Biokunststoffen:

  • erdölbasiert und biologisch abbaubar
  • biomassebasiert und biologisch abbaubar
  • biomassebasiert und nicht abbaubar

 

Abb. 2.1: Biokunststoffe Übersicht / eigene Grafik (BfU)

Was bedeutet bio(masse)basiert?

Biobasiert bedeutet, dass die Kunststoffe ganz oder teilweise aus nachwachsenden Rohstoffen, also aus Biomasse, gefertigt werden. Dies kann zum Beispiel Mais, Zuckerrohr oder Zellulose sein.

Was bedeutet biologisch abbaubar?

„Die biologische Abbaubarkeit umfasst die Eigenschaft eines Stoffes, durch Mikroorganismen in Anwesenheit von Luftsauerstoff zu Kohlendioxid, Wasser, Biomasse und Mineralien sowie unter Luftabschluss zu Kohlendioxid, Methan, Biomasse und Mineralien zersetzt zu werden, wobei kein Zeitraum definiert ist.“ So die Definition des Deutschen Institut für Normung (DIN) in 16208. Biologisch abbaubar ist allerdings nicht gleichzusetzen mit „kompostierbar“. Denn im Vergleich dazu wird „kompostierbar“ wie folgt definiert: „…mindestens 90% des organischen Materials innerhalb von 6 Monaten zu Kohlendioxid abgebaut.“ (europäische Richtlinie DIN EN 13432).

3. Rohstoffe und Biokunststofftypen

Als Grundstoff für biobasierte Kunststoffe werden heute vor allem Stärke und Cellulose verwendet. Ausgangspflanzen sind stärkehaltige Pflanzen, wie Mais oder Zuckerrohr, sowie Holz, aus welchen Cellulose gewonnen werden kann. Für die Herstellung von Biokunststoffen kommen zudem folgende Rohstoffe in Frage: Chitin, Chitosan, Lignin, Casein, Gelatine, Getreideproteine und Pflanzenöl. Abhängig von ihrer Zusammensetzung, dem Herstellungsverfahren und der Beimischung von Additiven ändern sich Formbarkeit, Härte, Elastizität, Bruchfestigkeit, Temperatur-, Wärmeformbeständigkeit und chemische Beständigkeit. Die verschiedenen Ausgangsstoffe von Biokunststoffen können in drei Gruppen eingeteilt werden:

  • Biomasse aus Lebensmittel (Pflanzenöle, Stärke, Glukose)
  • nicht lebensmittelbasiert (Siedlungsabfälle, Holz oder Nebenprodukte aus Holzindustrie, Abfälle aus der Landwirtschaft)
  • nicht lebensmittelbasiert, bodenunabhängig (Mikroorganismen wie Pilze, Algen, Bakterien) 


Folgende Grafik gibt eine Übersicht über verschiedene Arten von Biokunststoffen und ihre Produktionskapazitäten. Der Anteil an biobasierten, nicht abbaubaren Kunststoffen liegt bei 48.5%.

Abb. 3.1: Globale Produktionskapazität von Biokunststoff 2022 (nach Material) / eigene Grafik (BfU)

Erdölbasiert und biologisch abbaubar:

  • Polycaprolactona (PCL),
  • Polybutylenadipat-Terephthalat (PBAT)
  • fossilbasiertes Polybutylensuccinat (PBS)


Biobasiert und biologisch abbaubar oder kompostierbar:

  • Polylactid Acid (PLA)
  • Polyhydroxyalkanoat (PHA)
  • thermoplastische Stärke (TPS)


Biobasiert und nicht biologisch abbaubar:

  • hochsubstituierte Zelluloseacetat (CA),
  • Biomassebasiertes Polyethylen (Bio-PE)
  • Polyethylenfuranoat (PEF)

4. Markt

Weniger als ein Prozent aller (im Jahr 2022 hergestellten) 390 Millionen Tonnen Kunststoffe sind heute Biokunststoffe. Der größte Anteil an Biokunststoffen wird für Verpackungen produziert. Für den Baubereich werden nur ca.1% der Biokunststoffe eingesetzt.


Abb. 4.1: Globale Produktionskapazität von Biokunststoff 2022 (nach Marktsegment) / eigene Grafik (bfu)

5. Anwendungen im Baubereich

Die bekanntesten Anwendungen von Biokunststoffen im Baubereich sind biobasierte Polyvinylchlorid (PVC), Polyethylen (HDPE), Polyurethan (PUR) und expandiertes Polystyrol (EPS). Diese Kunststoffe werden vor allem in den Bereichen Fenster, Türen, Rohre, Kabel, Bodenbeläge und Wärmedämmungen eingesetzt. Stoffspezifische Anwendungen sind:

  • Biobasiertes PVC: in Bodenbelägen, Rohrleitungen, Fensterprofilen
  • Rohrleitungen aus Bio-Polyethylen (PE)
  • Biobasiertes PUR (nicht biologisch abbaubar): Biobasierte Polyole sind in Polyurethan-Formulierungen zu finden, oft in Bauschäumen und Klebern, aber auch in Wärmedämmstoffen
  • Biomass Balance Styropor, expandierbares Polystyrol (EPS), auch als Wärmedämmstoffe
  • Biobasiertes Monomer Epichlorohydrin (ECH) häufig in Epoxidharzen. Es wird aus dem Nebenprodukt Glycerin aus der Biokraftstoffherstellung hergestellt.
  • Biopolymere als Ersatz für Kunststoffe im Bereich Rohbau: Beimischung Beton (z.B Ligninsulfonat als Betonverflüssiger), als Bindemittel (Zementersatz), als Betonbeimischung für Leichtbeton (EPS Ersatz), als Verstärkung in Lehmbauten
  • Biopolymere als Material für 3D Druck 

Das Biogas ersetzt das Naphtalin oder Erdöl aus fossilen Rohstoffen und wurde aus Biomasse hergestellt (Vergasung von landwirtschaftlichen Abfällen zum Beispiel).

6. Diskussion

Greenwashing: Die Werbung suggeriert teilweise Eigenschaften von sogenannten Biokunststoffen, welche auf die Produkte gar nicht zutreffen. So gibt es z.B. Kunstschaumdämmstoffe aus PUR oder EPS, die als zu 60% - 100% biobasiert vermarktet werden, obwohl im Produkt nicht effektiv dieser Anteil an erneuerbaren Rohstoffen vorhanden ist. Die Zuweisung erfolgt rein rechnerisch über das Massebilanzverfahren in der Ökobilanz (siehe Infoblatt Massenbilanzverfahren). Ebenso werden rein erdölbasierte Produkte als Biokunststoffe angepriesen, da diese biologisch abbaubar sind. Unterm Strich resultiert in der Vermarktung von Biokunststoffen teilweise eine Irreführung der Konsumenten.

Konkurrenz zur Nahrungsmittelindustrie: Oft werden die Rohstoffe für Biokunststoffe aus Nebenprodukten, beispielsweise aus der Biokraftstoffproduktion, gewonnen. Es ist aber nicht auszuschließen, dass die nachwachsenden Rohstoffe, welche auf landwirtschaftlichen Flächen angebaut werden, in Konkurrenz zur Nahrungsmittelindustrie stehen oder zur Abholzung von Waldflächen beitragen. Vielversprechende Biokunststoffe sind solche, die aus Rohstoffen der 2. oder 3. Generation produziert werden, also Biomasse aus der Holzindustrie, Abfallprodukte oder beispielsweise aus Algen.

Der Begriff «biologisch abbaubar» ist nicht zeitlimitiert: Die biologische Abbaubarkeit ist nur eindeutig, wenn die Zeit limitiert ist. Eine Definition in Richtung Kompostierbarkeit wäre hier sinnvoller.

Entsorgung: Die in der Baubranche eingesetzten Biokunststoffe sind meist nicht biologisch abbaubar. Sie besitzen die gleichen Eigenschaften wie die entsprechenden erdölbasierten Kunststoffen und werden am Ende ihrer Lebensdauer im besten Fall recycelt oder verbrannt. Das Ziel wäre, die Kunststoffe möglichst oft werkstofflich wiederzuverwerten und am Ende der Verbrennung zuzuführen. So werden die Rohstoffe so lange wie möglich stofflich und erst ganz am Ende noch energetisch genutzt.

7. Quellen

Kunststoffe, Grundlagenartikel: Was sind Biokunststoffe (Online-Quelle)

Kunststoffe, Fachartikel: Mit Biokunststoffen zur Zukunftsbranche (Online-Quelle)

European Bioplastics e.V. (Online-Quelle)

NaturePlast (Online-Quelle)

Chemie-Schule: KnowHow, Biokunststoff (Online-Quelle)

IfBB-Hannover: Kann man Biokunststoffe kompostieren (Online-Quelle)

Oberti, I.; Paciello, A. Bioplastic as a Substitute for Plastic in Construction Industry. Encyclopedia 2022, 2, 1408–1420.

World Wide Fund For Nature (WWF): bioplastik (Online-Quelle)

Plastics Europe (Online-Quelle)

RSB-Certificates (Online-Quelle)

Umweltbundesamt: biobasierte-biologisch-abbaubare Kunststoffe (Online-Quelle)


Massenbilanzverfahren; Matthias Klingler, dipl. Umweltingenieur EPF + Julie Kaschub, dipl. Umweltnaturwissenschafterin ETH; Büro für Umweltchemie GmbH; Zürich, 2024