Isothiazolinone in Bauprodukten

Inhaltsverzeichnis

1.   Verwendungszweck und Wirkstoffe

2.   Vorkommen in Baustoffen

3.   Relevanz für Gesundheit und Umwelt

4.   Hinweise zur Produktwahl

5.   Quellen / Literatur / Links

1.   Verwendungszweck und Wirkstoffe

Verwendungszweck

Isothiazolinone sind biozide Wirkstoffe und werden als Topfkonservierer sowie als Filmschutz respektive Beschichtungsschutzmittel eingesetzt. Topfkonservierer sorgen dafür, dass insbesondere wasserbasierte Produkte über längere Zeit in Gebinden haltbar bleiben. Wichtige Anwendungsbereiche sind u.a. Farben und Lacke, Klebstoffe, Kosmetik- und Haushaltsprodukte.
Filmschutzmittel hingegen werden eingesetzt um einem Algen- oder Pilzwachstum auf dem eingebauten Produkt (Farben, Putze, Dichtungsmassen) vorzubeugen.

Wirkstoffe - Wirkstoffkonzentration

Je nach spezifischem Wirkstoff und Anwendungsbereich unterscheiden sich die Konzentrationen von Isothiazolinonen in Produkten. Die Wirkstoffkonzentration bei der Anwendung als Topfkonservierer ist in der Regel deutlich niedriger als bei der Anwendung als Beschichtungsschutzmittel.

Gemäss Biozidproduktverordnung der EU Nr. 528/2012 fallen Topfkonservierungsmittel unter Produktart 6 "Schutzmittel für Produkte während der Lagerung". Filmschutzmittel fallen unter Produktart 7 "Beschichtungsschutzmittel". Unter diesen Produktarten sind unterschiedliche Wirkstoffe üblich.

Als Topfkonservierer eingesetzt werden vor allem:

- 2-Mehtyl-2(H)-isothiazol-3-on (MIT)
- 5-Chlor-2-methyl-4-isothiazlin-3-on (CMIT, CIT oder MCI)
- 1,2-Benzisothiazol-3(2H)-on (BIT)
- 2-Octyl-2H-isothiazol-3-on (OIT)
- 4,5-Dichlor-2-n-octyl-4-isothiazolin-3-on (DCOIT)

Als Filmschutz eingesetzt werden vor allem:

- 2-Octyl-2H-isothiazol-3-on (OIT)
- 4,5-Dichlor-2-n-octyl-4-isothiazolin-3-on (DCOIT)
- 1,2-Benzisothiazolin-3-one, 2-Butyl (BBIT)

In Farben mit Filmschutz werden Isothiazolinone in der Regel in Kombination mit einem anderen Biozid z.B. Diuron oder Terbutryn eingesetzt.

2.   Vorkommen in Baustoffen

Topfkonservierer in wasserbasierten Produkten

Topfkonservierer werden in folgenden Baustoffen eingesetzt:

- Wasserbasierte Farben, Lasuren und Lacke
- Dispersionsklebstoffe
- Acrylat-Dichtstoffe
- Putzen (Kübelware)
- Schalöle / Trennmittel auf pflanzlicher Basis

Filmschutz in Anstrichen, Putzen, Dichtstoffen

Beschichtungsschutzmittel werden teilweise eingesetzt in:

- Fassadenfarben
- Fassadenputzen (Kübelware)
- Silikondichtstoffen für die Anwendung im Nassbereich

3.   Relevanz für Gesundheit und Umwelt

Verursacher von Allergien

Gesundheitlich von Bedeutung ist das allergene Potenzial von Isothiazolinonen. Die Wirkstoffe sind haut- und schleimhautreizend. Bei längerem und intensivem Hautkontakt können Isothiazolinone bei Menschen mit entsprechender Disposition zu einer Sensibilisierung und allergischen Reaktionen führen. Die allergene Wirkung erfolgt bei Baustoffen über den Hautkontakt bei der Verarbeitung oder über die Atemwege, wenn die Konservierer beim Trocknen der Produkte in die Luft emittiert werden.

Aufgrund des langjährigen und breiten Einsatzes von Isothiazolinonen, insbesondere in Kosmetik-und Haushaltsprodukten, reagieren mittlerweile 2-5% der Menschen auf die Wirkstoffe allergisch.

Raumluftmessungen in frisch gestrichenen Räumen im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) in der Schweiz zeigten, dass die Konzentration von Isothiazolinonen in der Raumluft während mehreren Wochen nach Malerarbeiten zwischen dem Richtwert 1 (RW1) und Richtwert 2 (RW2) des Umweltbundesamts (UBA) liegen kann. Konzentrationen unterhalb des RW1 für die Innenraumluft gelten in der Regel als unbedenklich, bei Konzentrationen oberhalb des RW2 besteht unverzüglicher Handlungsbedarf. Während diese Konzentrationen für nicht sensibilisierte Personen verträglich sind, können sie bei Allergikern zu massiven gesundheitlichen Beschwerden führen.

Als Topfkonservierer ist eine Mischung aus CMIT/MIT (3:1) am wirksamsten. Auch unter der Kennzeichnungsgrenze von 15 ppm hat dieses Gemisch noch eine konservierende Wirkung. CMIT ist aber stark hautsensibilisierend. Auch für MIT hat der REACH-Regelungsausschuss 2018 eine Kennzeichnungsgrenze von 15 ppm empfohlen. Für BIT und OIT hingegen liegt er bei 500 ppm. Je niedriger der Kennzeichnungsgrenzwert liegt, desto höher ist in der Regel das allergene Potenzial.

Umweltrelevanz

Im Aussenraum sind Isothiazolinone giftig für Organismen in Gewässern und Böden. Die Wirkstoffe können aus Farben oder Putzen im Aussenbereich ausgewaschen werden. Allerdings werden Isothiazolinone in Gewässern sehr rasch abgebaut, sodass Ihre Umweltrelevanz im Vergleich zu anderen Bioziden, die als Filmschutz in Fassadenfarben oder -putzen eingesetzt werden, eher gering ist.

4.   Hinweise zur Produktwahl

Deklarationspflicht + Kennzeichnungsgrenzwerte

Die Biozidproduktverordnung der EU (528/2012) gibt in Artikel 58 vor, dass alle bioziden Wirkstoffe in damit behandelten Waren auf dem Etikett der Produkte deklariert werden müssen. Die Verwender von Baustoffen können demnach auf der Etikette prüfen, ob Isothiazolinone in einem Baustoff vorhanden sind. In den Sicherheitsdatenblättern müssen Topfkonservierer in Abschnitt 3 aufgeführt werden, sofern Ihre Konzentration im Produkt über dem jeweiligen Kennzeichnungsgrenzwert liegt. Ebenso werden topfkonservierende Wirkstoffe teilweise in den Abschnitten 2, 8 und 11 angegeben.

Die Kennzeichnungsgrenzwerte gemäß Anhang VI / CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 sind für die spezifischen Wirkstoffe der Gruppe der Isothiazolinone unterschiedlich. Für CMIT/MIT und MIT ist der Kennzeichnungsgrenzwert beispielsweise >= 15 ppm (>=0,0015%). Für BIT und OIT hingegen liegt er bei >= 500 ppm (>= 0,05%). Für DCOIT und BBIT liegt kein harmonisierter Wert vor. Hier gilt der allgemeine Kennzeichnungsgrenzwert für sensibilisierende Stoffe von >= 1000 ppm (>= 0,1%).

Relevanz der Emissionsquellen berücksichtigen

Falls eine Allergie auf Isothiazolinone vermutet wird oder einer Sensibilisierung vorgebeugt werden soll, sollten die Quellen nach Relevanz geordnet reduziert werden. Im Haushalt stellen Kosmetik- und Haushaltsprodukte die wichtigste Quelle für den Kontakt mit Isothiazolinonen dar. Diese sollten als erstes durch Produkte ohne Isothiazolinone ersetzt werden.

Baustoffe sind durch ihre seltene Erneuerung für die Bewohner weniger kritisch bezüglich einer möglichen Sensibilisierung auf Isothiazolinone. Nachfolgend werden Hinweise pro Produktgruppe gegeben, wie eine Exposition zu Isothiazolinonen verhindert werden kann. Diese sind vor allem für bereits sensibilisierte Personen von Bedeutung.

Alternativen ohne Isothiazolinone

Farben und Lacke

Es können wasserbasierte Farben ohne Isothiazolinone verarbeitet werden. Unter den wasserbasierten Farben enthalten die mineralischen Farben (Silikat-, Dispersionssilikat- und Kalkfarben) von Haus aus keine Isothiazolinone. Die Farben werden teilweise als Sackware geliefert und erst auf der Baustelle gemischt (2K), weshalb sich eine Topfkonservierung hier erübrigt. Bei den mineralischen Produkten in Gebinden (1K) verhindern hier die alkalischen Bindemittel Wasserglas oder Kalk ein Wachstum von Bakterien oder Schimmel.

Während auf einen Filmschutz in Wandfarben praktisch immer verzichtet werden kann, ist die Verfügbarkeit von Dispersionsfarben ohne Topfkonservierer schon deutlich eingeschränkter. Mittlerweile gibt es auf dem Markt aber schon zahlreiche konservierungsmittelfreie weiße Dispersionsfarben. Bei diesen erfolgt der Schutz gegen den mikrobiellen Befall ähnlich wie bei den mineralischen Farben über einen hohen pH-Wert, d.h. die Dispersionsfarben wurden in der Rezeptur so angepasst, dass sie im Gebinde stark alkalisch sind. Schwieriger ist es derzeit noch bei farbig pigmentierten Dispersionsfarben. Es gibt nur wenige Hersteller, die auch ein konservierungsmittelfreies Abtönsystem anbieten können. Bei seidenglänzenden Dispersionsfarben und wasserbasierten Lacken gibt es gegenwärtig noch keine Produkte ohne Topfkonservierer.

In Wandfarben, welche mit dem neuen Blauen Engel DE-UZ 102 (Ausgabe Januar 2019) ausgezeichnet sind, dürfen keine Topf- oder Filmkonservierungsmittel mehr eingesetzt werden. Für Verunreinigungen aus konservierten Vorprodukten gibt es Grenzwerte.

Klebstoffe / Dichtstoffe

Bei den Dispersionsklebstoffen und Arcylat-Dichtstoffen gibt es noch keine Produkte ohne Konservierungsmittel. Es besteht die Möglichkeit, auf ein anderes Klebstoff- oder Dichtstoffsystem auszuweichen z.B. MS Hybrid-Dichtmassen oder SMP-Klebstoffe. Relevante Emissionen an Konservierungsmitteln sind nur für flächige Anwendungen zu befürchten. Bei punkt- und linienförmigen Fugen oder Verklebungen werden deutlich geringere Produktmengen eingesetzt. Darum sind die Isothiazolinon-Emissionen aus solchen Anwendungen in der Regel deutlich niedriger. Die Anwendung von Fungizid ausgerüsteten Silikon-Dichtmassen kann auf die Nassbereiche beschränkt werden.

Putze

Für Putze in Innenräumen können mineralische Putze  eingesetzt werden. Diese werden als Sackware auf die Baustelle geliefert und erfordern deshalb keine Konservierungsmittel. Putze mit Filmschutzmittel sind in der Regel für die Außenanwendung konzipiert. Auch hier kann auf den Einsatz von Bioziden verzichtet werden, indem mineralische Putze, welche als Sackware geliefert werden, eingesetzt werden.

Schalöle

Bei Schalölen auf pflanzlicher Basis gibt es wohl kaum konservierungsmittelfreie Varianten. Schalöle werden früh im Bauprozess während der Erstellung des Rohbaus eingesetzt. Die Emissionen der Topfkonservierer in die Luft erfolgen somit vollständig während der Bauphase. Für die Geäudenutzer sollten im Normalfall keine Emissionen von Isothiazolinonen aus Schalölen zu berfürchten sein.

5.   Quellen / Literatur / Links

Moratorium zum Umweltzeichen für Wandfarben / Umweltbundesamt Februar 2018

Konservierungsmittel in wasserbasierten Wandfarben notwendig, Umweltbundesamt, 13.12.2017

Verordnung (EU) Nr. 528/2012 (Biozid-Verordnung) über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten

Binder M., Obenland H., et al., Die Belastung von Innenraumluft und Hausstaub durch Isothiazolone aus Wandfarben, Erschienen in: Umwelt, Gebäude & Gesundheit, Hrsg. Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute (AGÖF), Springe-Eldagsen 2001, Seite 225-230


Isothiazolinone in Bauprodukten; Matthias Klingler, dipl. Umweltingenieur EPF + Daniel Savi, dipl. Umweltnaturwissenschafter ETH; Büro für Umweltchemie GmbH; Zürich, 2020