SVHC - besonders besorgniserregende Stoffe

Begriffsdefinition

SVHCs sind besonders besorgniserregende Stoffe (substances of very high concern), die am europäischen Markt nach und nach durch andere, weniger gefährliche Stoffe ersetzt werden sollen. Die REACH-Verordnung definiert solche Stoffe folgedermaßen:

  • Stoffe, die laut der CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 als krebserzeugend (cancerogen) oder erbgutverändernd (mutagen) oder fortpflanzungsgefährdend (reproduktionstoxisch) der Kategorien 1A oder 1B einzustufen sind (CMR-Stoffe)
  • Stoffe, die nach den Kriterien des Anhangs XIII der REACH-Verordnung persistent und bioakkumulierbar und toxisch sind (PBT-Stoffe)
  • Stoffe, die nach den Kriterien des Anhangs XIII der REACH-Verordnung sehr (very) persistent und sehr (very) bioakkumulierbar sind (vPvB-Stoffe)
  • Stoffe, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit oder auf die Umwelt haben, die aber nicht den oben genannten Gruppen zugeordnet werden können – z. B. endokrin wirksame Stoffe

Folgen der Einstufung als SVHC

Um die Gefahren und Risiken von Stoffen, die als SVHC identifiziert worden sind, einzudämmen, werden diese Stoffe einem Zulassungsverfahren unterworfen. Ziel einer solchen Zulassung ist es, besonders besorgniserregende Stoffe durch Alternativstoffe schrittweise zu ersetzen.

Zunächst kommen diese Stoffe auf die Kandidatenliste für Anhang XIV der REACH-Verordnung. In einem weiteren Schritt werden die Stoffe der Kandidatenliste nach der Dringlichkeit einer Zulassung gereiht. Dabei geht das Komitee nach folgenden Kriterien vor:

  • Besorgniserregende Eigenschaften wie PBT, vPvB, CMR
  • Exposition und Verbreitungspotential über den Globus
  • die registrierte Gesamtproduktionsmenge (aus der Summe aller Registranden)

Die Aufnahme in die Kandidatenliste gilt als Einstufung als SVHC und bringt bereits einige Verpflichtungen mit sich. Diese gelten nicht nur für die reinen Stoffe selbst oder in Gemischen, sondern auch für ihr Vorhandensein in Produkten.

Ab dem Datum der Aufnahme eines Stoffes in die Kandidatenliste müssen Hersteller von Artikeln, die mehr als 0,1 Gew% eines SVHCs enthalten, die Konsumenten mit ausreichender Information über eine sichere Anwendung des Produktes informieren. Dies gilt aber nur auf Anfrage des Konsumenten. Spätestens 45 Tage nach Stellen der Anfrage muss diese Information dem Konsumenten zur Verfügung gestellt werden.

Die Hersteller müssen die ECHA darüber informieren, dass ihr Produkt ein SVHC enthält, wenn dieses mit über 0,1 Gew% darin enthalten ist und pro Jahr mehr als 1 Tonne für die Produktion dieses Artikels aufgebracht werden muss. Diese Meldung an die ECHA entfällt, wenn der Hersteller oder Importeur ausschließen kann, dass Menschen und Umwelt während des Gebrauchs des Artikels dem Stoff exponiert sind. Der Hersteller oder Importeur muss dafür geeignete Gebrauchsanweisungen zur Verfügung stellen.

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Auszug aus:
SVHC am Beispiel von Flammschutzmitteln in Bauprodukten (in WECOBIS: "Flammschutzmittel in Bauprodukten"), IBO Österreichisches Institut für Bauen und Ökologie GmbH,
Dr. Caroline Thurner, Mag. Hildegund Mötzl, erstellt im Auftrag der Bayerischen Architektenkammer, 2015

Inhaltsverzeichnis

Flammschutzmittel in Bauprodukten

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Rechtliche Grundlagen der Europäischen Chemikalienpolitik

Erläuterung der wichtigsten Begriffe der europäischen Chemikalienpolitik

  • REACH - Die europäische Chemikalienverordnung
  • ECHA - Die Europäische Chemikalien Agentur
  • GHS - Das global harmonisierte System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien der Vereinten Nationen
  • CLP - Die Verordnung, die die Umsetzung des GHS in Europa regelt
  • POP - Stockholmkonvention - Ein internationales Übereinkommen, das zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt die Produktion, Verwendung und Freisetzung von persistenten (hartnäckigen) organischen Schadstoffen (POP, persistent organic pollutants) weltweit einschränken oder, wenn nötig, sogar beenden soll.

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Besonders besorgniserregende Stoffe - substances of very high concern (SVHC)

Was sind besonders besorgniserregende Stoffe (SVHC) und welche Folgen hat die Einstufung eines Stoffes als SVHC?

SVHCs sind besonders besorgniserregende Stoffe (substances of very high concern), die am europäischen Markt nach und nach durch andere, weniger gefährliche Stoffe ersetzt werden sollen.
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Flammschutzmittel mit besonders besorgniserregenden Eigenschaften in Bauprodukten

Ausführliche Erläuterungen zu Einsatzbereich, Charakterisierung, chemischen Eigenschaften und rechtlicher Einstufung

  • Hexabromcyclodekan (HBCDD oder meistens verkürzt HBCD)

HBCD fand über Jahrzehnte hinweg breite Anwendung als Brandschutzmittel in Kunststoffen aus Styrol und in expandierten und extrudierten Polystyrol-Hartschäumen (EPS und XPS), HIPS-Gehäusen, Textilien und Polstermöbeln. ... Obwohl HBCD bereits 2013 von der Stockholmkonvention in die Liste der POPs aufgenommen wurde, war in Europa bis zum 21.8.2015 die Herstellung und Verwendung uneingeschränkt erlaubt. Seither darf HBCD nur noch in expandierten Polystyrol-Hartschäumen (EPS) zur Wärmedämmung von Gebäuden verwendet werden und nur dann, wenn der Hersteller eine vorläufige Zulassung der Europäischen Kommission bis 21.8.2019 erwirkt hat.
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  • Tris(2-chlorehyl)phosphat (TCEP)

TCEP wird sowohl als Weichmacher und Viskositätsregulator als auch als Flammschutzmittel in Schäumen, Polyestern und anderen Polymeren, wie Polyurethanen, PVC und Poliisocyanuraten eingesetzt. Diese Polymere werden in so unterschiedlichen und alle Lebensbereiche umfassenden Produkten verwendet wie Textilien, Pölstern, Matratzen, Tapeten, Teppichen, Autos, Möbeln, Lacken, Wärmedämmungen, Dichtungsschäumen, flammschützenden Beschichtungen. ... Seit 21.8.2015 darf TCEP in der EU ausnahmslos nicht mehr produziert und in Umlauf gebracht werden.
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  • Decabromdiphenylether (DecaBDE)

Decabromdiphenylether (DecaBDE) wird als Flammschutzmittel in Kunststoffen wie Polyethylen, Polypropylen, ungesättigten Estern und Polybutylenterephthalat für elektronische Geräte, Fahrzeuge, Polstermöbel und in der Bauchemie eingesetzt. ... Eine weitestgehende Beschränkung der Produktion und Verwendung von DecaBDE in der EU steht derzeit zur Diskussion.
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  • Kurzkettige Chlorparaffine (short chained chlorinated paraffins SCCP)

SCCP (Short Chained Chlorinated Paraffins) – kurzkettige Chlorparaffine - werden auch chlorierte Paraffine genannt. Sie werden hauptsächlich in Kunststoffen als Weichmacher oder wegen ihrer flammhemmenden Wirkung eingesetzt. Sie werden Fugendichtmassen, Gummi oder Papier zugegeben und als Fettungsmittel in Leder und Pelz eingesetzt. ... SCCP können vermutlich Krebs erzeugen (Carc. 2, H351) und sind sehr giftig für Wasserorganismen (H400, H401). 2008 wurden SCCP aufgrund ihrer Eigenschaften als PBT und vPvB als SVHC eingestuft und in die Kandidatenliste für eine Zulassung aufgenommen. Über die Aufnahme von SCCP als POP in den Anhang A, B oder C der Stockholmkonvention konnte bisher noch keine endgültige Entscheidung getroffen werden.
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  • Borate

Als Borate bezeichnet man die Salze aber auch die Ester der Borsäure. ... 2010 wurden Borsäure und Borax von der europäischen Kommission wegen ihrer reproduktionstoxischen (fortpflanzungsgefährdenden) Wirkung als SVHC eingestuft. ... Borsalze werden in einigen Dämmstoffen aus Pflanzen- und Zellulosefasern eingesetzt.
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Maßnahmen im Baubereich

  • Welche Bauproduktgruppen enthalten Flammschutzmittel (FSM), die als besonders besorgniserregende Stoffe (SVHC) eingestuft sind?
  • Gibt es Alternativen zu den besonders besorgniserregenden FSM?
  • Wie kann ich erkennen, ob ein Produkt SVHC enthält?
  • Wie kann ich Produkte mit SVHC vermeiden?
  • Was ist beim Recycling von Produkten mit SVHC zu beachten?

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Quellen, Literatur und Links

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