Borate

Überblick

Als Borate bezeichnet man die Salze aber auch die Ester der Borsäure. Bor bildet in den verschiedensten Oxidationsstufen die unterschiedlichsten Minerale, von denen fast alle auch flammhemmende Eigenschaften haben. Ein unter den Flammschutzmitteln besonders in Diskussion geratenes Borat ist Borax (Natriumtetraborat). Stellvertretend für alle Borate wird hier näher auf Borsäure und auf Borax eingegangen.

Borsäure und Borax binden in ihren Kristallen Wasser in Form von Kristallwasser. Beim Verbrennen wird zunächst dieses Wasser freigesetzt. Dieses wirkt einerseits kühlend, andererseits wirkt es beim Verdunsten gasverdünnend, wodurch die Flamme vom umgebenden Sauerstoff abgetrennt wird. So kann ein Brand bereits im Keim erstickt werden.

Borsäure und Borax kommen natürlich vor. So kristallisiert Borsäure etwa an den Felsen der toskanischen Fumarolen. Borax fällt aus bei der Austrocknung von Salzseen und an vulkanischen Schloten. Heute findet man es unter anderem bei Kirka in der Türkei, in Laderello, der italienischen Provinz Pisa, bei Pachuca de Soto in Mexiko oder bei Boron, am Borax Lake, am Searles Lake und im Death Valley in Kalifornien. Weltweit werden pro Jahr ca. 200.000 Tonnen produziert.

2010 wurden Borsäure und Borax von der europäischen Kommission als reproduktions-toxisch und als SVHC eingestuft. Gemische, die mehr als einen bestimmten Prozentsatz an diesen Boraten (z.B. mehr als 5,5% Borsäure) enthalten, müssen ebenfalls als reproduktionstoxisch (Repr. 1b, H360FD) gekennzeichnet werden. Die Einstufung von Borsäure und ihren Boraten wird in der Fachwelt immer wieder kritisiert.

Vorteilhaft im Vergleich zu den oben besprochenen halogenierten Flammschutzmitteln ist jedenfalls, dass sich beim Verbrennen von Borsäure und Borax außer Wasser keine ätzenden und giftigen Säuren sowie keine Furane oder Dioxine bilden können.

Chemische, toxikologische und umweltgefährliche Eigenschaften

   
 

Charakterisierung und chemische Eigenschaften. Inhalt aufklappen

 

Borsäure und Borax bilden Kristalle, sind in Wasser sehr gut löslich und können unterschiedliche Mengen an Kristallwasser gebunden haben. Borsäure wird durch die CAS-Nr. 10043-35-3, Borax durch die CAS-Nr. 1303-43-4 identifiziert.

Abb.5: Strukturformel Borsäure

Abbildung 5: Strukturformel Borsäure
Abb.6: Strukturformel Borax2Na+
Abbildung 6: Strukturformel Borax
Borax kann in sein Kristallgitter unterschiedlich viel Wasser einbinden. Das so eingebundene Wasser ist für den wesentlichen Anteil an der flammhemmenden Wirkung des Borates verantwortlich. Die unterschiedlichen Hydratationsstufen des Borax werden mit Decahydrat, Anhydrid oder Pentahydrat bezeichnet.
 

Toxikologische und umweltgefährliche Eigenschaften. Inhalt aufklappen

 

Borsäure und ihre Borate wurden bis 1984 für therapeutische Zwecke eingesetzt, etwa als Borwasser in Heilsalben und zur Desinfektion von Wunden. Als Konservierungsmittel E 284 wird Borsäure heute noch in der Lebensmittelchemie eingesetzt.

Bor ist ein essentielles Spurenelement, also für den Menschen in sehr geringen Mengen sogar lebensnotwendig. Die Einstufung als SVHC (reproduktionstoxisch) erscheint vielen Fachleuten als zu scharf. 

Vorteilhaft im Vergleich zu den oben besprochenen halogenierten Flammschutzmitteln ist, dass sich beim Verbrennen von Borsäure und Borax außer Wasser keine ätzenden und giftigen Säuren sowie keine Furane oder Dioxine bilden können.

Rechtliche Einstufung von Boraten

   
 

CLP-Verordnung - Einstufung und Kennzeichnung von Boraten. Inhalt aufklappen

 

2010 wurde Borsäure von der europäischen Kommission als Repr. 1b, H360FD eingestuft. Auch Gemische, die mehr als 5,5% Borsäure enthalten müssen mit Repr 1b, H360FD gekennzeichnet werden.

 

Gefahrenklasse Gefahren Code  Wortlaut Gefahrenhinweis - Borsäure
Repr. 1B H360FD Kann das Kind im Mutterleib schädigen. Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.
Tabelle 6: Harmonisierte Mindesteinstufung von Borsäure nach der CLP Verordnung

Für Borax (CAS 1330-43-4) liegt ebenfalls eine harmonisierte Einstufung nach der CLP vor wie in Tabelle 7 angegeben. Borax und alle Gemische, die mehr als 4,5% Borax-Anhydrid, mehr als 8,5% Borax-Decahydrat oder mehr als 6,5% Borax-Pentahydrat enthalten, müssen mit Repr 1b, H360FD gekennzeichnet werden.

 
Gefahrenklasse Gefahren Code  Wortlaut Gefahrenhinweis - Borax
Repr. 1B H360FD Kann das Kind im Mutterleib schädigen. Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.
 Tabelle 7: Harmonisierte Mindesteinstufung von Borax nach der CLP Verordnung
 

REACH - Die europäische Chemikalienverordnung - zu Boraten. Inhalt aufklappen

 

Ebenfalls 2010 wurde Borsäure als SVHC auf Grund seiner CMR-Eigenschaften eingestuft. Noch wurde kein Verfahren für eine Zulassungspflicht eingereicht, weshalb Borsäure weiterhin uneingeschränkt verwendet werden darf.

Alle Borax-Hydrate sowie das Anhydrid sind auf der Kandidatenliste für eine Zulassungspflicht und daher als SVHC zu behandeln. Da noch keine Zulassungspflicht erlassen wurde, gilt für sie wie bei der Borsäure noch, dass sie uneingeschränkt verwendet werden können.

 

POP - Stockholmkonvention - zu Boraten. Inhalt aufklappen

 

Borate sind nicht als persistente organische Schadstoffe (POP, persistent organic pollutants) gemäß Stockholmkonvention eingestuft.

 

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Auszug aus:
SVHC am Beispiel von Flammschutzmitteln in Bauprodukten (in WECOBIS: "Flammschutzmittel in Bauprodukten"), IBO Österreichisches Institut für Bauen und Ökologie GmbH,
Dr. Caroline Thurner, Mag. Hildegund Mötzl, erstellt im Auftrag der Bayerischen Architektenkammer, 2015

Inhaltsverzeichnis

Flammschutzmittel in Bauprodukten

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Rechtliche Grundlagen der Europäischen Chemikalienpolitik

Erläuterung der wichtigsten Begriffe der europäischen Chemikalienpolitik

  • REACH - Die europäische Chemikalienverordnung
  • ECHA - Die Europäische Chemikalien Agentur
  • GHS - Das global harmonisierte System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien der Vereinten Nationen
  • CLP - Die Verordnung, die die Umsetzung des GHS in Europa regelt
  • POP - Stockholmkonvention - Ein internationales Übereinkommen, das zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt die Produktion, Verwendung und Freisetzung von persistenten (hartnäckigen) organischen Schadstoffen (POP, persistent organic pollutants) weltweit einschränken oder, wenn nötig, sogar beenden soll.

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Besonders besorgniserregende Stoffe - substances of very high concern (SVHC)

Was sind besonders besorgniserregende Stoffe (SVHC) und welche Folgen hat die Einstufung eines Stoffes als SVHC?

SVHCs sind besonders besorgniserregende Stoffe (substances of very high concern), die am europäischen Markt nach und nach durch andere, weniger gefährliche Stoffe ersetzt werden sollen.
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Flammschutzmittel mit besonders besorgniserregenden Eigenschaften in Bauprodukten

Ausführliche Erläuterungen zu Einsatzbereich, Charakterisierung, chemischen Eigenschaften und rechtlicher Einstufung

  • Hexabromcyclodekan (HBCDD oder meistens verkürzt HBCD)

HBCD fand über Jahrzehnte hinweg breite Anwendung als Brandschutzmittel in Kunststoffen aus Styrol und in expandierten und extrudierten Polystyrol-Hartschäumen (EPS und XPS), HIPS-Gehäusen, Textilien und Polstermöbeln. ... Obwohl HBCD bereits 2013 von der Stockholmkonvention in die Liste der POPs aufgenommen wurde, war in Europa bis zum 21.8.2015 die Herstellung und Verwendung uneingeschränkt erlaubt. Seither darf HBCD nur noch in expandierten Polystyrol-Hartschäumen (EPS) zur Wärmedämmung von Gebäuden verwendet werden und nur dann, wenn der Hersteller eine vorläufige Zulassung der Europäischen Kommission bis 21.8.2019 erwirkt hat.
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  • Tris(2-chlorehyl)phosphat (TCEP)

TCEP wird sowohl als Weichmacher und Viskositätsregulator als auch als Flammschutzmittel in Schäumen, Polyestern und anderen Polymeren, wie Polyurethanen, PVC und Poliisocyanuraten eingesetzt. Diese Polymere werden in so unterschiedlichen und alle Lebensbereiche umfassenden Produkten verwendet wie Textilien, Pölstern, Matratzen, Tapeten, Teppichen, Autos, Möbeln, Lacken, Wärmedämmungen, Dichtungsschäumen, flammschützenden Beschichtungen. ... Seit 21.8.2015 darf TCEP in der EU ausnahmslos nicht mehr produziert und in Umlauf gebracht werden.
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  • Decabromdiphenylether (DecaBDE)

Decabromdiphenylether (DecaBDE) wird als Flammschutzmittel in Kunststoffen wie Polyethylen, Polypropylen, ungesättigten Estern und Polybutylenterephthalat für elektronische Geräte, Fahrzeuge, Polstermöbel und in der Bauchemie eingesetzt. ... Eine weitestgehende Beschränkung der Produktion und Verwendung von DecaBDE in der EU steht derzeit zur Diskussion.
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  • Kurzkettige Chlorparaffine (short chained chlorinated paraffins SCCP)

SCCP (Short Chained Chlorinated Paraffins) – kurzkettige Chlorparaffine - werden auch chlorierte Paraffine genannt. Sie werden hauptsächlich in Kunststoffen als Weichmacher oder wegen ihrer flammhemmenden Wirkung eingesetzt. Sie werden Fugendichtmassen, Gummi oder Papier zugegeben und als Fettungsmittel in Leder und Pelz eingesetzt. ... SCCP können vermutlich Krebs erzeugen (Carc. 2, H351) und sind sehr giftig für Wasserorganismen (H400, H401). 2008 wurden SCCP aufgrund ihrer Eigenschaften als PBT und vPvB als SVHC eingestuft und in die Kandidatenliste für eine Zulassung aufgenommen. Über die Aufnahme von SCCP als POP in den Anhang A, B oder C der Stockholmkonvention konnte bisher noch keine endgültige Entscheidung getroffen werden.
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  • Borate

Als Borate bezeichnet man die Salze aber auch die Ester der Borsäure. ... 2010 wurden Borsäure und Borax von der europäischen Kommission wegen ihrer reproduktionstoxischen (fortpflanzungsgefährdenden) Wirkung als SVHC eingestuft. ... Borsalze werden in einigen Dämmstoffen aus Pflanzen- und Zellulosefasern eingesetzt.
... → siehe oben

Maßnahmen im Baubereich

  • Welche Bauproduktgruppen enthalten Flammschutzmittel (FSM), die als besonders besorgniserregende Stoffe (SVHC) eingestuft sind?
  • Gibt es Alternativen zu den besonders besorgniserregenden FSM?
  • Wie kann ich erkennen, ob ein Produkt SVHC enthält?
  • Wie kann ich Produkte mit SVHC vermeiden?
  • Was ist beim Recycling von Produkten mit SVHC zu beachten?

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Quellen, Literatur und Links

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