Kriterium Innenraumlufthygiene im BNB

Flüchtige organische und geruchsaktive Stoffe sowie Formaldehyd

Das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) fordert in Kriterium 3.1.3 „Innenraumlufthygiene“ die Messung der VOC- und Formaldehyd-Konzentrationen nach Fertigstellung und Endreinigung des Gebäudes, jedoch spätestens bis einen Tag vor Möblierungsbeginn. Für die flüchtigen organischen Stoffe, welche in der Richtwertetabelle des Ausschusses für Innenraumrichtwerte gelistet sind, ist der Richtwert II zwingend einzuhalten. Der Richtwert II stellt die Konzentration dar, die für empfindliche Personen bei Daueraufenthalt in Räumen eine gesundheitliche Gefährdung darstellen kann. Für eine Punktebewertung 3.1.3 ist auch die Einhaltung des Richtwerts I erforderlich. Dieser beschreibt die Konzentration, bei der nach gegenwärtigem Wissenstand keine Gefährdung auch für empfindliche Nutzer und bei lebenslanger Exposition erwartet werden kann. Für TVOC gelten die Leitwerte desselben Ausschusses, wobei 3000 µg/m3 zwingend einzuhalten sind. Für Formaldehyd ist der BGA-Richtwert von 120 µg/m3 zwingend einzuhalten. Für die Berechnung des TVOC-Werts sieht die ISO 16000-5 die Berechnung über Toluoläquivalente vor. Dafür ist die gesamte Fläche im Chromatogramm zwischen n-Hexan und n-Hexadecan zu betrachten. Anhand des Toluol-Responsefaktors wird diese dann in Toluol-Masseneinheiten umgewandelt und die TVOC- Massenkonzentration der Probe berechnet.

Aus der Praxiserfahrung stellen die geforderten Richtwerte II für Einzelstoffe das größte Risiko für die Nichteinhaltung der Kriterien des Kriteriums 3.1.3 dar. Auch die spätere TVOC-Konzentration lässt sich in der Planungsphase nicht zuverlässig vorhersagen, für Einzelstoffe ist eine solche Voraussage gänzlich ausgeschlossen. Aufgrund der Vielfalt der eingesetzten Bauprodukte und der zahlreichen darin enthaltenen organischen Stoffe, sowie der oft unvollständigen Produktdeklarationen ist eine Erfassung aller Einzelstoffe in der Planungsphase nicht möglich. Besonders Butanonoxim ist aufgrund seiner Einstufung als „vermutlich krebserzeugend“ mit einem sehr niedrigen Richtwert II versehen. Der Einsatz Oxim-vernetzender Silikondichtungsmassen birgt deshalb ein hohes Risiko einer Richtwertüberschreitung. Auch für die Summe der Xylole kann der Richtwert II bei ungünstigem Zusammentreffen mehrerer Quellen durchaus überschritten werden. Bei dieser Stoffgruppe wird die Planung dadurch erschwert, dass Xylole in vielen Produkten – auch wasserbasierten – in jeweils geringen Konzentrationen vorhanden sind und deren Einsatz nur schwer limitiert werden kann.

Personenbezogene Lüftungsrate

Das Kriterium Innenraumlufthygiene macht auch detaillierte Vorgaben zur personenbezogenen Lüftungsrate, die zudem nach Nutzungsarten der Gebäude unterschieden wird. Dies geschieht durch Festlegung minimaler Luftströme, die pro Person zu gewährleisten sind. Die Einhaltung dieses Kriteriums stellt eine klassische Planungsaufgabe für Lüftungstechniker dar und ist in der Umsetzung unproblematisch, wenn die Planung den Vorgaben entsprechend erfolgte. Je nachdem, ob ein Gebäude mit Fensterlüftung oder einer automatischen mechanischen Lüftung belüftet wird, werden unterschiedliche Prüfungen für die geforderte Lüftungsrate verlangt. Für Gebäude mit freier Lüftung erfolgt der Nachweis rechnerisch. Für Gebäude mit Lüftungsanlage ist eine Prüfung nach DIN EN 12599 gefordert, die mehrere Schritte umfasst. Zuerst wird die Anlage einer Vollständigkeitsprüfung unterzogen, danach erfolgt die Funktionsprüfung und dazugehörende Messungen. Die Ergebnisse der Prüfungen sind in einem Abnahmebericht festzuhalten, dessen Form ebenfalls in der Norm geregelt wird.

Die Vollständigkeitsprüfung umfasst mehrere Punkte und beantwortet insbesondere eine Frage: Wurde die Anlage gemäß der Spezifikation und den technischen Regeln gebaut? Diese Kontrolle wird aufgrund der Planungsunterlagen vorgenommen. An der installierten Anlage wird überprüft, ob die beschriebenen Komponenten effektiv verbaut wurden. Zudem wird geprüft, ob die Anlage einer Luftdichtheitsprüfung unterzogen wurde.

Die Funktionsprüfungen und -messungen sind im Anhang B der Norm beschrieben. Anhang C regelt den nötigen Umfang, wobei sich der Prüfumfang nach Art der Anlage und Ihrer Funktion unterscheiden kann. Zur Bewertung im BNB-Kriterium "Innenraumlufthygiene" werden die Messungen der personenbezogenen Außenluftvolumenströme hinzugezogen. Tabelle 5 des Kriteriensteckbriefs 3.1.3 zeigt die einzuhaltenden Volumenströme, welche aus der DIN EN 13779 abgeleitet wurden.

Qualitätsniveau (QN) / Kategorie Personenbezogener Außenluftvolumenstrom [m3 / h / Person] Bewertung

2 / IDA 1

>= 54* 50
1 / IDA 2 >= 36* 10
0 / IDA 3 >= 21,6 und < 36 keine Zertifizierung möglich
* Zwischenwerte zwischen IDA 1 und IDA 2 sind abschnittsweise zu interpolieren

Für Gebäude mit Fensterlüftung werden die Außenluftvolumenströme für eine 5-minütige Stoßlüftung berechnet. Für die Umgebungsbedingungen macht der Steckbrief Vorgaben über die einzusetzenden Werte. Falls die tatsächlich gemessenen CO2-Werte in einem Gebäude mit Fensterlüftung eine bessere Bewertung ergeben als die berechneten Volumenströme, so dürfen diese verwendet werden.

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Auszug aus:
Praxisbericht Innenraumluftmessung , Daniel Savi, Büro für Umweltchemie, Zürich, erstellt im Auftrag der Bayerischen Architektenkammer, 2016

Inhaltsverzeichnis

Nutzen einer Raumluftmessung
Was können wir im Innenraum messen?
TVOC, VOC, Formaldehyd - Zoo der Moleküle

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Woher stammen die Stoffe in der Luft?
Immissionsmessung vs. Emissionsquellen

von der Messung zu den Quellen, Emissionsrate, Luftwechsel und Belegungsdichte... → mehr

Kriterium Innenraumlufthygiene im BNB

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Wie läuft eine Raumluftmessung ab?
Beispiele für Quellensuche und Maßnahmen

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Literatur

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