Die Problematik der tieferen Bauteilschichten – interzonaler Massentransfer
8. Die Problematik der tieferen Bauteilschichten – interzonaler Massentransfer
In Zusammenhang mit Emissionen von VOC in Verbindung mit Belastungen der Innenraumluft interessiert auch die Frage, unter welchen Umständen es zu sogenanntem „interzonalem Massentransfer“ – dem meist unerwünschten Übertritt von flüchtigen Substanzen von einem Gebäudeteil in einen anderen – kommt.
Obwohl viele Aspekte zu interzonalem Massentransfer nur unzureichend untersucht sind, ist grundsätzlich von einem immer bis zu einem gewissen Grad möglichen Transfer von Schad- und Geruchsstoffen von einem Gebäudeteil zu einem anderen und anschließendem Übertritt in die Raumluft auszugehen – Gebäude sind niemals dicht! Beispiele sind persistente Lösemittelbelastungen durch in der Tiefe liegende Bauteilschichten wie etwa lösemittelhältige Beschichtungen auf Bitumenbasis als Feuchteschutz.
Der Transfer der Substanzen kann relativ rasch durch direkte Strömung über Wegigkeiten (Fugen, Spalten, nicht exakt ausgeführte Verklebungen) oder längerfristig über Diffusion durch Bauteilschichten erfolgen. Auch scheinbar dichte Bauteilschichten sind im Normalfall nicht diffusions- und luftdicht, es bestehen oft Wegigkeiten, durch welche vor allem flüchtige Substanzen wie Lösungsmittel strömen können. Übliche „luftdichte“ Schichten können daher den Transfer von Schadstoffen durch Bauteilschichten hindurch in der Regel nicht verhindern. Leichtbauteile sind grundsätzlich anfälliger als Massivbauteile, was die Emissionen aus tieferen Bauteilschichten betrifft, da eine Luftdichtheit vor allem im Gebäudeinneren in der Regel nicht gegeben ist und sich Leichtbaukonstruktionen als durchlässiger erwiesen haben.
Ein bekanntes Beispiel für den meist über Strömungserscheinungen stattfindenden Transfer von Schad- und Geruchsstoffen ist der Übertritt von Lösemitteln aus benachbarten Gewerbebetrieben oder Chemisch-Reinigungsbetrieben (Tetrachlorethen) in Wohn- oder Büroräume. Für die Intensität und das Auftreten von Luftströmungen sind neben konstruktionsbezogenen Details (welche Wegigkeiten existieren) vor allem lüftungstechnische Gegebenheiten bestimmend. So kann es beim Einschalten eines Abluftventilators zu einem Unterdruck in dem betreffenden Innenraum von einigen Pascal kommen, der schon einen nicht unbeträchtlichen Eintritt von flüchtigen Stoffen aus anderen Gebäudeteilen bewirkt. Bestimmend für das Ausmaß ist weiters der Winddruck, die Windrichtung und der atmosphärische Luftdruck – dies können Gründe für das von Nutzern häufig berichtete intermittierende Auftreten von Gerüchen sein.
Neben Strömungserscheinungen, die als Hauptursache für einen Transfer von Schad- und Geruchsstoffen in Gebäuden zu nennen sind, spielt in manchen Fällen auch Diffusion eine Rolle. Lösungsmittel haben wie Wasser das Bestreben, in Richtung des geringeren Dampfdruckes zu wandern, Diffusion erfolgt zum Teil durch dicke mineralische Bauteile wie Gebäudetrennmauern. Alle mineralischen Bauteile und sogar Kunststofffolien und Bitumenbahnen sind diffusionsfähig. Durch die bei Lösemitteleinsatz geschaffenen Depots kann es auch bei scheinbar „luftdichten“ Konstruktionen und in der Tiefe liegenden Quellen zu am Beginn meist geringfügigen, mit der Zeit aber zunehmenden Durchtritten mit längeren Emissionszeiten kommen. Es kann daher in solchen Fällen mitunter mehrere Jahre dauern, bis die VOC-Konzentrationen wieder unter hygienisch unbedenkliche Werte absinken.
Hilfestellung zur Charakterisierung und Messung von Strömungserscheinungen gibt das Positionspapier zu Luftströmungen in Gebäuden des österreichischen Umweltministeriums. Beispiele für „interzonalem Massentransfer“ findet man in einer Arbeit von Tappler & Damberger (1998).
Auszug aus:
"Schadstoffprobleme im Innenraum" von DI Peter Tappler, Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, Arbeitskreis Innenraumluft am BMLFUW (österreichisches Umweltministerium), Mitglied der Innenraumluft-Hygiekommission des Umweltbundesamtes, IBO-Innenraumanalytik OG
Inhaltsverzeichnis
Auftreten, Eigenschaften
Was ist gesunde Raumluft?
Was ist ein „Innenraum“?
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Gesundheitliche Bedeutung von Schadstoffen im Innenraum
Grenz- und Richtwerte für Schadstoffe im Innenraum
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Die wichtigsten flüchtigen Stoffe in der Innenraumluft
Was sind die Hauptverursacher an flüchtigen Stoffen?
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Die Problematik der tieferen Bauteilschichten – interzonaler Massentransfer
... → siehe oben.
Fallbeispiele mit Vermeidungsstrategien
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Literatur
Weiterführende Dokumente, zitierte Quellen ... → mehr