4. THG-emissionsarm oder -emissionsintensiv?

Welche Baustoffe, Bauteile und Gebäude viel oder wenig THG-Emissionen verursachen, zeigt sich im Vergleich unterschiedlicher Alternativen.

4.1 Baustoffe im Vergleich

THG-Emissionen von Baustoffen in Bezug auf ihre Masse oder ihr Volumen zu vergleichen, ist wenig sinnvoll, da nur ein Vergleich von funktional äquivalenten Baustoffen, Bauteilen und Gebäuden zu einer belastbaren Einschätzung führt. Das bedeutet zum Beispiel für Baustoffe, die zum Tragwerk gehören, dass nach Tragfähigkeit verglichen werden sollte. Für Dämmstoffe sollte man immer die Dämmfähigkeit mit einbeziehen. Abbildung 4 zeigt einen Vergleich des Treibhauspotenzials unterschiedlicher Dämmstoffe: Hier ist jeweils 1 m² Dämmstoff so dick gewählt, dass er einen Wärmedurchlasswiderstand R von 5 (m²*K)/W erzeugt. Dabei ergeben sich Dämmstoffstärken von 13 cm (PIR) bis 30 cm (Calziumsilikat). Die Zahlen zeigen die Summe der Treibhausgaspotenziale inklusive Phase D. Sichtbar ist, dass die Dämmstoffe aus nachwachsenden Materialien jeweils sehr geringe Werte aufweisen, da sie in der Herstellung Gutschriften für die Einlagerung von CO2 bekommen. Aber auch EPS und XPS fallen nicht durch extrem hohe Werte auf. Die beiden Dämmstoffe mit der geringsten und der höchsten Dämmstärke dagegen emittieren um ein Vielfaches mehr Treibhausgase – allerdings zeichnen sie sich bei der Baustoffwahl durch besondere Eigenschaften aus: Calziumsilikat kann für Innendämmung verwendet werden und PIR weist sehr gute Dämmeigenschaften und dadurch die geringste Dämmstärke auf.


Abbildung 4 / Vergleich von Dämmstoffen: Treibhauspotenzial (GWP) in kg CO2-Äq. pro m² Dämmstoff mit einem R von 5 m²K/W (eigene Darstellung, Datenquelle: Ökobaudat)

4.2 Kriterien auf Bauteilebene

Um weitere Funktionskriterien mit einbeziehen zu können, vergleicht man die THG-Emissionen von ganzen Bauteilen, die die gleichen bauphysikalischen Eigenschaften (Schallschutz, Wärmeschutz, Feuchteschutz, Brandschutz) und die gleiche Tragfähigkeit haben. Abbildung 5 zeigt einen solchen Vergleich:
Abbildung 5.1 zeigt Außenwände mit einem u-Wert von 0,24 W/m²K, Abbildung 5.2 Außenwände mit einem u-Wert von 0,15 W/m²K.
Zusätzlich dargestellt ist die Summe der THG-Emissionen, jeweils mit und ohne Phase D. Auch hier sind große Unterschiede sichtbar, sowohl in der Verteilung der THG-Emissionen über die Lebenszyklusphasen als auch in den Gesamtwerten. Die Massivbauwände emittieren den größten Anteil in der Herstellungsphase, im Gegensatz zu Holzbauteilen, die in dieser Phase CO2-Emissionen einlagern. Umgekehrt entstehen bei der Aufbereitung oder Entsorgung der Wände aus mineralischen Baustoffen kaum THG-Emissionen, während bei den Holzbauteilen der Kohlenstoff (durch Verbrennung) wieder freigesetzt wird. Auffällig ist außerdem, dass auch die Wahl der Verkleidung einen großen Einfluss auf die Gesamtemissionen eines Bauteiles haben kann. Selbstverständlich emittieren die Wände mit dem schlechteren u-Wert weniger in den grauen Lebenszyklusphasen, da weniger Material benötigt wird. Für einen ganzheitlichen Vergleich müssten also die THG-Emissionen in der Betriebsphase mit einbezogen werden. Zusätzlich haben alle Werte den gleichen u-Wert, Brandschutz, Schallschutz und Tragfähigkeit können aber variieren, d.h. je nach Höhe der Anforderungen ist die tatsächliche Auswahlmöglichkeit eingeschränkt.


Abbildung 5.1 / Vergleich der CO2-Emissionen unterschiedlicher Außenwände mit einem u-Wert von 0,24 W/m²K pro m² Außenwand; GWP Global Warming Potential; Datenbasis: Ökobaudat 2020-II


Abbildung 5.2 / Vergleich der CO2-Emissionen unterschiedlicher Außenwände mit einem u-Wert von 0,15 W/m²K pro m² Außenwand; GWP Global Warming Potential; Datenbasis: Ökobaudat 2020-II

 

Bauteilbezeichnung

u-Wert 0,15 W/m²K

Bauteilbezeichnung

u-Wert 0,24 W/m²K

Innenverkleidung

Kern

Außenverkleidung

StB 015

StB 024

Putz

20 cm Stahlbeton

WDVS mit EPS

Holzmassiv 015

Holzmassiv 024

Sichtoberfläche

24cm Brettsperrholz

WDVS mit Holzfaser

Holzrahmen 015_1

Holzrahmen 024_1

Gipskarton (Installationsebene)

20 cm Holzrahmen

Putzträgerplatte und Putz

Holzrahmen 015_2

Holzrahmen 024_2

Gipskarton (Installationsebene)

20 cm Holzrahmen

Hinterlüftete Fassade (Aluminium)

Holzrahmen 015_3

Holzrahmen 024_3

Gipskarton (Installationsebene)

20 cm Holzrahmen

Hinterlüftete Fassade (Eternit)

Holzrahmen 015_4

 -

Gipskarton (Installationsebene)

20 cm Holzrahmen

Hinterlüftete Fassade (Lärche)

KS 015

KS 024

Putz

24cm Kalksandstein

WDVS mit Mineralwolle

Ziegel 015_1

Ziegel 024_1

Putz

24 cm Ziegel

WDVS mit Mineralwolle

Ziegel 015_2

Ziegel 024_2

Putz

30 cm bzw. 49 cm

Wärmedämmziegel

Dämmputz

Tabelle 1 / Aufbauten der Bauteile des Ökobilanz-Vergleichs

 

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Kapitel 4. aus: "Baustoffe und Klimaschutz"; Patricia Schneider-Marin, Dipl.-Ing. Architektin; Hannes Harter, M.Sc.; Michael Vollmer, M.Sc.; Trondheim, München, 2021