Stampflehmwände

Produktgruppeninformation

Begriffsdefinition

Stampflehmwände bestehen aus erdfeuchtem Lehmgemisch, das lagenweise in eine Schalung eingebracht und verdichtet („gestampft“) wird. Traditionell wird vor Ort und mit dem lokal vorhandenen Grubenlehm gefertigt. Stampflehmbau war in der Vergangenheit daher in Gebieten mit gut geeigneten Lehmvorkommen verbreitet, denn nicht jeder Lehm ist für den Stampflehmbau in gleichem Ausmaß geeignet. Heute bieten Hersteller auch bereits aufbereiteten Baulehm mit idealer Zusammensetzung oder Stampflehm-Fertigteile an.

Wesentliche Bestandteile

  • Baulehm
  • mineralische Zuschlagstoffe
  • ggf. geringer Anteil an pflanzlichen Feinfasern

Die konkrete Stampflehmrezeptur ist von der Beschaffenheit des verwendeten Naturlehms abhängig. Zuschlagstoffe werden beigemischt, um das Schwindverhalten und die Festigkeiten des Naturlehms zu verbessern. Die Bindekraft kann durch die Zumischung von Tonpulver erhöht werden [Kresser, 2020]. Durch die Beimischung von farbigen Lehmen entstehen farbige Stampflehmmischungen.

Zementzugaben, wie sie in Australien und der USA praktiziert werden, sind in Mitteleuropa nicht üblich. Sie verändern die ökologischen und bauphysikalischen Eigenschaften.

Charakteristik

Lehmbaustoffe werden durch Austrocknen fest und jederzeit durch Feuchtigkeitsaufnahme wieder weich. Lehm ist gut formbar und gestalterisch vielseitig einsetzbar. Die Oberfläche kann glatt, gerieben, strukturiert und farbig gestaltet werden. Um weitere gestalterische Effekt zu erzielen, kann z.B. eine gezielte Erosion auf der Wetterseite konstruktiv und gestalterisch einkalkuliert werden [Lehm Ton Erde, 2022].

Lehm hat eine sehr niedrige Gleichgewichtsfeuchte von 2 bis 4,5 Masse-%, kann aber deutlich mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Massive Lehmbauteile wie Stampflehmwände können so zur Regulierung der Raumluftfeuchte beitragen. Die hohe Feuchteaufnahmekapazität befähigt Lehm außerdem Feuchtigkeit aus benachbarten Bauteilen aufzunehmen und schnell nach außen wieder abzugeben (holzkonservierende Wirkung von Lehm). Durch ihre gute Wärmespeicherfähigkeit können Stampflehmwände Temperaturextreme im Gebäude abschwächen.

Besonders wichtige Eigenschaft hinsichtlich Umwelt- und Gesundheitsrelevanz

Stampflehmwände besitzen eine sehr einfache, naturnahe Zusammensetzung. Lehm ist als Verwitterungsprodukt fast überall vorhanden und damit regional verfügbar. Wird der vor Ort verfügbare Baulehm verwendet, entfallen umweltbelastende Transporte. Lehmbaustoffe müssen nicht gebrannt werden, wodurch sich eine ausgezeichne­te Ökobilanz ergibt. Sie können nach dem Ausbau durch Feuchtezugabe wieder aufgeweicht und neu geformt werden.

Lieferzustand

 Nach Vorfertigungsgrad kann unterschieden werden in:

  • Stampflehmmischung, die vor Ort aus Grubenlehm erzeugt wird;
  • Fertige Stampflehmmischungen, die ebenfalls vor Ort eingebracht werden;
  • Stampflehm-Fertigteilelemente

Anwendungsbereiche (Besonderheiten)

Stampflehm kann in Außen- oder Innenwänden zum Einsatz kommen – als tragendes oder als nicht-tragendes Element (Ausführungen dazu siehe Lehmbau Regeln, Dachverband Lehm e.V).

In der modernen Architektur werden Stampflehmwände häufig nicht (nur) aus funktionalen, sondern auch aus architektonisch ästhetischen Gründen eingesetzt.
Für den Einsatz als Außenwand ist eine zusätzliche Dämmung erforderlich. Um die gute Recyclingfähigkeit der Stampflehmwände zu erhalten, sollte die Dämmung gut rückbaubar und sortenrein von der Lehmwand trennbar sein.

Als Spritzwasserschutz ist ein ausreichend hoher Sockel über Geländeoberkante vorzusehen.

Die Planung und Ausführung von Stampflehmwänden sollte von erfahrenen Fachleuten geleitet werden.

Weiterentwicklung

Die Fertigung von Stampflehmwänden vor Ort ist ein vergleichsweise zeitaufwändiges Verfahren, das viele manuelle Schritte erfordert. Trotz günstiger Preise für das Rohmaterial sind die Baukosten daher deutlich höher als für Betonwände oder Mauerwerk. Die optimierte und rationalisierte Vorfertigung von Stampflehmelementen im Werk kann zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit beitragen. Die Produktion im Werk ist zudem wetterunabhängig und genauer planbar [Lehm Ton Erde, 2022]. Ein Zukunft Bau-Projekt [TU Braunschweig 2022] beschäftigen sich mit robotergeschützter Fabrikation.

Grubenlehme weisen unterschiedliche Zusammensetzungen und nicht immer die besten Voraussetzungen für die Herstellung von Stampflehm auf. Ihre Aufbereitung zu geeignetem Stampflehm ist daher einer der wichtigsten Schritte im Stampflehmbau. In einem zeitaufwändigen Verfahren, das viel Fachwissen und Erfahrung erfordert, werden Proben aus Variationen der Ausgangsstoffe hergestellt, die Materialeigenschaften der Proben beurteilt und daraus die ideale Stampflehmrezeptur ermittelt. Forschungsprojekte sind auf der Suche nach standardisierten Methoden zur Bestimmung der optimalen Stampflehmgemisch [Janson, 2013], [Kresser, 2020], [Ute Muñoz-Czerny et al, 2022].

Quellen

Dachverband Lehm e.V. (Hrsg): Lehmbauregeln; Begriffe - Baustoffe - Bauteile; Volhard, Franz; Röhlen, Ulrich; Vieweg+Teubner Wiesbaden. 3. überarb. Auflage 2009

Ute Muñoz-Czerny et al: Clay to stay. IBO - Österreichisches Institut für Baubiologie und -ökologie (Projektleitung), KMU Forschung Austria, Bautechnisches Institut, AEE INTEC - Institut für Nachhaltige Technologien, Architekt Andi Breuss, ARGE Lehmbau-BOKU. Gefördert durch das BMDW im Rahmen der Strategischen Projekte der ACR 2021. Forschungszeitraum Mai 2021 – April 2023

TU Braunschweig, Institut für Tragwerksentwurf: Robotergestützte Fabrikation von Bauteilen aus Stampflehm. Zukunft Bau, SWD 10.08.18.7-18.45, geplantes Projektende Feb 2022. (Online-Quelle), zuletzt abgerufen am 5.12.2022

Stampflehmwände
Stampflehmwände
Stampflehmwände

Umweltdeklarationen

Die folgende Tabelle liefert eine Übersicht zu Zeichen & Deklarationen, die für die Produktgruppe relevant sind. Neben Herstellererklärungen, Informationen in Sicherheitsdatenblättern (SDB) oder allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen (abZ) können diese den Nachweis für umwelt- und gesundheitsrelevante Kriterien in Planung und Ausschreibung (s. Reiter Planungsgrundlagen) ermöglichen. Detaillierte Informationen finden sich außerdem in den einzelnen Produktgruppen.

Übersicht Umweltdeklarationen: Massivbaustoffe (ohne Beton)

Stand 04/2023

   

Betonwerksteine

Kalksandsteine

Stampflehmwand

Leichtbeton

Porenbeton

Ziegel Mauersteine
mit integrierter
Wärmedämmung
                 
  Umweltzeichen

Umweltzeichen gehören zu den freiwilligen Produktkennzeichnungen. Sie bieten die Möglichkeit, Unterschiede von Produkten innerhalb einer Produktgruppe hinsichtlich ihrer Umwelt- und Gesundheitsrelevanz festzustellen, auch wenn sie keine allgemeinverbindlichen Gebote oder Verbote aufstellen können. Inhalt aufklappen

   
Blauer Engel

+

derzeit nur Bodenbelagsplatten

-
-

-

-

- -
Österreichisches Umweltzeichen  (+) - -

(+)

-

- -
EU Ecolabel (Blume)  - -
- - - - -
Nordic Swan Ecolabel - - - - - -
natureplus Umweltzeichen / Mauerwerk
(nur für Produkte aus nachwachsenden und/oder umweltverträglich gewonnenen mineral. Rohstoffen / mind. 85 Masse%)
-

(+)

derzeit nur Bauplatten

-

+

+

+

eco-INSTITUT-Label / Mineralische Bauprodukte  (+) +

- (+) + + +
EMICODE / Raumlufthygiene   - -   - - -
Cradle to Cradle2 / Building supply & Materials (derzeit noch geringe Produktverfügbarkeit)  (+) (+) - (+) + (+) (+)
  GISBAU Klassifizierungs-system

Das GISBAU Klassifizierungssystem ermöglicht es durch den GISCODE oder GISBAU Produktcode, Produkte von denen die gleichen Gesundheitsgefahren ausgehen, in einer Gruppe zusammenzufassen. Die Klassifizierung ist auf den Arbeitsschutz ausgerichtet. Gemäß Minimierungs- und Substitutionsgebot der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) ist grundsätzlich das Produkt mit den geringstmöglichen Belastungen zu verwenden. (siehe unten: Ersatzproduktgruppe prüfen?) Inhalt aufklappen

   

GISBAU Produkt-Code / GISCODE

Massivbaustoffe sind nicht im GISBAU-System klassifiziert. Informationen zu möglichen arbeitshygienischen Risiken (z.B. durch Staub beim Schneiden) siehe Reiter Verarbeitung.
  Umweltprodukt-deklaration (EPD)

Die Umweltproduktdeklaration (EPD = Environmental Product Declaration) eines Produktes macht Aussagen zum Energie- und Ressourceneinsatz und in welchem Ausmaß ein Produkt zu Treibhauseffekt, Versauerung, Überdüngung, Zerstörung der Ozonschicht und Smogbildung beiträgt. Außerdem werden Angaben zu technischen Eigenschaften gemacht, die für die Einschätzung der Performance des Bauproduktes im Gebäude benötigt werden, wie Lebensdauer, Wärme- und Schallisolierung oder den Einfluss auf die Qualität der Innenraumluft.1 Inhalt aufklappen

   
EPD1  + + + + + - -
Branchen-EPD1 - - + - + +
  Umweltindikatoren

Einheitliche Werte zu Umweltindikatoren wie z.B Primärenergieaufwand, Abfall, Abiotischer Ressourcenverbrauch, Ozonabbaupotential, Treibhauspotential usw. liefert die Datenbank ÖKOBAUDAT des Informationsportals Nachhaltiges Bauen. Inhalt aufklappen

   
ÖKOBAUDAT-Datensätze  1.3.05. Betonfertigteile und Betonwaren 1.3.01. Kalksandstein 1.3.17. Lehmsteine 1.3.03. Leichtbeton 1.3.03. Porenbeton 1.3.02. Ziegel
Hinweis:
Da sich die verfügbare Datensatzanzahl regelmäßig ändert, werden an dieser Stelle nur die vorgesehenen Gliederungspunkte in den Kategorien der Datenbank genannt und keine Aussagen zur Verfügbarkeit von Datensätzen gemacht. Der Link ÖKOBAUDAT-Datensätze führt zur Datenbank, im "Kategorienbrowser" kann dann über die Gliederungspunkte nach aktuellen Datensätzen gesucht werden.
  Sonstige freiwillige Produkt-Deklarationen

Die Plattform baubook beispielsweise bietet für Händler und Hersteller von Bauprodukten die Möglichkeit einer online-Deklaration anhand von Kriterien, die derzeit vor allem in Österreich für die ökologische Ausschreibung verwendet werden. Inhalt aufklappen

   
baubook-Deklarationen

siehe baubook ÖkoBauKriterien / Produkte / Mauerwerk

+
Zeichen / Label bzw. Produktkennzeichnungen für diese Produktgruppe vorhanden
(+)
derzeit kein Produkt aus dieser Produktgruppe zertifiziert
-
Zeichen / Label bzw. Produktkennzeichnungen für diese Produktgruppe nicht vorhanden bzw. Produktgruppe nicht im Geltungsbereich
./.
Zeichen / Label für diese Produktgruppe nicht relevant
x
Produkte aus dieser Produktgruppe können die Kriterien des Zeichens/Labels definitionsgemäß nicht erfüllen

1 Die hier als vorhanden markierten EPDs und Branchen-EPDs sind als Auswahl ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu verstehen und finden sich z.B. auf den Seiten des IBU Institut Bauen und Umwelt e.V.

2 Bei Cradle to Cradle-Zertifizierungen gibt es insgesamt 4 Bewertungsstufen von Bronze bis Platin in 5 Kategorien. Zur Einordnung der Qualität gehört also immer auch das tatsächlich erreichte Bewertungsniveau, was z.B. bei Bronze (insbesondere in Material Health) noch relativ niedrig ist! Die Produktverfügbarkeit ist noch sehr gering!

Stampflehmwände
Stampflehmwände

Technisches

Baustoffklasse nach DIN 4102-1

A1

Technische Baubestimmung

Die allgemeinen Anforderungen an bauliche Anlagen und die Verwendung von Bauprodukten werden in den Landesbauordnungen geregelt. Bei Bedarf können diese allgemeinen Vorgaben durch Technische Baubestimmungen konkretisiert werden. Das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) macht im Auftrag der Länder die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) bekannt, die als Grundlage für die Umsetzung in Landesrecht dient.
Weitere Informationen dazu bzw. produkt- und bauartspezifische Informationen siehe
DIBt / Informationsportal Bauprodukte und Bauarten
DIBt / Zulassungs- und Genehmigungsverzeichnisse

Technische Regeln (DIN, EN)

Früher existierende Vorschriften für den Lehmbau – die Lehmbauordnung von 1944, die im Jahre 1951 als DIN 18951 veröffentlicht wurde, und nachfolgende Bestimmungen, als Vornormen herausgegeben – wurden 1971 ohne Ersatz zurückgezogen. Erst 2013 wurden erneut Lehmbau-Normen herausgegeben:

  • DIN 18945 Lehmsteine
  • DIN 18946 Lehmmauermörtel
  • DIN 18947 Lehmputzmörtel

Für Stampflehm gibt es noch keine Normen.

Der Dachverband Lehm e.V. bringt regelmäßig die „Lehmbau Regeln“ [1] zum Stand der Technik der Herstellung und Anwendung von Lehmbaustoffen heraus. Die Fachkommission Baunormung der ARGEBAU hat beschlossen, die „Lehmbau Regeln“ in die Musterliste der Technischen Baubestimmungen aufzunehmen. Die „Lehmbau Regeln“ sind inzwischen in 11 Bundesländern bauaufsichtlich eingeführt [2].

Quellen

[1] Dachverband Lehm e.V. (Hrsg): Lehmbau Regeln; Begriffe - Baustoffe - Bauteile; Franz Volhard; Ulrich Röhlen. Springer Vieweg. 3. überarb. Auflage 2009

[2] Dachverband Lehm. Bauvorschriften zum Lehmbau. (Online-Quelle), zuletzt abgerufen am 2.12.2022)

[3] Kresser Clemens: Untersuchung der Materialeigenschaften von Stampflehm und Lehmputz in Hinblick auf die Verwendung als Baustoff im modernen Wohnungsbau. Machbarkeitsstudie einer mehrgeschossigen Wohnanlage aus Stampflehm. Masterarbeit, Innsbruck, 31. Jänner 2020. (Online-Quelle), zuletzt abgerufen am 10.11.2022)

Stampflehmwände

Literaturtipps

Dachverband Lehm e.V. (Hrsg): Lehmbau Regeln; Begriffe - Baustoffe - Bauteile; Franz Volhard; Ulrich Röhlen. Springer Vieweg. 3. überarb. Auflage 2009

Ulrich Röhlen, Christof Ziegert: Lehmbau-Praxis. Planung und Ausführung. 2. Aktualisierte und überarbeeitete Auflage. Beuth / Bauwerk Verlag, Berlin, 2014.

Website des Dachverband Lehm e.V.: (Online-Quelle), zuletzt abgerufen am 2.12.2022

Janson Christina: Materialforschung Stampflehm – Ein Beitrag zur Weiterentwicklung des Baustoffes Stampflehm. Dissertation, Berlin, 2013. (Online-Quelle), zuletzt abgerufen am 5.12.2022

Kresser Clemens: Untersuchung der Materialeigenschaften von Stampflehm und Lehmputz in Hinblick auf die Verwendung als Baustoff im modernen Wohnungsbau. Machbarkeitsstudie einer mehrgeschossigen Wohnanlage aus Stampflehm. Masterarbeit, Innsbruck, 31. Jänner 2020. (Online-Quelle), zuletzt abgerufen am 10.11.2022)

Stampflehmwände

Rohstoffe / Ausgangsstoffe

Hauptbestandteile

Lehmbaustoffe 2.1.1

Stampflehm ist ein Gemisch aus Baulehm und Zuschlagstoffen. Besonders geeignet sind von Natur aus gemischtkörnige bis steinige Lehme, wie beispielsweise Berg- und Gehängelehme [Lehmbau Regeln, 2009]. Die Zuschlagstoffe bestehen in der Regel aus natürlichen gebrochenem oder ungebrochenen Gesteinskörnungen. Als organische Zuschlagstoffe werden z.B. Feinfasern (Flachs, Hanf) oder Stroh bis zu ca. 10 cm Länge zugegeben. Die Zuschlagstoffe werden dem Naturlehm beigemischt, um das Schwindverhalten und die Festigkeiten zu verbessern [Janson, 2013]. Die Bindekraft kann durch Tonmehlzugabe erhöht werden.

Bild: Zusammensetzung von Stampflehm. Quelle: [Janson, 2013]

Umwelt- und Gesundheitsrelevanz

Lehmbaustoffe 2.1.2

Gewinnung der Primärrohstoffe

Lehm ist als Verwitterungsprodukt fast überall vorhanden und damit regional verfügbar. Idealerweise kann der Aushublehm vor Ort verwendet werden. Dadurch entfallen umweltbelastende Transporte.

Die Gesteinskörnungen werden direkt aus dem mineralischen Vorkommen gewonnen.

Allfällige organische Zuschläge werden in land- oder forstwirtschaftlichen Prozessen gewonnen. Häufig fallen sie dabei als Neben- bzw. Abfallprodukte an.

Radioaktivität

In jedem Baumaterial aus mineralischen Rohstoffen ist ein natürlicher Anteil an Radionukliden enthalten. Dieser Anteil ist abhängig von der geologischen Herkunft und der Beschaffenheit des Materials.

Radionukleide können zu einer Strahlenexposition durch Gamma-Strahlung oder durch Inhalation von Radon-und seinen kurzlebigen Zerfallsprodukten erfolgen. Zum Schutz der Bevölkerung vor Strahlenbelastungen werden in Deutschland daher seit mehr als 40 Jahren Untersuchungen und Bewertungen der natürlichen Radioaktivität in Baumaterialien durchgeführt. In einer Studie des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) wurden in Deutschland keine Baumaterialien festgestellt, die zu einer erhöhten Strahlenexposition durch radioaktive Strahlung oder Radon in Räumen führen könnten. Bei den derzeit handelsüblichen Bauproduktgruppen sind daher aus der Sicht des Strahlenschutzes keine Einschränkungen erforderlich, siehe ausführliche BfS-Informationen zu natürlichen Radionukleiden in Baustoffen. Allerdings ist auch weiterhin die vorgegebene Beschränkung des Anteils an Reststoffen aus industriellen Prozessen wie z. B. Schlacken, Schlämme oder Stäube zu beachten.

Radioaktivität + Lehmbaustoffe
Ein natürliches Radionukleid ist Thorium. Es zerfällt in das radioaktive Gas Radon-220 (Thoron). Lehm ist sehr feinkörnig und hat dadurch eine größere Oberfläche als z.B. der gebrannte Ziegel. Dadurch kann er mehr Radon und Thoron in die Raumluft abgeben. Thoron kann wie Radon-222 Lungenkrebs hervorrufen. Im Gegensatz zum Radon-222 gibt es aber erst sehr wenig Wissen zum Vorkommen von Thoron in Gebäuden und ab welcher Konzentration das Erkrankungsrisiko erkennbar steigt. Thoron hat jedenfalls eine sehr kurze Halbwertszeit von nur 55 Sekunden. Erhöhte Thoronwerte in Gebäuden sind daher nur möglich, wenn es direkt aus den Baustoffen an den Innenraum abgegeben wird.
Nach derzeitigem Kenntnisstand des BfS wurden in Deutschland keine Lehmbaustoffe verwendet, die zu relevanten Expositionen durch Thoron und seine Zerfallsprodukte führen könnten. Die Möglichkeit, dass ungebrannter Lehm als Baustoff in Einzelfällen zu erhöhten Thoronwerten in der Raumluft führen kann, lässt sich jedoch nicht gänzlich ausschließen (Bundesamt für Strahlenschutz, 2022).

Quellen

Janson Christina: Materialforschung Stampflehm – Ein Beitrag zur Weiterentwicklung des Baustoffes Stampflehm. Dissertation, Berlin, 2013. (Online-Quelle), zuletzt abgerufen am 5.12.2022

Dachverband Lehm e.V. (Hrsg): Lehmbau Regeln; Begriffe - Baustoffe - Bauteile; Franz Volhard; Ulrich Röhlen. Springer Vieweg. 3. überarb. Auflage 2009

BGIA-Report 8 /2006: Quarzexpositionen am Arbeitsplatz. Hrsg: Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaft (HVBG). (Online-Quelle), abgerufen im Dezember 2022

Gehrcke, K., Hoffmann, B., Schkade, U., Schmidt, V., Wichterey, K.: „Natürliche Radioaktivität in Baumaterialien und die daraus resultierende Strahlenexposition“, Bundesamt für Strahlenschutz

Bundesamt für Strahlenschutz (BfS): Lehm als Baumaterial, Stand: 2.5.2022, Online-Quelle (zuletzt abgerufen am 8.12.2022)

Stampflehmwände

Herstellung

Herstellungsprozess

Stampflehm wird entweder vor Ort lagenweise zwischen Schalungen eingebaut (siehe Abschnitt Verarbeitung) oder im Werk vorgefertigt.

Umweltindikatoren / Herstellung

Einheitliche Werte zu Umweltindikatoren (z.B. Primärenergieaufwand, Treibhauspotential) liefert die Online-Datenbank ÖKOBAUDAT des Informationsportals Nachhaltiges Bauen. Die Plattform ÖKOBAUDAT stellt Umweltprofile für Bauprodukte bereit, die als erforderliche Datengrundlage für die Ökobilanzierung (Lebenszyklusanalyse) von Gebäuden eingesetzt werden. Für Bauprodukte gibt es dort Herstellungs- und End-of-Live-Datensätze. → Datenbank der ÖKOBAUDAT
In der Herstellung von Bauprodukten ist ein großer Anteil der verursachten Umweltbelastungen auf den Verbrauch von nicht erneuerbaren Energieträgern zurückzuführen. Der in den Datensätzen geführte "kumulierte Primärenergieaufwand nicht erneuerbar" (Graue Energie, PENRT) ist daher ein wichtiger Umweltindikator für den Ressourcenverbrauch und i.d.R. gleichgerichtet mit dem Treibhauspotential (GWP), einem wichtigen Indikator der Umwelt(aus)wirkungen.
Informationen zu ÖKOBAUDAT-Datensätzen im Zusammenhang mit dieser Produktgruppe finden sich in WECOBIS unter Fachinformationen / Reiter Zeichen & Deklarationen → Übersicht Umweltdeklarationen / Umweltindikatoren.

Energieaufwand

Bei der Vorfertigung von Stampflehmwänden wird Energie für die Anlieferung der Rohstoffe, für mechanische Prozesse, für den innerbetrieblichen Verkehr sowie für die Trocknung eingesetzt. Der Gesamtenergieaufwand für die Stampflehmwände ist gering im Vergleich zu Betonwänden oder Mauerwerk.

Charakteristische Emissionen

Die Herstellung von Lehmbaustoffe führt in der Regel - mit Ausnahme von allfälligen Staub- und Lärmemissionen - zu keinen Emissionen in die Umwelt.

Maßnahmen Gesundheitsschutz

Tone weisen in der Regel einen niedrigeren Quarzgehalt als z.B. Quarzsand auf. Die Quarzgehalte in den Tonen und damit die Quarz-A-Staubkonzentrationen an Arbeitsplätzen mit unmittelbarem Zugang zum Material schwanken aber je nach Lagerstätte (BGIA-Report 8/2006, Weiteres →  Verarbeitung / 2.3.2.2 AGW-Werte).

Maßnahmen Umweltschutz

Für die Herstellung von Lehmbaustoffen sind keine besonderen Maßnahmen zum Umweltschutz erforderlich.

Transport

Die Gewinnung des Lehms erfolgt meist in unmittelbarer Nähe der Verarbeitung. Die Transportwege für die Rohstoffanlieferung sind daher in aller Regel kurz.

Quellen

BGIA-Report 8 /2006: Quarzexpositionen am Arbeitsplatz. Hrsg: Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaft (HVBG). (Online-Quelle), zuletzt abgerufen im Dezember 2022

Stampflehmwände

Verarbeitung

Technische Hinweise / Verarbeitungsempfehlungen

Erdfeucht aufbereiteter Lehm wird in Lagen in eine Gleitschalung oder Kletterschalung gefüllt und mit Handstampfer oder Rüttelplatteverdichtet („gestampft“). Die ausgeschalte Stampflehmoberfläche lässt sich während der ersten Trocknungszeit gut nachbearbeiten und auch künstlerisch bearbeiten.

Bei der Bauzeitplanung ist die Trocknungszeit der Stampflehmwand zu berücksichtigen. Lasten sollten erst aufgebracht werden, wenn die Wand ausgetrocknet ist. Während der Bauzeit müssen die Wände gegen Witterung geschützt werden.

Vor allem bei der Errichtung von tragenden Stampflehmwänden ist die Beachtung der „Lehmbau Regeln“ des Dachverband Lehm e.V. unabdingbar.

Arbeitshygienische Risiken

Allgemeines

Beim Verarbeiten von Lehm kann es zu Staubbelastungen kommen. Neben E-Staub (einatembare Fraktion) und A-Staub (alveolengängige Fraktion) entsteht auch alveolengängiger Quarzstaub, da der Lehm natürliche Bestandteile an Quarzen enthält. Einatembarer Quarz kann Krebserkrankungen der Atemwege verursachen.

Der Quarzgehalt in Lehmbaustoffen ist vergleichsweise gering (BGIA-Report 8/2006).

AGW-Werte

Staubgrenzwerte:

  • 10 mg/m3 mineralischer Staub, einatembare Fraktion (E-Staub)
  • 3 mg/m3 mineralischer Staub, alveolengängige Fraktion (A-Staub)

Da Quarzstaub mit Erscheinen der TRGS 906 als krebserzeugend K1 eingestuft wurde, ist der ursprüngliche Arbeitsplatzgrenzwert von 0,15 mg/m³ nicht mehr rechtsgültig.

REACH / CLP - Informationspflicht zu SVHC

Flüssige, pastöse, pulvrige Bauprodukte oder deren Ausgangsstoffe (z.B. Dichtmassen, Klebstoffe, Beschichtungen, Farben, Mörtel + Estriche, Schüttungen, Frischbeton, Betonzusatzmittel, Bindemittel, Kunststoffe usw.) werden als Gemisch eingestuft.
Bauprodukte wie z.B. Bauplatten, Bodenbeläge, Dämmstoffe, Mauersteine, Betonfertigteile oder Verglasungen werden als Erzeugnis eingestuft.

Die europäische Chemikalienverordnung REACH unterscheidet Produkte in Stoffe, Gemische und Erzeugnisse. Zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, dient die CLP-Verordnung (Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen), um ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu gewährleisten.

Wird ein Produkt als Stoff oder Gemisch eingestuft, ist für Informationen zu Gefahrstoffen und Einstufungen nach CLP ein Sicherheitsdatenblatt (SDB) erforderlich. Produkt bezogene Informationen gemäß CLP-Verordnung (z.B. Nachweis gefährliche Stoffe, Nachweis besonders besorgniserregender Stoffe SVHC >=  0,1 Gew.-%) müssen hierfür in den Sicherheitsdatenblättern (SDB) der jeweiligen Produkte ausgewiesen sein.

Wird ein Produkt nicht als Stoff oder Gemisch, sondern als Erzeugnis eingestuft, ist kein Sicherheitsdatenblatt (SDB) erforderlich und Gefahrstoffbezeichnungen entfallen. Lediglich besonders besorgniserregende Stoffe (SVHC) > 0,1 Gew.-% müssen ausgewiesen werden. Für diese Informationen besteht eine Auskunftspflicht. Sie müssen für Erzeugnisse aber nicht in Form eines Sicherheitsdatenblattes gegeben werden. Für Verbraucher muss die Informationsweitergabe auch nur auf Anfrage beim Hersteller erfolgen. Informationen und Unterstützung zu den Auskunftsrechten findet man beim Umweltbundesamt / REACH / Auskunftspflichten.

Einstufungen und Gesundheitsgefahren nach GISBAU

Das Gefahrstoff-Informationssystem der Berufsgenossenschaft BAU (GISBAU) enthält keine GISCODE-Einstufung für Lehmbaustoffe. Informationen zu „Tätigkeiten mit quarzhaltigen mineralischen Stäuben“ sind unter www.wingis-online.de, Bau-Bereich „Hochbau“ zu finden.

Emissionen

Aus Lehmbaustoffen emittieren - mit Ausnahme von Staub (siehe Rubrik „AGW“) - auch bei der Bearbeitung keine gesundheitsgefährdenden Substanzen.

Umweltrelevante Informationen

Umwelt- und gesundheitsrelevante Beeinträchtigungen sind nicht bekannt.

Der Energiebedarf für die Verarbeitung ist vernachlässigbar (ev. für Vermengen von Lehmmischungen, Lehmspritzen oder Anmischen von Mörtel).

Wassergefährdung

Von einer Wassergefährdung im Zusammenhang mit der Lehmbauverarbeitung ist nicht auszugehen.

Transport

Stampflehmwände sind üblicherweise lokal bzw. aus lokalen Rohstoffen produzierte Baustoffe und damit die Transportdistanzen gering. Bei der Produktion vor Ort kann idealer Weise auf geeignetes lokales Material zurückgegriffen werden.

Quellen

Dachverband Lehm e.V. (Hrsg): Lehmbau Regeln; Begriffe - Baustoffe - Bauteile; Franz Volhard; Ulrich Röhlen. Springer Vieweg. 3. überarb. Auflage 2009

Technische Regeln für Gefahrstoffe TRGS 559 „Mineralischer Staub“:

Technische Regeln für Gefahrstoffe TRGS 906 „Verzeichnis krebserzeugender Tätigkeiten oder Verfahren nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 GefStoffV.

BGIA-Report 8 /2006: Quarzexpositionen am Arbeitsplatz. Hrsg: Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaft (HVBG). (Online-Quelle), zuletzt abgerufen im September 2013

Stampflehmwände

Nutzung

Umwelt- und Gesundheitsrisiken Neuzustand

Schadstoffabgabe / Emissionen in den Innenraum

Stampflehm bestehen ausschließlich aus natürlichen Rohstoffen. Mit Emissionen von Schadstoffen in den Innenraum ist weder im Neuzustand noch während der Nutzungsphase zu rechnen.

Lehm hat eine sehr niedrige Gleichgewichtsfeuchte von 2 bis 4,5 Masse-%, kann aber deutlich mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Massive Lehmbauteile wie Stampflehmwände können dadurch größere Mengen an Feuchtigkeit speichern und damit zur Regulierung der Raumluftfeuchte beitragen.

Lehm kann Gerüche und flüchtige organische Verbindungen aus der Raumluft aufnehmen.

Schadstoffabgabe / Emissionen in den Außenraum

Stampflehm bestehen ausschließlich aus natürlichen Rohstoffen. Es ist mit keiner Schadstoffabgabe bzw. mit keinen Emissionen in den Außenraum zu rechnen.

Umwelt- und Gesundheitsrisiken bei bestimmungsgemäßer Nutzung

Schadstoffabgabe / Emissionen in den Innenraum

Stampflehm bestehen ausschließlich aus natürlichen Rohstoffen. Mit Emissionen von Schadstoffen in den Innenraum ist weder im Neuzustand noch während der Nutzungsphase zu rechnen.

Lehm hat eine sehr niedrige Gleichgewichtsfeuchte von 2 bis 4,5 Masse-%, kann aber deutlich mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Massive Lehmbauteile wie Stampflehmwände können dadurch größere Mengen an Feuchtigkeit speichern und damit zur Regulierung der Raumluftfeuchte beitragen.

Lehm kann Gerüche und flüchtige organische Verbindungen aus der Raumluft aufnehmen.

Schadstoffabgabe / Emissionen in den Außenraum

Es ist mit keiner Schadstoffabgabe bzw. mit keinen Emissionen in den Außenraum zu rechnen.

Umwelt- und Gesundheitsrisiken im Schadensfall

Brandfall

Im Brandfall entstehen keine toxischen Gase oder Dämpfe aus Lehmbaustoffen.

Wassereinwirkung

Es werden keine Stoffe ausgewaschen, die wassergefährdend sein können.

Beständigkeit Nutzungszustand

Unter der Rubrik Baustoff- und Gebäudedaten / Nutzungsdauern von Bauteilen findet sich auf dem Informationsportal Nachhaltiges Bauen eine Datenbank mit Nutzungsdauerangaben von ausgewählten Bauteilen des Hochbaus für den Leitfaden „Nachhaltiges Bauen“.
Datenbank als PDF

In der Bauproduktgruppe Tragende Außenwände wird für Lehmbauwände (Code Nr. 331.511) eine Nutzungsdauer von mindestens 50 Jahren angeführt.

Instandhaltung

Reparaturen von Lehmwänden müssen baustoffgerecht ausgeführt werden. Beschädigte Teile müssen vollständig herausgeschnitten und durch einen dem Bestand gleichartigen Lehmbaustoff ersetzt werden.

Quellen

Dachverband Lehm e.V. (Online Quelle)

Stampflehmwände

Nachnutzung

Umwelt- und Gesundheitsrisiko Rückbau

Beim Rückbau kann die Staubentwicklung ein Risiko für Mensch und Umwelt darstellen.

Wiederverwendung

Bei zerstörungsfreiem Ausbau ist die Wiederverwendung von Stampflehmwänden möglich.

Stoffliche Verwertung

Stampflehmwände können nach dem Ausbau durch Wasserzugabe wieder aufgeweicht und neu geformt werden. Wichtig ist eine sortenreine Trennung von störenden angrenzenden Schichten.

Anmerkung: Voraussetzung für die hervorragende Recyclingfähigkeit der Lehmbaustoffen ist, dass der Lehm wird nicht mit anderen Bindemitteln wie z.B. Zement vermengt wird. Die Zugabe anderer Bindemittel ist in der traditionellen Stampflehmbauweise in Mitteleuropa nicht üblich, ist aber immer wieder Forschungsgegenstand.

Energetische Verwertung

Nicht relevant

Beseitigung / Verhalten auf der Deponie

Abbruchmaterial aus Stampflehmwänden kann auf Inertstoffdeponie abgelagert werden, sofern die Zuordnungskriterien erfüllt sind. Bei Stampflehmwänden mit höherem Anteil an organischen Zuschlagstoffen muss vor der Deponierung ggf. eine Aufbereitung erfolgen.

EAK-Abfallschlüssel

Lehm oder Lehmbaustoffe sind Im EAK-Katalog nicht unmittelbar aufgeführt.

17 Bau- und Abbruchabfälle
17 07 01 gemischte Bau- und Abbruchabfälle