Fachartikel in WECOBIS - Praxisbericht Innenraumluftmessung - Gesamttext

erstellt im Auftrag der Bayerischen Architektenkammer, 2016


 

Praxisbericht Innenraumluftmessung

Daniel Savi, Dipl. Umweltnaturwissenschafter ETH, Büro für Umweltchemie, Zürich
2016

 

Inhaltsverzeichnis

1 - Nutzen einer Raumluftmessung

2 - Was können wir im Innenraum messen?

3 - TVOC, VOC, Formaldehyd - Zoo der Moleküle

4 - Woher stammen die Stoffe in der Luft?

4.1 - Unsere eigenen Abgase

4.2 - Spurengase aus Bauprodukten

5 - Immissionsmessung vs. Emissionsquellen?

5.1 - Wie kommen wir von der Messung zu den Quellen?

5.2 - Emissionsrate

5.3 - Luftwechsel und Belegungsdichte

6 - Kriterium Innenraumlufthygiene im BNB

6.1 - Flüchtige organische und geruchsaktive Stoffe sowie Formaldehyd

6.2 - Personenbezogene Lüftungsrate

7 - Wie läuft eine Raumluftmessung ab?

7.1 - Vorbereitung der Raumluftemessung auf VOC und Formaldehyde

7.2 - Messung der VOC und von Formaldehyd nach ISO-16000

8 - Quellensuche und Maßnahmen

9 - Weiterführende Literatur

10 - Bildquellen

 

1 - Nutzen einer Raumluftmessung

Die Luft ist das am wenigsten durch unsere Sinne zugängliche Lebensmittel. Wir können sie nicht sehen oder fassen und wenn wir sie riechen, dann ist die Luft nur der Träger für die Duftstoffe. Gleichzeitig ist die Luft das elementarste Gut für unsere Lebensprozesse. Ohne Luft überstehen wir kaum mehr als drei Minuten.

Alltagsluft ist ein Cocktail aus hunderten von Stoffen, von welchen wir die meisten nicht einmal benennen können. Nur mit aufwändigen Messverfahren können wir mehr über dieses Gemisch erfahren. Im Innenraum wird es bestimmt durch die Ausgasungen der Baustoffe, unsere eigenen Ausdünstungen und die von außen eingetragenen Gase.

Die Innenraumluft ist also zu einem Teil geplante und in Bauvorhaben in gewissem Masse planbare Luft. Eine Raumluftmessung zum Abschluss einer Baumaßnahme hilft, den Einfluss unserer Planung auf die Luft zu erkennen und die Erreichung von Zielen zu dokumentieren. In der Praxis genauso wichtig ist der Einfluss der Raumluftmessung auf die Psyche der Verantwortlichen am Bau. Das Wissen darum, dass die Luftqualität am Ende geprüft wird, sorgt dafür, dass die gewünschte Materialwahl ernst genommen und planungsgemäß umgesetzt wird.

Eine Raumluftmessung sorgt bei Vielen als unbekanntes Instrument für Verunsicherung. Was wird gemessen? Wie muss eine solche Messung vorbereitet werden? Wie soll mit den Messresultaten umgegangen werden? Der vorliegende Artikel spürt diesen Fragen nach und gibt soweit möglich Antworten darauf.

 

2 - Was können wir im Innenraum messen?

Im Naturkundeunterricht war es noch einfach, die Luft bestehe hauptsächlich aus Stickstoff und Sauerstoff, dazu komme Argon und Kohlendioxid. Somit seien schon über 99.9 % der Zusammensetzung der Luft erklärt und den Rest könne man getrost vergessen. Wie so oft ist die Wirklichkeit etwas komplexer. Die Schulzusammensetzung vernachlässigt bereits den Wasserdampf, der je nach Temperatur und Luftfeuchtigkeit bis zu 4 % der Atemluft ausmachen kann. Sämtliche Schadstoffe der Luft wirken bereits bei sehr niedrigen Konzentrationen im Bereich von Milligramm bis Mikrogramm pro Kubikmeter, was einem Konzentrationsbereich von Millionstel (ppm) bis Milliardstel Teilen (ppb) entspricht. Diese Verhältnisse sind in Abbildung 1 anschaulich dargestellt.


Abbildung 1: Stoffanteile an der Innenraumluft bei hohem Gehalt an CO2 und Fremdstoffen

Wenn von der Qualität der Raumluft gesprochen wird, können damit verschiedene Dinge gemeint sein. Oft sind Mitarbeiter in einem Büro krank oder klagen über Kopfschmerzen, wenn die Luft zu trocken oder der Kohlendioxidgehalt zu hoch ist. Beide Parameter lassen sich mit günstigen Messgeräten kontinuierlich messen und sollten bestimmt werden, bevor eine aufwändige Schadstoffsuche angegangen wird.

Wenn die Stoffkonzentrationen in der Raumluft gemessen werden sollen, besteht eine wesentliche Schwierigkeit darin, dass die interessierenden Schadstoffe in sehr geringen Konzentrationen vorliegen. Es sind also sehr sensible Analyseverfahren gefordert. Diese Anforderung hat im Wesentlichen zwei Auswirkungen auf die verfügbaren Messverfahren: Es können nur Punktmessungen vorgenommen werden und eine Probe­nahme dauert relativ lange, im Bereich von einer halben bis zu einer ganzen Stunde.

Eine weitere Einschränkung ergibt sich daraus, dass der Begriff der VOC die Stoffgruppe der flüchtigen organischen Stoffe beschreibt, die unzählige Verbindungen umfasst. Zudem existieren auch weitere gasförmige Stoffe, welche die Gesundheit des Menschen beeinflussen können und nicht zu den VOC gehören. Diese werden durch den Summenparameter TVOC nicht erfasst.

 

3 - TVOC, VOC, Formaldehyd – Zoo der Moleküle

Als Maß für die Raumluftqualität wird oft der TVOC-Wert verwendet. Dieser bezeichnet die Summenkonzentration aller flüchtigen organischen Stoffe in einem bestimmten Größenbereich. Die flüchtigen organischen Stoffe werden gemäß ihrer englischen Bezeichnung „volatile organic compounds“ mit VOC abgekürzt. Diese Stoffgruppe umfasst unzählige verschiedene Substanzen, deren Moleküle in der Luft herumschwirren können. Mit jedem Jahr erzeugt die chemische Industrie zudem neue organische Stoffe, die teilweise flüchtig sind und in der Luft auftreten können. Ein Analyselabor weist die Stoffe in einer Luftprobe nach, indem es die Stoffe in einer Fraktioniersäule nach ihrer Größe auftrennt und in einem Detektor bestimmte Eigenschaften der Substanzen aufzeichnet. Das gesamte Verfahren wird als Gaschromatographie bezeichnet. Für jeden Stoff, den ein Labor bestimmen will, benötigt es einen Standard. Das ist quasi der Fingerabdruck, den der Stoff im Detektor hinterlässt. Mit Hilfe dieses Fingerabdrucks kann dann das Auftreten und die Menge eines Stoffes im Probegemisch identifiziert und gemessen werden. Für alle Stoffe, für die kein Standard vorliegt, misst der Detektor zwar ihr Auftreten, sie können aber nicht identifiziert werden. Wenn nun die Gesamtkonzentration der flüchtigen organischen Stoffe bestimmt werden soll, steht das Labor vor einer grundlegenden Schwierigkeit: Da es nicht alle Stoffe in der Probe vor der Analyse kennen kann, kann es die Gesamtheit der Stoffe nicht analysieren. Es müsste zunächst die Probe analysieren, dann für alle unbekannten Stoffe gültige Standards finden und die Probe erneut analysieren. Ein Verfahren, das für Messungen in der Praxis nicht anwendbar ist. Stattdessen behilft sich das Labor damit, dass es eine Liste der Stoffe definiert, die es analysieren kann. Nur diese Substanzen können dann in der Raumluftmessung einzeln nachgewiesen werden. In der Regel spricht man hier von einer Größenordnung von zweihundert VOC, die ein Labor nachweisen kann. Darüber hinaus ermittelt das Labor die Gesamtfläche, welche alle gemessenen Stoffe auf dem Chromatogramm hinterlassen. Daraus kann dann mithilfe des sogenannten Toluoläquivalents ein Näherungswert für die Gesamtkonzentration TVOC ermittelt werden.

Wesentlich einfacher gestaltet sich die Problemlage bei der Konzentrationsbestimmung von Formaldehyd. Hier sprechen wir von einem Einzelstoff, der wegen seiner Bedeutung im Innenraum getrennt betrachtet wird. Die Schwierigkeit beim Formaldehyd liegt in seiner enormen Flüchtigkeit, so dass es nicht direkt auf einem Probenahmeröhrchen eingefangen und ins Labor geschickt werden kann. Stattdessen wird ein Probenahmemedium verwendet, das mit dem Formaldehyd in der Luft reagiert und dabei ein Reaktionsprodukt bildet, das dann im Labor detektiert werden kann. Als Probenahmemedium wird DNPH (2,4-Dinitrophenylhydrazin) in Kieselsäure verwendet. Mit einer Pumpe wird die Raumluft durch das Medium gesaugt und das in der Luft enthaltene Formaldehyd wird am DNPH gebunden. Die Menge des so entstandenen DNPH-Derivats kann dann im Labor analytisch bestimmt werden.

 

4 - Woher stammen die Stoffe in der Luft?

4.1 - Unsere eigenen Abgase

Alle Menschen und Tiere verbrennen in ihrem Stoffwechsel Zucker und erzeugen dabei Kohlen­dioxid mit dem chemischen Zeichen CO2. Dieses geben wir über die Atmung an die Luft ab. Solange wir uns in Gebäuden aufhalten, steigt daher die Konzentration von Kohlendioxid in der Innenraumluft. Das Kohlendioxid muss kontinuierlich oder in Intervallen aus dem Gebäude abgeführt werden, damit die CO2-Konzentration in einem angenehmen Bereich bleibt. Gefühlte "schlechte Luft" geht oft einher mit einer erhöhten CO2-Konzentration. Mit steigendem Kohlendioxidgehalt in der Raumluft sinkt unsere Konzentrationsfähigkeit. Bereits der Münchner Hygieniker Max von Pettenkofer legte 1858 eine Grenze von 1000 ppm CO2 als Schwelle für hygienisch unbedenkliche Raumluft fest. Die Ad-hoc Arbeitsgruppe Innenraumrichtwerte der Innenraumlufthygiene-Kommission des Umweltbundesamts und der Obersten Landesgesundheitsbehörden erarbeitete 2008 eine Einstufung der Raumluftqualität nach Kohlendioxidgehalten. Die Leitwerte wurden aus den Ergebnissen medizinischer Studien abgeleitet. Gemäß den Leitwerten der Kommission gelten Kohlendioxidkonzentrationen unter 1000 ppm als hygienisch unbedenklich, solche zwischen 1000 und 2000 ppm als auffällig und CO2-Konzentrationen über 2000 ppm als inakzeptabel. Entscheidend für die CO2-Konzentration im Raum ist die Frage, wie rasch die Abgase der Atmung aus der Raumluft entfernt werden.

Abbildung 2: Der Mensch erzeugt bei der Atmung Kohlendioxid

4.2 - Spurengase aus Bauprodukten

Zahlreiche Bauprodukte werden in einem flüssigen oder pastösen Zustand verarbeitet. Beispiele dafür sind Klebstoffe, Oberflächenbehandlungen, oder Flüssigfolien Nach der Verarbeitung sollen diese Stoffe erhärten und über lange Zeit eine definierte Festigkeit garantieren. Damit diese Baustoffe verarbeitet werden können, müssen Ihnen Lösemittel beigefügt werden, die nach der Verarbeitung aus den Stoffen entweichen können. Die Wahl dieser Lösemittel bestimmt weitgehend das Emissionsverhalten von Baustoffen und damit ihren Einfluss auf die Raumluftqualität. Weitgehend problemlos ist Wasser, das zum Beispiel in Dispersionsfarben verwendet wird. Wasserbasierte Produkte gelten denn auch als gesundheitsfreundliche Alternative zu lösemittelbasierten Produkten. Dabei bezieht sich der Begriff „lösemittelbasiert“ chemisch unkorrekt immer auf organische Lösemittel. Doch auch in wasserbasierten Produkten können organische Lösemittel in erheblichen Mengen enthalten sein. Hier ist genaues Hinschauen gefragt.

Eine weitere wichtige Quelle von Emissionen aus Baustoffen sind Reaktionsprodukte aus Vernetzungs- oder Abbaureaktionen in den Baustoffen. Beispiele dafür sind Formaldehydemissionen aus Holzwerkstoffen, die beim Abbau des enthaltenen Klebstoffes freigesetzt werden, oder Butanonoxim aus Silikondichtmassen mit Oxim-System, das bei der Vernetzungsreaktion des Dichtstoffs abgespaltet wird.

Unterstützung bei der Auswahl von emissionsarmen Bauprodukten bietet das Baustoffinformationssystem WECOBIS. In den Planungs- & Ausschreibungshilfen finden sich Anforderungen und Textbausteine z.B. für Klebstoffe/Verlegewerkstoffe, Oberflächenbeschichtungen, Dichtungen/Abdichtungen und zahlreiche andere.

 

5 - Immissionsmessung vs. Emissionsquellen

5.1 - Wie kommen wir von der Messung zu den Quellen?

Messungen der Raumluftqualität messen die Zusammensetzung der Luft. Es sind also Immissionsmessungen. Im Zusammenhang mit der Erstellung und Sanierung von Bauwerken oder mit gesundheitlichen Problemen interessiert jedoch die Ursache für das Vorkommen der Schadstoffe, also die Emissionsquellen. Aus den Messungen alleine kann keine Aussage zu den Quellen der Schadstoffe getroffen werden. Um diese zu eruieren, müssen die Eigenschaften der Materialien in einem Raum abgeklärt werden. Eine Quellensuche beginnt deshalb damit, dass die Materialisierung des Raums abgeklärt wird. Dabei interessieren in erster Linie die Produkte mit direktem Kontakt zur Raumluft. Jedoch müssen auch abgedeckte Materialien einbezogen werden, deren Ausgasungen entweder durch Luftaustausch- oder Diffusionsprozesse in die Raumluft gelangen können. Sobald die Messergebnisse bekannt sind, wird zunächst aufgrund von Literaturwissen eingeschätzt, welche Bauproduktegruppen als Quelle in Frage kommen könnten. Eine gute Grundlage dafür bieten Übersichtsstudien mit Prüfkammermessungen. Aus Sicherheitsdatenblättern und technischen Beschrieben kommen weitere wertvolle Hinweise zu möglichen Emissionen. Mit diesem Verfahren können die Quellen oft eingegrenzt werden. Falls keine eindeutige Aussage möglich ist, können Materialproben entnommen und ihre Emissionen in einer Prüfkammer oder durch Direktaufgabe in die gaschromatographische Analyse untersucht werden. Der Vergleich der gemessenen Emissionen aus der Prüfkammer mit den gemessenen Immissionen aus der Raumluftmessung kann dann mit etwas Glück die verantwortliche Quelle anzeigen.

5.2 - Emissionsrate

Sobald verdächtige Baustoffe für einen Schadstoff eruiert wurden, stellt sich die Frage, ob er alleine die gemessene Konzentration verursachen kann, oder ob nach weiteren Quellen gesucht werden muss. Wesentlich für diese Beurteilung ist die Emissionsrate. Diese beschreibt, welche Menge eines Stoffes pro Quadratmeter und Zeit durch einen Baustoff emittiert wird. Sie ist im konkreten Einzelfall nur bekannt, wenn eine Prüfkammermessung mit dem verdächtigen Werkstoff durchgeführt wurde. In der Praxis also so gut wie nie. Oft können mit etwas Erfahrung jedoch Hilfsrechnungen angestellt werden, die zeigen, ob eine Emissionsquelle als Ursache plausibel erscheint oder nicht. Aus Übersichtsstudien sind oft typische Emissionsraten bekannt, die in Rechnungen eingesetzt werden können. Eine andere Möglichkeit besteht aus der Berechnung des Schadstoffgehalts im Baustoff, der nötig ist, um eine bestimmte Konzentration in der Raumluft zu erzeugen.

5.3 - Luftwechsel und Belegungsdichte

Welche Konzentration eines Schadstoffes eine Emissionsquelle in der Innenraumluft erzeugt, hängt neben der bereits besprochenen Emissionsrate von zwei Faktoren ab: Erstens vom Luftwechsel, der zwischen dem betroffenen Raum und der Aussenluft besteht. Zweitens von der Belegungsdichte, mit welcher die Emissionsquelle im betrachteten Raum eingebaut wurde.

In älteren Gebäuden besteht ein relativ großer Luftwechsel zwischen der Innenraum- und der Umgebungsluft über Ritzen im Gebäude. Die Problematik hoher Schadstoffkonzentrationen ist in älteren Gebäuden oft durch die ständige Frischluftzufuhr weniger akut als in Neubauten. Mit der besseren Abdichtung der Gebäude stellen sich erhöhte Schadstoff-Konzentrationen bereits bei viel geringeren Emissionen der Nutzer oder aus Baustoffen ein. Da der Luftaustausch mit der Außenluft sehr viel geringer geworden ist, müssen die Abgase über eine mechanische Lüftung oder häufiges Lüften bewusst aus den Räumen abgeführt werden. Der Luftwechsel wird als Messgröße meist in der Einheit „pro Stunde“ ausgedrückt. Ein typischer Luftwechsel für Neubauten von 0.2 pro Stunde bedeutet, dass jede Stunde 20 % der Innenraumluft durch Außenluft ersetzt werden.

Die Belegungsdichte ist die zweite wichtige Einflussgröße auf die Konzentrationen in der Raumluft. Der Begriff bezeichnet den Anteil am Raumvolumen, den ein Baustoff einnimmt. Dazu wird die belegte Fläche durch das Raumvolumen geteilt. Falls in einem Raum alle Wände getäfert sind, dann erhält man die Belegungsdichte aus der Wandfläche, geteilt durch das Raumvolumen, wie in Abbildung 3 graphisch dargestellt. Je höher die Belegungsdichte für einen Baustoff ist, desto höher ist die Konzentration in der Raumluft, die eine Emission aus diesem Baustoff in ebendiesem Raum verursacht.

Abbildung 3: Belegte Fläche L, Raumvolumen V und Luftwechsel N

 

6 - Kriterium Innenraumlufthygiene im BNB

6.1 - Flüchtige organische und geruchsaktive Stoffe sowie Formaldehyd

Das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) fordert in Kriterium 3.1.3 „Innenraumlufthygiene“ die Messung der VOC- und Formaldehyd-Konzentrationen nach Fertigstellung und Endreinigung des Gebäudes, jedoch spätestens bis einen Tag vor Möblierungsbeginn. Für die flüchtigen organischen Stoffe, welche in der Richtwertetabelle des Ausschusses für Innenraumrichtwerte gelistet sind, ist der Richtwert II zwingend einzuhalten. Der Richtwert II stellt die Konzentration dar, die für empfindliche Personen bei Daueraufenthalt in Räumen eine gesundheitliche Gefährdung darstellen kann. Für eine Punktebewertung 3.1.3 ist auch die Einhaltung des Richtwerts I erforderlich. Dieser beschreibt die Konzentration, bei der nach gegenwärtigem Wissenstand keine Gefährdung auch für empfindliche Nutzer und bei lebenslanger Exposition erwartet werden kann. Für TVOC gelten die Leitwerte desselben Ausschusses, wobei 3000 µg/m3 zwingend einzuhalten sind. Für Formaldehyd ist der BGA-Richtwert von 120 µg/m3 zwingend einzuhalten. Für die Berechnung des TVOC-Werts sieht die ISO 16000-5 die Berechnung über Toluoläquivalente vor. Dafür ist die gesamte Fläche im Chromatogramm zwischen n-Hexan und n-Hexadecan zu betrachten. Anhand des Toluol-Responsefaktors wird diese dann in Toluol-Masseneinheiten umgewandelt und die TVOC- Massenkonzentration der Probe berechnet.

Aus der Praxiserfahrung stellen die geforderten Richtwerte II für Einzelstoffe das größte Risiko für die Nichteinhaltung der Kriterien des Kriteriums 3.1.3 dar. Auch die spätere TVOC-Konzentration lässt sich in der Planungsphase nicht zuverlässig vorhersagen, für Einzelstoffe ist eine solche Voraussage gänzlich ausgeschlossen. Aufgrund der Vielfalt der eingesetzten Bauprodukte und der zahlreichen darin enthaltenen organischen Stoffe, sowie der oft unvollständigen Produktdeklarationen ist eine Erfassung aller Einzelstoffe in der Planungsphase nicht möglich. Besonders Butanonoxim ist aufgrund seiner Einstufung als „vermutlich krebserzeugend“ mit einem sehr niedrigen Richtwert II versehen. Der Einsatz Oxim-vernetzender Silikondichtungsmassen birgt deshalb ein hohes Risiko einer Richtwertüberschreitung. Auch für die Summe der Xylole kann der Richtwert II bei ungünstigem Zusammentreffen mehrerer Quellen durchaus überschritten werden. Bei dieser Stoffgruppe wird die Planung dadurch erschwert, dass Xylole in vielen Produkten – auch wasserbasierten – in jeweils geringen Konzentrationen vorhanden sind und deren Einsatz nur schwer limitiert werden kann.

6.2 - Personenbezogene Lüftungsrate

Das Kriterium Innenraumlufthygiene macht auch detaillierte Vorgaben zur personenbezogenen Lüftungsrate, die zudem nach Nutzungsarten der Gebäude unterschieden wird. Dies geschieht durch Festlegung minimaler Luftströme, die pro Person zu gewährleisten sind. Die Einhaltung dieses Kriteriums stellt eine klassische Planungsaufgabe für Lüftungstechniker dar und ist in der Umsetzung unproblematisch, wenn die Planung den Vorgaben entsprechend erfolgte. Je nachdem, ob ein Gebäude mit Fensterlüftung oder einer automatischen mechanischen Lüftung belüftet wird, werden unterschiedliche Prüfungen für die geforderte Lüftungsrate verlangt. Für Gebäude mit freier Lüftung erfolgt der Nachweis rechnerisch. Für Gebäude mit Lüftungsanlage ist eine Prüfung nach DIN EN 12599 gefordert, die mehrere Schritte umfasst. Zuerst wird die Anlage einer Vollständigkeitsprüfung unterzogen, danach erfolgt die Funktionsprüfung und dazugehörende Messungen. Die Ergebnisse der Prüfungen sind in einem Abnahmebericht festzuhalten, dessen Form ebenfalls in der Norm geregelt wird.

Die Vollständigkeitsprüfung umfasst mehrere Punkte und beantwortet insbesondere eine Frage: Wurde die Anlage gemäß der Spezifikation und den technischen Regeln gebaut? Diese Kontrolle wird aufgrund der Planungsunterlagen vorgenommen. An der installierten Anlage wird überprüft, ob die beschriebenen Komponenten effektiv verbaut wurden. Zudem wird geprüft, ob die Anlage einer Luftdichtheitsprüfung unterzogen wurde.

Die Funktionsprüfungen und -messungen sind im Anhang B der Norm beschrieben. Anhang C regelt den nötigen Umfang, wobei sich der Prüfumfang nach Art der Anlage und Ihrer Funktion unterscheiden kann. Zur Bewertung im BNB-Kriterium "Innenraumlufthygiene" werden die Messungen der personenbezogenen Außenluftvolumenströme hinzugezogen. Tabelle 5 des Kriteriensteckbriefs 3.1.3 zeigt die einzuhaltenden Volumenströme, welche aus der DIN EN 13779 abgeleitet wurden.

Qualitätsniveau (QN) / Kategorie Personenbezogener Außenluftvolumenstrom [m3 / h / Person] Bewertung

2 / IDA 1

>= 54* 50
1 / IDA 2 >= 36* 10
0 / IDA 3 >= 21,6 und < 36 keine Zertifizierung möglich
* Zwischenwerte zwischen IDA 1 und IDA 2 sind abschnittsweise zu interpolieren

Für Gebäude mit Fensterlüftung werden die Außenluftvolumenströme für eine 5-minütige Stoßlüftung berechnet. Für die Umgebungsbedingungen macht der Steckbrief Vorgaben über die einzusetzenden Werte. Falls die tatsächlich gemessenen CO2-Werte in einem Gebäude mit Fensterlüftung eine bessere Bewertung ergeben als die berechneten Volumenströme, so dürfen diese verwendet werden.

 

7 - Wie läuft eine Raumluftmessung ab?

7.1 - Vorbereitung der Raumluftmessungen auf VOC und Formaldehyde

Die VOC-Messungen werden sehr stark beeinflusst durch Aktivitäten kurz vor der Messung. Für alle raumluftrelevanten Tätigkeiten gilt, dass die Bauleitung die Einhaltung der Regeln kontrollieren muss. Lösemittelhaltige Produkte werden oft routinemäßig eingesetzt, ohne dass den Handwerkern bewusst ist, dass diese nicht erlaubt sind. Beispielsweise wird Aceton gerne zur Entfettung von Untergründen verwendet und fast jeder Handwerker hat in seiner Werkzeugkiste einen Klebstoff bereitliegen, um mal schnell eine Verbindung zu fixieren. Diese Klebstoffe sind oft lösemittelhaltig. Die Bauleitung muss hier aufklären und im besten Fall konkrete Alternativen anbieten, wie beispielsweise einen SMP-Kleber. Grundierungen und Abdichtungen sind ebenfalls ein Dauerbrenner, da die Standardprodukte durchwegs stark lösemittelhaltig sind. Wobei auch in diesen Produktgruppen für die meisten Anwendungsfälle Alternativprodukte verfügbar sind. Aus Erfahrung am schwierigsten zu ersetzen sind lösemittelhaltige Metalllacke. Falls nicht auf ein lösemittelhaltiges Produkt verzichtet werden kann, gibt es zwei Lösungsstrategien: Die Erste und bessere besteht darin, das Produkt außerhalb des Gebäudes zu verwenden, also z. B. Türzargen außerhalb des Gebäudes vorzulackieren, und dann das getrocknete Produkt zu verbauen. Die Zweite weniger empfehlenswerte besteht darin, lösemittelhaltige Produkte so früh als möglich im Bauablauf einzusetzen und eine genügend lange Trocknungszeit bei guter Belüftung zu gewährleisten, die durchaus einige Wochen betragen sollte, bevor das Produkt durch weitere Schichten überdeckt wird.

Ein weiteres Augenmerk sollte auf sich gegenseitig beeinflussende Tätigkeiten gerichtet werden. Gipserarbeiten können die Feuchtigkeit in den Räumen über mehrere Tage bis Wochen massiv erhöhen. Wenn parallel dazu Flüssigfolien oder Flüssigbeläge eingebracht werden sollen, kann es vorkommen, dass die Luftfeuchtigkeit über dem zulässigen Höchstwert für die Aushärtung der Kunststoffe liegt. Nicht vollständig reagierte Kunststoffbeläge oder -folien können dann zu massiven Emissionen führen, die nur durch Ersatz der betreffenden Baustoffe behoben werden können.

Auch Reinigungsmittel können kurzfristig die VOC-Konzentration massiv erhöhen. So geschehen bei einer Abnahmemessung in zwei EFH einer Reiheneinfamilienhaus-Siedlung. Die TVOC-Konzentrationen betrugen 11'590 und 5’150 µg/m3, wobei insbesondere der Duftstoff Limonen und eine ganze Reihe Lösemittel auffielen, die in Reinigungsmitteln vorkommen können. Eine Abklärung mit der Bauleitung ergab dann auch, dass vermutlich die Küchenabdeckungen aus Stein kurz vor der Messung gereinigt wurden.

Ausbesserungsarbeiten in der Woche vor der Messung sind unter allen Umständen zu unterlassen. Bei einer Abnahmemessung des Büros für Umweltchemie stellten wir eine TVOC-Konzentration von 7’780 µg/m3 fest. Also weit über dem Ausschlusswert des Bewertungssystems von 3'000 µg/m3. Die Einzelstoffanalyse zeigte eine n-Butylacetat-Konzentration von 2'000 µg/m3, Toluol- und Ethylacetat-Konzentrationen über 1000 µg/m3. Alle drei Stoffe kommen unter anderem in Lacken vor. Wie sich im Nachgang zur Messung zeigte, wurden größere Lackschäden in der Wohnküche kurz vor der Messung ausgebessert.

Abbildung 4: Ausbesserungsarbeiten an Lacken können zu massiven Emissionen führen

Für die Planung der Messungen ist mit der vorgesehenen Messfirma abzuklären, ob und wie viele Messungen sie parallel durchführen können und wie lange sie pro Messstelle benötigen. Dann sollte ein detaillierter Probenahmeplan abgesprochen werden, der folgende Angaben umfasst: In welchen Räumen wird gemessen? An welchen Daten sind die Messungen vorgesehen? Wie wird der Zugang zu den Räumen gewährleistet? Wer steht vor Ort bei Schwierigkeiten zur Verfügung und hat die nötigen Kompetenzen, um Zugangsprobleme oder Konflikte mit anderen Arbeitsgattungen zu lösen?

7.2 - Messung der VOC und von Formaldehyd nach ISO-16000

Die VOC und Formaldehyd im Innenraum sind nach der DIN ISO-Normenreihe 16000 zu messen. Es gelten die Normen DIN EN ISO 16000-5 zur Probenahmestrategie, DIN ISO 16000-6 über die Bestimmung der VOC und DIN ISO 16000-3 zur Bestimmung von Formaldehyd. Die Vorbereitungsmaßnahmen für eine Messung werden in der ISO-Norm 16000-5 festgelegt. Es wird unterschieden zwischen natürlich belüfteten Räumen und Räumen mit Klimaanlage.

Für natürlich belüftete Räume gilt folgendes Verfahren: Die Räume werden zunächst während 15 Minuten intensiv gelüftet, dann alle Türen und Fenster verschlossen. Nach einer Wartefrist von ungefähr 8 Stunden wird die Probenahme im Raum vorgenommen, wobei Türen und Fenster bis nach Abschluss der Messung geschlossen bleiben. Falls Informationen zur Wirksamkeit einer Stoßlüftung erhalten werden sollen, werden alle Fenster und Türen des Raums nach Abschluss der ersten Messung während 5 Minuten geöffnet und danach wieder geschlossen. Eine Stunde später erfolgt dann eine zweite Probenahme. Falls Nutzungsanweisungen für einen natürlichen Raum vorliegen, erfolgt die Messung nach einem vollständigen und typischen Nutzungszyklus.

Für Räume, die über eine raumlufttechnische Anlage belüftet werden, gilt folgendes Vorgehen: Die Anlage muss entsprechend den üblichen Betriebsbedingungen spätestens 3 Stunden vor der Messung in Betrieb genommen werden. Der Betrieb der Anlage sollte aufgezeichnet oder gemessen werden.

Die Einhaltung dieser Bedingungen kann unter Umständen schwieriger sein, als es den Anschein macht. In der hektischen Abschlussphase können diverse andere Aktivitäten den Raumluftmessungen in die Quere kommen. Falls am Messtag auch die Brandschutzmaßnahmen getestet werden, kann der geforderte Regelbetrieb der RLT-Anlage nicht gewährleistet werden. Auch schon vorgekommen sind Stromunterbrüche während der Probenahme. Die betroffene Probe musste verworfen und eine neue genommen werden. Immer wieder werden kurz vor der Messung Fenster geöffnet, aus den unterschiedlichsten Gründen. Auch die Zugangskontrolle gestaltet sich sehr oft schwierig.

Die Probenahme selbst benötigt vor Ort zirka eine Stunde pro Messstelle. Der Zeitaufwand kann je nach Messfirma und der eingesetzten Probenahmeausrüstung von dieser Angabe abweichen. Vor Ort wird lediglich eine definierte Luftmenge über ein Probenahmeröhrchen gezogen. Dieses wird dann in einem Analyselabor ausgewertet. Unmittelbar nach Abschluss der Probenahme liegt somit noch kein Ergebnis vor und es kann noch keine Aussage erwartet werden, ob die Luftqualität den Anforderungen genüge oder nicht.

 

8 - Quellensuche und Maßnahmen

Wenn die Messwerte zu hoch liegen, stellt sich die Frage nach den Quellen und den nötigen Maßnahmen, um die Konzentrationen in der Raumluft zu senken. In sehr vielen Fällen sinkt die Konzentration der VOC in der Raumluft mit der Zeit von selbst. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Stoffe aus Trocknungsprozessen stammen. Eine zweite Messung rund 30 Tage nach der ersten ergibt meistens viel niedrigere Konzentrationen, die in vielen Fällen bereits unproblematisch sind. Eine der erfolgversprechendsten Sanierungsmaßnahmen besteht also in Abwarten. Das Beispiel der Wohnküche zeigt dies exemplarisch: Die Schadstoff-Konzentrationen sanken nach der ersten Messung rasch. Bei Nachmessungen einen Monat später lag die TVOC-Konzentration noch bei 1'250 µg/m3. Dies ist immer noch kein Spitzenwert und zeigt, dass der Raum noch weitere Schadstoffquellen aufweisen muss. Jedoch ist die TVOC-Konzentration während eines Monats auf ein Sechstel gesunken.

Beispiel lösemittelhaltiger Lack

In einem zweiten Fall bestand die erfolgreiche Maßnahme in Abwarten, obwohl die Emissionsquelle materialisierungsbedingt war. Ein Schulhaus wurde kompletterneuert, wobei auch die Oberflächen in den Schulzimmern neu gestrichen wurden. Bei der Raumluftmessung auf VOC resultierte 30 Tage nach Abschluss der Arbeiten eine TVOC-Konzentration von 3'510 µg/m3. Die Palette der Stoffe im VOC-Gemisch war vielfältig und umfasste Aldehyde, Aromaten, Ketone und Terpene. Mögliche Quellen im Gebäude waren Holzöle, OSB-Platten, Parkettwachse, Klebstoffe oder Farben. Die Quellenanalyse aufgrund von Literaturdaten ergab also kein eindeutiges Ergebnis. Durch vertiefte Abklärungen der eingesetzten Produkte seitens der Bauherrschaft konnten dann zwei Metallsäulen eruiert werden, die mit einem Metalllack neu gestrichen wurden. Diese machten nur eine geringe Belegung im Raum aus. Für einen lösemittelhaltigen Metalllack kann jedoch mit so hohen Emissionen gerechnet werden, dass die festgestellte Belastung der Raumluft plausibel erschien. Bei der Nachmessung einen Monat später war die TVOC-Konzentration auf 1'770 µg/m3 gesunken, worauf die Bauherrschaft auf weitere Maßnahmen verzichtete.

Abbildung 5: Der Metalllack auf dieser Säule führte zu einer TVOC-Konzentration über 3 mg/m3

Beispiel Holzwerkstoffe

Auch Holzwerkstoffe können im Innenraum Probleme verursachen, wie sich an einem weiteren Beispiel aus der Praxis zeigte. Anlässlich der Immissionsmessung nach dem Umbau eines Kinderhorts mit einer hohen Belegungsdichte mit Holzwerkstoffen wurde dennoch eine Formaldehydkonzentration von 82 µg/m3 gemessen. Im BNB-Label würde ein solcher Messwert dazu führen, dass im Kriteriensteckbrief Innenraumlufthygiene nur noch Qualitätsniveau Null erreicht würde. Als Faustregel gilt für Holzwerkstoffe, dass eine Belegungsdichte über eins bei gleichzeitig geringem Luftwechsel zu problematischen Formaldehyd-Konzentrationen führen kann, selbst wenn Holzwerkstoffe mit geringen Emissionen verwendet werden. Im konkreten Fall waren Wände und Decken mit Holzwerkstoffen belegt und der Raum zum Messzeitpunkt bereits möbliert. Bei der Nachmessung einen Monat später hatte sich die Formaldehydbelastung halbiert auf noch 47 µg/m3. Die rasche Abnahme der Formaldehydkonzentration lässt den Schluss zu, dass die höheren Konzentrationen zu einem wesentlichen Teil durch das freie Formaldehyd verursacht wurde, das nach der Verleimung im Werk noch in den Holzwerkstoffen vorhanden war. Holzwerkstoffe wie z. B. Spanplatten oder MDF-Platten werden meist mit formaldehydhaltigen Kondensationsharzen verklebt. Diese Reaktion verläuft nie vollständig, wodurch in den Holzwerkstoffen noch freies Formaldehyd verbleibt, das dann relativ schnell aus den Werkstoffen austritt. Mithilfe der Luftfeuchtigkeit kann das Kondensationsharz jedoch auch wieder aufgebrochen werden und das enthaltene Formaldehyd wiederum als Gas vorliegen. Diese Rückreaktion führt dann zu langanhaltenden Formaldehydemissionen, die je nach verwendetem Klebstoff höher oder niedriger ausfallen können. Um im konkreten Fall eine Aussage über das mittelfristige Emissionsverhalten treffen zu können, müsste nach rund einem Jahr eine weitere Formaldehydmessung im betroffenen Raum erfolgen. Da die Konzentration bei der Nachmessung mit 47 µg jedoch bereits im unkritischen Bereich lag, konnte der Raum uneingeschränkt genutzt werden.

Beispiel Oberflächenbeschichtung Bodenbelag

Eine umfangreiche Quellensuche löste die Messung in einem Schulungsraum und dem darunterliegenden Großraumbüro einer größeren Firma aus. Der Anlaß für die Messung waren Beschwerden unter den Mitarbeitern, die über gereizte Atemwege und Augenbrennen am Arbeitsplatz klagten. Die Beschwerden traten nach einer Erneuerung des Innenausbaus auf. Die Raumluftmessung ergab eine TVOC-Konzen­tration im Schulungsraum über 5'000 µg/m3 und eine Xylol-Belastung über 2'000 µg/m3 – der Richtwert II für die Summe Xylole liegt bei 800 µg/m3. Für die Quellensuche stellte uns der Architekt die Sicherheitsdatenblätter aller verarbeiteten Produkte zu. Es zeigte sich, dass eine Staubschutzlasur auf dem Hartbetonbelag aufgebracht wurde, deren Lösemittel sehr gut zu den gemessenen Emissionen passten. Die Sanierungsempfehlung war, den gesamten Belag abzuschleifen und mit einem lösemittelfreien Produkt neu zu versiegeln. Der betroffene Unternehmer, der den Belag erstellt hatte, schlug daraufhin einen Verzicht auf das Abschleifen und stattdessen eine Grundreinigung vor. Nach seiner Meinung sollte diese genügen, um die Versiegelung zu entfernen. Dieser Unternehmervorschlag wurde akzeptiert und nach der Grundreinigung eine neue VOC-Messung im betroffenen Raum vorgenommen. Auch nach der Reinigungsmaßnahme lag die TVOC-Konzentration noch über 2'500 µg/m3, die Summe der Xylole war auf knapp unter 800 µg/m3 gesunken. Der Erfolg der Reinigung wurde als ungenügend beurteilt und der gesamte Boden abgeschliffen und neu versiegelt. Auf eine weitere Prüfmessung verzichtete der Auftraggeber, weshalb wir über keine Messdaten zum Erfolg dieser Maßnahme verfügen

 

9 - Weiterführende Literatur

Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen: Kriteriensteckbrief 3.1.3 Innenraumlufthygiene (Download)

Ausschuss für Innenraumrichtwerte (vormals Ad-hoc-Arbeitsgruppe): Der Ausschuss für Innenraumrichtwerte bewertet Verunreinigungen der Innenraumluft und setzt bundeseinheitliche Richtwerte fest:
Webseite des Umweltbundesamts mit Informationen des Ausschusses zu den Richtwerten I und II und der Tabelle der Richtwerte

WECOBIS, ökologisches Baustoffinformationssystem: Planungs- und Ausschreibungshilfen

Gefahrstoffinformationssystem der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung: GESTIS-Stoffdatenbank mit Informationen zu vielen Chemikalien

Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute e.V (AGÖF): Verbandswebseite mit Informationen zu VOC und Schadstoffen im Innenraum

 

10 - Bildquellen

Alle Bilder stammen vom Büro für Umweltchemie mit folgenden Ausnahmen:

Der Schnitt durch den Menschlichen Kopf in Abbildung 2 stammt aus Meyers Konversationslexikon, 4. Auflage von 1885-90 und ist frei von Urheberrechten.