DecaBDE - Decabromdiphenylether

Überblick

Decabromdiphenylether (DecaBDE) wird als Flammschutzmittel in Kunststoffen wie Polyethylen, Polypropylen, ungesättigten Estern und Polybutylenterephthalat für elektronische Geräte, Fahrzeuge, Polstermöbel und in der Bauchemie eingesetzt.

DecaBDE ist ein Diphenylether, der wegen seiner langen Halbwertszeit von über 180 Tagen als persistenter Stoff identifiziert und seit 19.12.2012 als SVHC eingestuft ist und in die Kandidatenliste der Zulassungspflichtigen Stoffe aufgenommen wurde.

DecaBDE kommt mittlerweile ebenfalls in allen Umweltkompartimenten wie Luft, Wasser, Boden und Sedimenten vor. Unter UV-Licht zerfällt DecaBDE in OctaBDE und PentaBDE, zwei Substanzen, die ebenfalls hoch toxisch sind. Das Inverkehrbringen von diesen beiden Stoffen ist in der EU bereits seit 2004 verboten.

Eine weitestgehende Beschränkung der Produktion und Verwendung von DecaBDE in der EU steht derzeit zur Diskussion.

Chemische, toxikologische und umweltgefährliche Eigenschaften

   
 

Charakterisierung und chemische Eigenschaften. Inhalt aufklappen

 

DecaBDE wird wissenschaftlich eindeutig identifiziert über die CAS-Nummer 1163-19-5. Es ist ein Diphenylether, das heißt die 2 Benzolringe sind über eine Sauerstoffbrücke miteinander verknüpft. Alle Wasserstoffatome beider Benzolringe sind durch Bromatome besetzt.

Abb.3: Strukturformel DecaBDE 

Abbildung 3: Strukturformel DecaBDE
 

Toxikologische und umweltgefährliche Eigenschaften. Inhalt aufklappen

 

DecaBDE kommt mittlerweile ebenfalls in allen Umweltkompartimenten wie Luft, Wasser, Boden und Sedimenten vor. In der vom WWF 2004 durchgeführten Studie konnte DecaBDE auch im Blut der EU-Parlamentarier nachgewiesen werden. Ebenfalls kann es in Hausstaub und im Klärschlamm nachgewiesen werden.

Wegen seiner Halbwertszeit von über 180 Tagen ist DecaBDE als persistenter Stoff identifiziert und seit 19.12.2012 als SVHC eingestuft.
Unter UV-Licht zerfällt DecaBDE in OctaBDE und PentaBDE, zwei Substanzen, die ebenfalls hoch toxisch sind: OctaBDE ist nach der CLP mindestens mit Repr. 1B H360Df (Kann das Kind im Mutterleib schädigen. Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.) einzustufen, PentaBDE mit Lact. H362 (Kann Säuglinge über die Muttermilch schädigen.), STOT RE 2 H373 (Kann die Organe schädigen bei längerer oder wiederholter Exposition), Aquatic Acute 1 H400 (Sehr giftig für Wasserorganismen.), Aquatic Chronic 1 H410 (Sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung.). Das Inverkehrbringen von beiden Stoffen ist in der EU bereits seit 2004 verboten.

In Flammschutzmitteln aus Decabromdiphenylether wird Antimontrioxid als Synergist eingesetzt, das in die Gefahrenklasse Carc. 2, H351 (Kann vermutlich Krebs erzeugen) eingestuft ist.

Viele wissenschaftliche Studien sind sich darin einig, dass DecaBDE neurotoxisch in der Embryonalentwicklung wirkt.

Rechtliche Einstufung von DecaBDE

   
 

CLP-Verordnung - Einstufung und Kennzeichnung von DecaBDE. Inhalt aufklappen

 

Es gibt derzeit keine harmonisierte Kennzeichnungspflicht für DecaBDE. Hersteller und Händler sind aber verpflichtet in Form einer Recherche zu eruieren, wie andere Hersteller oder Händler diese Substanz einstufen. Dabei hilft ihnen die Datenbank der ECHA. Für den Anwender ist jedenfalls die Einstufung der Zerfallsprodukte hoch interessant, weshalb diese hier noch einmal abgebildet werden.

 

Gefahrenklasse Gefahren Code  Wortlaut Gefahrenhinweis - OctaBDE
Repr. 1B H360Df Kann das Kind im Mutterleib schädigen. Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.
Tabelle 3: Harmonisierte Mindesteinstufung von OctaBDE, einem Zerfallsprodukt von DecaBDE, nach der CLP Verordnung
 
Gefahrenklasse Gefahren Code  Wortlaut Gefahrenhinweis - PentaBDE
Lact. H362 Kann Säuglinge über die Muttermilch schädigen.
STOT RE 2 H373 Kann die Organe schädigen (alle betroffenen Organe nennen, sofern bekannt) bei längerer oder wiederholter Exposition (Expositionsweg angeben, wenn schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht).
Aquatic Acute 1 H400 Sehr giftig für Wasserorganismen.
Aquatic Chronic 1 H410 Sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung.
Tabelle 4: Harmonisierte Mindesteinstufung von PentaBDE, einem Zerfallsprodukt von DecaBDE, nach der CLP Verordnung
 

REACH - Die europäische Chemikalienverordnung - zu DecaBDE. Inhalt aufklappen

 

DecaBDE wurde am 19.12.20012 wegen seiner Eigenschaften als PBT-Stoff (persistent, bioakkumulativ und toxisch) und als vPvB-Stoff (sehr persistent und sehr bioakkumulativ) als SVHC identifiziert und in die Kandidatenliste der Zulassungspflichtigen Stoffe aufgenommen.

Die ECHA hat am 1.8.2014 einen Antrag auf eine weitestgehende Beschränkung der Produktion und Verwendung von DecaBDE gestellt, da freiwillige Maßnahmen der Industrie keine messbare Wirkung gezeigt haben. Die öffentliche Befragung dazu ist am 17.8.2015 zu Ende gegangen. Der aktuelle Stand des Beschränkungsverfahrens kann auf der Website der ECHA eingesehen werden.

 

POP - Stockholmkonvention - zu DecaBDE. Inhalt aufklappen

 

Am 2.5.2013 reichte Norwegen den Antrag ein, DecaBDE in die Liste der POPs aufzunehmen. Um Arbeit zu sparen haben die ECHA und die Stockholmkonvention beschlossen, in diesem Fall koordiniert vorzugehen, sodass einmal gewonnene Erkenntnisse beiden Gesetzgebungsorganen zur Verfügung stehen.

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Auszug aus:
SVHC am Beispiel von Flammschutzmitteln in Bauprodukten (in WECOBIS: "Flammschutzmittel in Bauprodukten"), IBO Österreichisches Institut für Bauen und Ökologie GmbH,
Dr. Caroline Thurner, Mag. Hildegund Mötzl, erstellt im Auftrag der Bayerischen Architektenkammer, 2015

Inhaltsverzeichnis

Flammschutzmittel in Bauprodukten

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Rechtliche Grundlagen der Europäischen Chemikalienpolitik

Erläuterung der wichtigsten Begriffe der europäischen Chemikalienpolitik

  • REACH - Die europäische Chemikalienverordnung
  • ECHA - Die Europäische Chemikalien Agentur
  • GHS - Das global harmonisierte System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien der Vereinten Nationen
  • CLP - Die Verordnung, die die Umsetzung des GHS in Europa regelt
  • POP - Stockholmkonvention - Ein internationales Übereinkommen, das zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt die Produktion, Verwendung und Freisetzung von persistenten (hartnäckigen) organischen Schadstoffen (POP, persistent organic pollutants) weltweit einschränken oder, wenn nötig, sogar beenden soll.

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Besonders besorgniserregende Stoffe - substances of very high concern (SVHC)

Was sind besonders besorgniserregende Stoffe (SVHC) und welche Folgen hat die Einstufung eines Stoffes als SVHC?

SVHCs sind besonders besorgniserregende Stoffe (substances of very high concern), die am europäischen Markt nach und nach durch andere, weniger gefährliche Stoffe ersetzt werden sollen.
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Flammschutzmittel mit besonders besorgniserregenden Eigenschaften in Bauprodukten

Ausführliche Erläuterungen zu Einsatzbereich, Charakterisierung, chemischen Eigenschaften und rechtlicher Einstufung

  • Hexabromcyclodekan (HBCDD oder meistens verkürzt HBCD)

HBCD fand über Jahrzehnte hinweg breite Anwendung als Brandschutzmittel in Kunststoffen aus Styrol und in expandierten und extrudierten Polystyrol-Hartschäumen (EPS und XPS), HIPS-Gehäusen, Textilien und Polstermöbeln. ... Obwohl HBCD bereits 2013 von der Stockholmkonvention in die Liste der POPs aufgenommen wurde, war in Europa bis zum 21.8.2015 die Herstellung und Verwendung uneingeschränkt erlaubt. Seither darf HBCD nur noch in expandierten Polystyrol-Hartschäumen (EPS) zur Wärmedämmung von Gebäuden verwendet werden und nur dann, wenn der Hersteller eine vorläufige Zulassung der Europäischen Kommission bis 21.8.2019 erwirkt hat.
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  • Tris(2-chlorehyl)phosphat (TCEP)

TCEP wird sowohl als Weichmacher und Viskositätsregulator als auch als Flammschutzmittel in Schäumen, Polyestern und anderen Polymeren, wie Polyurethanen, PVC und Poliisocyanuraten eingesetzt. Diese Polymere werden in so unterschiedlichen und alle Lebensbereiche umfassenden Produkten verwendet wie Textilien, Pölstern, Matratzen, Tapeten, Teppichen, Autos, Möbeln, Lacken, Wärmedämmungen, Dichtungsschäumen, flammschützenden Beschichtungen. ... Seit 21.8.2015 darf TCEP in der EU ausnahmslos nicht mehr produziert und in Umlauf gebracht werden.
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  • Decabromdiphenylether (DecaBDE)

Decabromdiphenylether (DecaBDE) wird als Flammschutzmittel in Kunststoffen wie Polyethylen, Polypropylen, ungesättigten Estern und Polybutylenterephthalat für elektronische Geräte, Fahrzeuge, Polstermöbel und in der Bauchemie eingesetzt. ... Eine weitestgehende Beschränkung der Produktion und Verwendung von DecaBDE in der EU steht derzeit zur Diskussion.
... → siehe oben

  • Kurzkettige Chlorparaffine (short chained chlorinated paraffins SCCP)

SCCP (Short Chained Chlorinated Paraffins) – kurzkettige Chlorparaffine - werden auch chlorierte Paraffine genannt. Sie werden hauptsächlich in Kunststoffen als Weichmacher oder wegen ihrer flammhemmenden Wirkung eingesetzt. Sie werden Fugendichtmassen, Gummi oder Papier zugegeben und als Fettungsmittel in Leder und Pelz eingesetzt. ... SCCP können vermutlich Krebs erzeugen (Carc. 2, H351) und sind sehr giftig für Wasserorganismen (H400, H401). 2008 wurden SCCP aufgrund ihrer Eigenschaften als PBT und vPvB als SVHC eingestuft und in die Kandidatenliste für eine Zulassung aufgenommen. Über die Aufnahme von SCCP als POP in den Anhang A, B oder C der Stockholmkonvention konnte bisher noch keine endgültige Entscheidung getroffen werden.
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  • Borate

Als Borate bezeichnet man die Salze aber auch die Ester der Borsäure. ... 2010 wurden Borsäure und Borax von der europäischen Kommission wegen ihrer reproduktionstoxischen (fortpflanzungsgefährdenden) Wirkung als SVHC eingestuft. ... Borsalze werden in einigen Dämmstoffen aus Pflanzen- und Zellulosefasern eingesetzt.
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Maßnahmen im Baubereich

  • Welche Bauproduktgruppen enthalten Flammschutzmittel (FSM), die als besonders besorgniserregende Stoffe (SVHC) eingestuft sind?
  • Gibt es Alternativen zu den besonders besorgniserregenden FSM?
  • Wie kann ich erkennen, ob ein Produkt SVHC enthält?
  • Wie kann ich Produkte mit SVHC vermeiden?
  • Was ist beim Recycling von Produkten mit SVHC zu beachten?

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Quellen, Literatur und Links

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