6. Planung, Vorsorge, Best-Practice-Lösungen

6.1 Terpenarme Hölzer verwenden

6.2 Formaldehydarm und formaldehydfrei verleimte Holzprodukte 

6.3 Für ausreichend Lüftung sorgen

6.4 Verarbeitung von plattenförmigen Holzwerkstoffen optimieren

 

Bei Berücksichtigung einfacher Maßnahmen im Neubau und bei der Sanierung (bei älteren Holzprodukten gibt es mit Ausnahme von Spanplatten und biozidbehandeltem Holz in der Regel keine Hinweise auf persistierende Emissionen) sind auch kurz nach Fertigstellung durchaus unbedenkliche Raumluftkonzentrationen für Terpene, Formaldehyd und – wo dies gewünscht wird – für holztypische Geruchsstoffe erreichbar.

6.1 Terpenarme Hölzer verwenden

Die gebäudediagnostische Praxis zeigt, dass in den meisten mit Holz errichteten Gebäuden, vorausgesetzt sie sind gut belüftet, längerfristig keine problematischen Konzentrationen an Terpenen und Aldehyden auftreten (Tappler et al. 2014). Messungen der Innenraumluftqualität in neu errichteten Holzgebäuden zeigten außerdem einen steilen Abfall der VOC-Konzentrationen in den ersten Monaten nach Bezug (Fürhapper et al. 2017). Versuche in einem realen Innenraum im WoodKplus-Projekt haben gezeigt, dass die sich in der Praxis einstellenden VOC-Konzentrationen auch sehr niedrig sein können (Höllbacher et al. 2014).

Bei Verwendung wenig emittierender Nadelholzarten wie Fichte treten erhöhte Terpen-Konzentrationen nur über einen kurzen Zeitraum auf und erreichen bei guter Lüftungssituation meist nach einigen Monaten unauffällige Werte. Dies ist jedoch nicht in allen Fällen zu erwarten, da sich das Emissionspotenzial von Holzbauteilen der gleichen Holzart um Größenordnungen unterscheiden kann.

Im Einzelfall zeigt sich, dass vor allem mit Kiefernholz gefertigte Brettsperrholzplatten mit höherer Schichtdicke, wie sie für konstruktive Anwendungen (bspw. Wände, Decken) eingesetzt werden, in bestimmten höherwertigen Anwendungsbereichen kritisch zu betrachten sind, da sie über mehrere Monate bis Jahre erhöhte Terpenemissionen erzeugen können. Eine unzureichende Lüftungssituation trägt dabei signifikant zu dauerhaft erhöhten Raumluftkonzentrationen bei.

In speziellen Situationen mit harzreichen Holzarten in geschlossenen Kompartimenten in Innenräumen wie Büros, Schulen oder Wohnräumen muss wie bei allen anderen Baustoffen auch bei Holz und Holzwerkstoffen in bestimmten Fällen über sinnvolle emissionsmindernde Maßnahmen nachgedacht werden. Bei dünnlagigen Anwendungen wie Möbeln, Holzverkleidungen oder ähnlichem stellen sich hingegen auch bei stärker emittierendem Holz in absehbarer Zeit unauffällige Emissionsraten an VOC ein.

Für den Bauherrn bzw. den Konsumenten gibt es kaum Möglichkeiten, das Emissionspotenzial an VOC von Holzwerkstoffen wie OSB-Platten einzuschätzen, da sich optisch völlig gleiche Platten des gleichen Herstellers hinsichtlich ihrer Emission an Terpenen und Aldehyden stark unterscheiden können (Wilke et al. 2001). Prüfkammeruntersuchungen sind aus prinzipiellen Gründen wenig geeignet, im Einzelfall zu aussagekräftigen Ergebnissen über Emissionen an VOC von Rohholz zu gelangen, da sich die Emissionen von Baum zu Baum, der Lage im Stamm und damit von Charge zu Charge stark unterscheiden können. Es ist auf Grund der Inhomogenität des Naturstoffes Holz daher nicht möglich, bei einem bestimmten Bauprojekt immer auf geprüfte Produkte mit niedrigen Emissionen zurückzugreifen, es bleiben gewisse Unsicherheitsfaktoren. Für den Planer wesentlich aussagekräftiger ist das Wissen um die Emissionscharakteristik unterschiedlicher Holzarten und deren richtige Anwendung.

Bei Holz ist daher eine differenzierte Betrachtung erforderlich, die genau die Situationen berücksichtigt, in denen es zu erhöhten Emissionen kommen kann. Dies betraf in der Vergangenheit im wesentlichen nur den teils verdeckten Einsatz großer Mengen von Kieferholz enthaltendem Brettsperrholz, meist (aber nicht immer!) in Verbindung mit unzureichend belüfteten Räumen. Beide Situationen sind durchaus vermeidbar. Eine gangbare Möglichkeit ist daher, Kiefernholz als Mittellage von konstruktiv eingesetzten Brettsperrholzelementen in sensiblen Bereichen wie Schulen, Wohn- oder Büroräumen grundsätzlich zu vermeiden und durch andere Holzarten wie bspw. Fichtenholz zu ersetzen.

6.2 Formaldehydarm und formaldehydfrei verleimte Holzprodukte

Auf Grund der verschwindend geringen Formaldehydemission von Massivholz liegt dessen Beitrag zur Formaldehydbelastung in Innenräumen bei praktisch Null. Auch Holzprodukte, die mit PU-Leim gebunden sind sowie Vollholzmöbel, bei deren Herstellung ausschließlich PVAc-Leim (Weißleim) verwendet wurde, geben nahezu keinen Formaldehyd an die Raumluft ab. Weiters emittieren auch mit Polyurethan(PU)-Leimen verklebte Brettsperrholzprodukte, die für den Saunabau mittlerweile unerlässlich sind, sowie sogenannte „formaldehydfreie“, mit PU-Leimen verleimte Spanplatten bei Raumtemperatur nahezu keinen Formaldehyd.

Eine kostengünstige Alternative zu „formaldehydfrei“ verleimten Produkten bieten Massivholzprodukte mit vernachlässigbar gering emittierenden Leimen. Völlig auszuschließen ist aber auch hier nicht, dass bei sehr schlechter Lüftungssituation und hohem Fläche/Raumvolumen-Verhältnis erhöhte Formaldehydkonzentrationen in der Raumluft entstehen. Bei Einhaltung bestimmter Mindestzuluftvolumina für den Grundluftwechsel, wie sie bspw. in der EN 15251 festgelegt werden, sind erhöhte Formaldehyd-Konzentrationen der Innenraumluft bei Einsatz solcher Produkte vermeidbar.

Aufgrund der Erfahrungen und Probleme die formaldehydbasierte Leime in den vergangenen Jahrzehnten verursacht haben, wurden Vorschriften eingeführt, die Emissionen aus formaldehydbasierten Leimen begrenzen. Dazu zählen die E ½ (0,05 ppm) Kriterien, die CARB II Kriterien, die seit 2017 in ganz USA gültig sind und auch die japanische F**** (F-Four Star Norm) mit 0,3 mg/l im Desiccatortest. Daneben arbeitet die Industrie weiter an der Entwicklung von ULEF-Leimen (Ultra-Low Emitting Formaldehyde), im Bedarfsfall auch an formaldehydbasierten Leimen mit Emissionen auf dem Niveau von Rohholz.

6.3 Für ausreichend Lüftung sorgen

Meistens wird der Lüftung von Innenräumen viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Kurzfristiges Öffnen der Fenster (Stoßlüftung, etwa 3 bis 5 Minuten, dies mehrmals am Tag) stellt im Winter die einfachste und effektivste Maßnahme dar, um einen raschen Austausch der verbrauchten Innenluft gegen frische Außenluft zu bewirken. Allerdigs wird aufgrund der heute üblichen dichten Fenster der Grundluftwechsel, die „natürliche“ Lüftung durch Fenster- und Türfugen, weitgehend unterbunden. Der gesamte Luftaustausch ist dadurch trotz Fensterlüften oftmals zu gering, was erhöhte Schadstoffkonzentrationen und Geruchsbelästigungen hervorrufen kann.

Um den hygienischen Anforderungen an die Raumluft gerecht zu werden, ist ausreichender und regelmäßiger Luftaustausch unbedingt erforderlich. Dieser kann vor allem in dichter belegten Gebäuden mit niedrigem Grundluftwechsel oft nur durch raumlufttechnische Anlagen gewährleistet werden. Ein Mindestluftwechsel von etwa 25 m³ Außenluft pro Person und Stunde ist in Innenräumen notwendig, um vom Menschen erzeugte (anthropogene) Luftverunreinigungen abzuführen – damit werden meist auch Emissionen von Holz und Holzprodukten in ausreichendem Maße abgeführt. Bei wenig genutzten Räumen sollte auch ein gewisser flächenbezogener Luftwechsel gegeben sein, um die Konzentration an emittierten Stoffen aus der Konstruktion, den Materialien des Innenausbaus und der Möblierung zu reduzieren.

Ein ausreichender, nicht zu hoher und nicht zu niedriger Luftwechsel verringert maßgeblich die Konzentration aller Luftinhaltsstoffe. Ein idealer Luftwechsel führt auf Grund von verstärkter Abfuhr der Emissionen an der Oberfläche der Holzwerkstoffe zu einem stärkeren Konzentrationsgefälle und damit mittel- bis langfristig zu einer rascheren Senkung der Konzentrationen in der Raumluft über die Zeit. Ein zu hoher Luftwechsel ist hingegen vor allem in der kälteren Jahreszeit zu vermeiden – er kann Zugerscheinungen bewirken, führt zu erhöhtem Energieverbrauch und bewirkt im Winter eine zu niedrige Luftfeuchte.

Bei nicht zu hoher Beladung von mit Holzwerkstoffen errichteten oder ausgestatteten Räumen (< 0,5 m²/m³) und entsprechender Lüftung (> 0,5 h-1 raumbezogener Luftwechsel als Faustformel) treten Formaldehyd-Probleme auch bei Verwendung konventioneller Produkte erfahrungsgemäß nicht auf. Diese Relation ergibt sich aus den maximalen Emissionswerten zugelassener Holzwerkstoffe.

6.4 Verarbeitung von plattenförmigen Holzwerkstoffen optimieren

Da die Detailverarbeitung plattenförmiger Holzwerkstoffe einen gewissen Einfluss auf die sich einstellende Formaldehydemission des Endproduktes ausübt, ist auch dieser Punkt zu beachten. So können offene (meist nicht sichtbare) Schnittkanten mit einem dampfundurchlässigen „Umleimer“ versehen und ungenutzte Löcher, bspw. für Fachbrettverankerungen, mit Stopfen versiegelt werden.

Problematischer kann mitunter der Umgang mit verstärkt gelochten Produkten (z.B.: Schallschutzelementen) sein. Hier kann bei geplanter großflächiger Anwendung erwogen werden, die offenen Kanten, aus denen eine deutlich stärkere flächenbezogene Emission zu erwarten ist, mittels geeigneter Beschichtungsmaterialien abzudichten.

 

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VOC und Formaldehyd aus Holz und Holzwerkstoffen; Dipl.-Ing. Peter Tappler, allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, Arbeitskreis Innenraumluft am Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT), Mitglied der Kommission Innenraumlufthygiene des Umweltbundesamtes (D), IBO-Innenraumanalytik OG; Wien, 2018