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Praxisbericht Innenraumluftmessung

Daniel Savi, Dipl. Umweltnaturwissenschafter ETH, Büro für Umweltchemie, Zürich

Nutzen einer Raumluftmessung

Die Luft ist das am wenigsten durch unsere Sinne zugängliche Lebensmittel. Wir können sie nicht sehen oder fassen und wenn wir sie riechen, dann ist die Luft nur der Träger für die Duftstoffe. Gleichzeitig ist die Luft das elementarste Gut für unsere Lebensprozesse. Ohne Luft überstehen wir kaum mehr als drei Minuten.

Alltagsluft ist ein Cocktail aus hunderten von Stoffen, von welchen wir die meisten nicht einmal benennen können. Nur mit aufwändigen Messverfahren können wir mehr über dieses Gemisch erfahren. Im Innenraum wird es bestimmt durch die Ausgasungen der Baustoffe, unsere eigenen Ausdünstungen und die von außen eingetragenen Gase.

Die Innenraumluft ist also zu einem Teil geplante und in Bauvorhaben in gewissem Masse planbare Luft. Eine Raumluftmessung zum Abschluss einer Baumaßnahme hilft, den Einfluss unserer Planung auf die Luft zu erkennen und die Erreichung von Zielen zu dokumentieren. In der Praxis genauso wichtig ist der Einfluss der Raumluftmessung auf die Psyche der Verantwortlichen am Bau. Das Wissen darum, dass die Luftqualität am Ende geprüft wird, sorgt dafür, dass die gewünschte Materialwahl ernst genommen und planungsgemäß umgesetzt wird.

Eine Raumluftmessung sorgt bei Vielen als unbekanntes Instrument für Verunsicherung. Was wird gemessen? Wie muss eine solche Messung vorbereitet werden? Wie soll mit den Messresultaten umgegangen werden? Der vorliegende Artikel spürt diesen Fragen nach und gibt soweit möglich Antworten darauf.

 

Was können wir im Innenraum messen?

Im Naturkundeunterricht war es noch einfach, die Luft bestehe hauptsächlich aus Stickstoff und Sauerstoff, dazu komme Argon und Kohlendioxid. Somit seien schon über 99.9 % der Zusammensetzung der Luft erklärt und den Rest könne man getrost vergessen. Wie so oft ist die Wirklichkeit etwas komplexer. Die Schulzusammensetzung vernachlässigt bereits den Wasserdampf, der je nach Temperatur und Luftfeuchtigkeit bis zu 4 % der Atemluft ausmachen kann. Sämtliche Schadstoffe der Luft wirken bereits bei sehr niedrigen Konzentrationen im Bereich von Milligramm bis Mikrogramm pro Kubikmeter, was einem Konzentrationsbereich von Millionstel (ppm) bis Milliardstel Teilen (ppb) entspricht. Diese Verhältnisse sind in Abbildung 1 anschaulich dargestellt.


Abbildung 1: Stoffanteile an der Innenraumluft bei hohem Gehalt an CO2 und Fremdstoffen

Wenn von der Qualität der Raumluft gesprochen wird, können damit verschiedene Dinge gemeint sein. Oft sind Mitarbeiter in einem Büro krank oder klagen über Kopfschmerzen, wenn die Luft zu trocken oder der Kohlendioxidgehalt zu hoch ist. Beide Parameter lassen sich mit günstigen Messgeräten kontinuierlich messen und sollten bestimmt werden, bevor eine aufwändige Schadstoffsuche angegangen wird.

Wenn die Stoffkonzentrationen in der Raumluft gemessen werden sollen, besteht eine wesentliche Schwierigkeit darin, dass die interessierenden Schadstoffe in sehr geringen Konzentrationen vorliegen. Es sind also sehr sensible Analyseverfahren gefordert. Diese Anforderung hat im Wesentlichen zwei Auswirkungen auf die verfügbaren Messverfahren: Es können nur Punktmessungen vorgenommen werden und eine Probe­nahme dauert relativ lange, im Bereich von einer halben bis zu einer ganzen Stunde.

Eine weitere Einschränkung ergibt sich daraus, dass der Begriff der VOC die Stoffgruppe der flüchtigen organischen Stoffe beschreibt, die unzählige Verbindungen umfasst. Zudem existieren auch weitere gasförmige Stoffe, welche die Gesundheit des Menschen beeinflussen können und nicht zu den VOC gehören. Diese werden durch den Summenparameter TVOC nicht erfasst.

 

TVOC, VOC, Formaldehyd – Zoo der Moleküle

Als Maß für die Raumluftqualität wird oft der TVOC-Wert verwendet. Dieser bezeichnet die Summenkonzentration aller flüchtigen organischen Stoffe in einem bestimmten Größenbereich. Die flüchtigen organischen Stoffe werden gemäß ihrer englischen Bezeichnung „volatile organic compounds“ mit VOC abgekürzt. Diese Stoffgruppe umfasst unzählige verschiedene Substanzen, deren Moleküle in der Luft herumschwirren können. Mit jedem Jahr erzeugt die chemische Industrie zudem neue organische Stoffe, die teilweise flüchtig sind und in der Luft auftreten können. Ein Analyselabor weist die Stoffe in einer Luftprobe nach, indem es die Stoffe in einer Fraktioniersäule nach ihrer Größe auftrennt und in einem Detektor bestimmte Eigenschaften der Substanzen aufzeichnet. Das gesamte Verfahren wird als Gaschromatographie bezeichnet. Für jeden Stoff, den ein Labor bestimmen will, benötigt es einen Standard. Das ist quasi der Fingerabdruck, den der Stoff im Detektor hinterlässt. Mit Hilfe dieses Fingerabdrucks kann dann das Auftreten und die Menge eines Stoffes im Probegemisch identifiziert und gemessen werden. Für alle Stoffe, für die kein Standard vorliegt, misst der Detektor zwar ihr Auftreten, sie können aber nicht identifiziert werden. Wenn nun die Gesamtkonzentration der flüchtigen organischen Stoffe bestimmt werden soll, steht das Labor vor einer grundlegenden Schwierigkeit: Da es nicht alle Stoffe in der Probe vor der Analyse kennen kann, kann es die Gesamtheit der Stoffe nicht analysieren. Es müsste zunächst die Probe analysieren, dann für alle unbekannten Stoffe gültige Standards finden und die Probe erneut analysieren. Ein Verfahren, das für Messungen in der Praxis nicht anwendbar ist. Stattdessen behilft sich das Labor damit, dass es eine Liste der Stoffe definiert, die es analysieren kann. Nur diese Substanzen können dann in der Raumluftmessung einzeln nachgewiesen werden. In der Regel spricht man hier von einer Größenordnung von zweihundert VOC, die ein Labor nachweisen kann. Darüber hinaus ermittelt das Labor die Gesamtfläche, welche alle gemessenen Stoffe auf dem Chromatogramm hinterlassen. Daraus kann dann mithilfe des sogenannten Toluoläquivalents ein Näherungswert für die Gesamtkonzentration TVOC ermittelt werden.

Wesentlich einfacher gestaltet sich die Problemlage bei der Konzentrationsbestimmung von Formaldehyd. Hier sprechen wir von einem Einzelstoff, der wegen seiner Bedeutung im Innenraum getrennt betrachtet wird. Die Schwierigkeit beim Formaldehyd liegt in seiner enormen Flüchtigkeit, so dass es nicht direkt auf einem Probenahmeröhrchen eingefangen und ins Labor geschickt werden kann. Stattdessen wird ein Probenahmemedium verwendet, das mit dem Formaldehyd in der Luft reagiert und dabei ein Reaktionsprodukt bildet, das dann im Labor detektiert werden kann. Als Probenahmemedium wird DNPH (2,4-Dinitrophenylhydrazin) in Kieselsäure verwendet. Mit einer Pumpe wird die Raumluft durch das Medium gesaugt und das in der Luft enthaltene Formaldehyd wird am DNPH gebunden. Die Menge des so entstandenen DNPH-Derivats kann dann im Labor analytisch bestimmt werden.

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Auszug aus:
Praxisbericht Innenraumluftmessung , Daniel Savi, Büro für Umweltchemie, Zürich, erstellt im Auftrag der Bayerischen Architektenkammer, 2016

Inhaltsverzeichnis

Nutzen einer Raumluftmessung
Was können wir im Innenraum messen?
TVOC, VOC, Formaldehyd - Zoo der Moleküle

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Woher stammen die Stoffe in der Luft?
Immissionsmessung vs. Emissionsquellen

von der Messung zu den Quellen, Emissionsrate, Luftwechsel und Belegungsdichte... → mehr

Kriterium Innenraumlufthygiene im BNB

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Wie läuft eine Raumluftmessung ab?
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Literatur

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