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Eisengusswerkstoffe – Temperguss

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Bei Temperguss handelt es sich um eine Eisen-Kohlenstoff-Silizium-Gusslegierung mit einem Stahlgefüge aus Ledeburit. Anders als die bisher betrachteten Eisengusswerkstoffe (Gusseisen mit Lamellengraphit und Gusseisen mit Kugelgraphit) erstarrt Temperguss graphitfrei. Erst durch eine anschließende Wärmebehandlung, die als Tempern bezeichnet wird und von welcher der Temperguss seinen Namen hat, wird die Gefügeumwandlung des Zementits ausgelöst. Nach einer langen Glühzeit zerfällt der Zementit und Graphit, der als Temperkohle bezeichnet wird, wird freigesetzt. Bei Temperguss unterscheidet man zwischen weißem und schwarzem Temperguss, was auf das Aussehen der Bruchfläche zurückzuführen ist.

Tempern

Wie bereits erwähnt kommt es bei Temperguss erst durch eine nachträgliche Wärmebehandlung zur Ausscheidung der Graphiteinlagerungen. Diese Wärmebehandlung wird als Tempern bezeichnet und ist ein besonderes Glühverfahren.

Es existieren zwei Verfahren:
a) Die entkohlende Glühung, bei der die Rohgussteile über 50 bis 80 Stunden bei ca. 1050°C in entkohlender Atmosphäre geglüht werden. Bei dieser Wärmebehandlung entsteht weißer Temperguss (da entkohlt).
b) Die Glühung in neutraler Atmosphäre, bei der die Rohgussteile ca. 30 Stunden bei ca. 950°C unter Schutzgas geglüht werden. Bei dieser Wärmebehandlung entsteht schwarzer Temperguss.

Eigenschaften von Temperguss

Temperguss besitzt besser mechanische Eigenschaften als Gusseisen mit Lamellengraphit, da seine Graphiteinlagerungen keine Kerbwirkung wie die Lamellen besitzen. Beim Temperguss liegen die Graphiteinlagerungen rundlich, nestförmig vor. Temperguss eignet sich besonders gut für dünnwandige Kleinteile, die stoßfest und zäh sein müssen. Er besitzt eine bessere Gießbarkeit als Stahl und eine höhere Zähigkeit als Gusseisen mit Lamellengraphit.

Bei den Eigenschaften von Temperguss gibt es Unterschiede zwischen Weißen und Schwarzen Temperguss:

a) Weißer Temperguss

Mit weißem Temperguss lassen sich kleine Bauteile (bis ca. 100kg) mit geringen Wandstärken (ca. 20 bis 30mm) herstellen. In den Randzonen bildet sich – bedingt durch das Tempern – ein ferritisches Gefüge, da hier Kohlenstoff entzogen wird. Dies führt zu dem Effekt, dass die Zugfestigkeit von Temperguss wandstärkenabhängig ist, da sich das Ferritgefüge bei sehr dünnwandigen Teilen über den gesamten Querschnitt erstreckt, während bei höheren Wandstärken der Perlitanteil zunimmt.

Vorteile von Weißem Temperguss:
•    gute Bruchdehnung (wanddickenabhängig)
•    gute Zugfestigkeit (wanddickenabhängig)
•    gute Schwingfestigkeit
•    gut schmiedbar, verformbar
•    hohe Zähigkeit
•    gut zerspanbar
•    gutes Schweißverhalten
•    gut verzinkbar
•    hohe Oberflächengüte
•    gute Korrosionsbeständigkeit (durch Oxidschichten an der Randzone)
•    thermochemisch härtbar (Einsatzhärten)

Nachteile von Weißem Temperguss:
•    keine großen dickwandigen Teile herstellbar
•    Zugfestigkeit ist wandstärkenabhängig

a) Schwarzer Temperguss

Im Allgemeinen besitzt Schwarzer Temperguss ähnliche Eigenschaften wie der Weiße Temperguss, allerdings ist er leichter zerspanbar, härtbar, vergütbar und oberflächenhärtbar. Außerdem kann man mit ihm auch dickwandige Bauteile herstellen.

Vorteile von Schwarzem Temperguss:
•    dickwandige Teile herstellbar
•    besser zerspanbar als weißer Temperguss
•    besser härtbar als weißer Temperguss
•    besser vergütbar als weißer Temperguss
•    besser oberflächenhärtbar als weißer Temperguss

Einsatzgebiete für Temperguss

Mit Temperguss können vor allem relativ dünnwandige und kleine Teile gegossen werden, da die Schmelze graphitfrei erstarrt.

Typische Einsatzgebiete für Temperguss:
•    Kraftfahrzeugindustrie (z.B. Fahrwerks- und Lenkungsteile)
•    Maschinenbau
•    Rohrverbindungstechnik (z.B. Fittings und Armaturen)
•    Bauteile für die Elektroindustrie aufgrund der thermischen, elektrischen und magnetischen Eigenschaften
•    tragende Elemente von Hochspannungs- und Freileitungen
•    Schalt-, Steuer- und Getriebeelemente im Maschinen- und Landmaschinenbau
•    Herstellung von Schlössern und Beschlägen

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Bezeichnungssystem für Temperguss

a) Weißer Temperguss

Die Bezeichnung nach der aktuellen Norm DIN EN 1562 für Weißen Temperguss lautet (EN-) GJMW. Dabei steht GJ für Gusseisen, M für malleable cast iron = Glüheisen und W für white/weiß. Die alte und noch häufig verwendet Bezeichnung nach DIN 1692 lautet GTW.
Hinter der Bezeichnung werden die Mindestzugfestigkeit und teilweise auch die Bruchdehnung angegeben. Außerdem kann auch die chemische Zusammensetzung angegeben werden.

Beispiel:

EN-GJMW-350-04
=> Mindestzugfestigkeit Rm = 350 N/mm2, Bruchdehnung A = 4 %

b) Schwarzer Temperguss

Die aktuelle Bezeichnung für Schwarzen Temperguss nach DIN EN 1562 lautet (EN-) GJMB, wobei GJ für Gusseisen steht, M für malleable cast iron = Glüheisen und B für black (schwarz). Die alte und noch häufig verwendet Bezeichnung nach DIN 1692 lautet GTS.

Beispiel:

EN-GJMB-400-05
=> Mindestzugfestigkeit Rm = 400 N/mm2, Bruchdehnung A = 5 %

Werkstoff-Tabellen

Es folgen zwei Tabellen mit unterschiedlichen Sorten von Temperguss, ihren Eigenschaften und Kennzahlen. Dabei wird wieder zwischen Weißem und Schwarzem Temperguss unterschieden.

a) Weißer Temperguss

Werkstoff-Bezeichnung
nach DIN EN 1562
EN-GJMW-350-04 EN-GJMW-400-05 EN-GJMW-450-07 EN-GJMW-550-04 EN-GJMW-360-12
Werkstoff-Bezeichnung
nach DIN EN 1692
GTW-35-04 GTW40-05 GTW-45-07 GTW-55-04
GTW-S 38-12
Werkstoffnummer
nach DIN EN 1562
EN-JM1010 EN-JM1030 EN-JM1040 EN-JM1050 EN-JM1020
Zugfestigkeit Rm
[N/mm2]
 350  400 450 550 360
0.2%-Streckgrenze Rp0.2 [N/mm2] -  220 260 340 190
Bruchdehnung A
[%]
 4 5  7  4  12
Brinellhärte HB 30 230 220 250 250 200
Eigenschaften gut gießbar und gut für spanende Bearbeitung geeignet zum Schweißen geeignet


Quelle: Tabellenbuch Metall, Juni 2011, Ulrich Fischer*

b) Schwarzer Temperguss

Werkstoff-Bezeichnung
nach DIN EN 1562
EN-GJMB-300-06 EN-GJMB-350-10 EN-GJMB-450-06 EN-GJMB-500-05 EN-GJMB-550-04 EN-GJMB-600-03 EN-GJMB-650-02 EN-GJMB-700-02 EN-GJMB-800-01
Werkstoff-Bezeichnung
nach DIN EN 1692
GTS-30-06
GTS-35-10 GTS-45-06 GTS-0-05 GTS-55-04 GTS-60-03 GTS-65-02 GTS-70-02 GTS-80-01
Werkstoffnummer
nach DIN EN 1562
EN-JM1110 EN-JM1130 EN-JM1140 EN-JM1150 EN-JM1160 EN-JM1170 EN-JM1180 EN-JM1190 EN-JM1200
Zugfestigkeit Rm
[N/mm2]
300 350 450 500 550 600 650 700 800
0.2%-Streckgrenze Rp0.2 [N/mm2] - 200 270 300 340 390 430  530 600
Bruchdehnung A
[%]
 6 10 6 5 4 3 2 2 1
Brinellhärte HB 30 bis 150 bis 150 150 - 200 165 - 215 180 - 230 195 - 245 210 - 260 240 - 290 270 - 320


Quelle: Tabellenbuch Metall, Juni 2011, Ulrich Fischer*

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