Lehmböden

Produktgruppeninformation

Begriffsdefinition

Lehmböden werden aus erdfeucht aufbereiteten, nicht zu grobkörnigen Lehmmischungen auf zweierlei Arten hergestellt: als Stampflehmböden (auch: Lehmestrich) oder als Lehmschüttungen zwischen Holzunterkonstruktion.

Stampflehmböden (auch: Lehmestriche) werden in mehreren Etappen und meist zur unmittelbaren Nutzung, d.h. ohne weiteren Bodenbelag, gefertigt. Die nach dem Trocknen der jeweiligen Schicht auftretenden Risse werden wieder so lange zugestampft, bis keine Risse mehr auftreten. Nach dem vollständigen Austrocknen wird die Oberfläche mit Kasein und Wachs imprägniert.

Für die Herstellung von Fußbodenaufbauten mit Lehmschüttungen wird die Lehmmischung zwischen den Polsterhölzern eingebracht und leicht verdichtet. Der Bodenaufbau wird direkt in die Polsterhölzer verschraubt.

Wesentliche Bestandteile

Bestandteile: Ortlehm (vor Ort vorgefundener Lehm) und mineralische Zuschlagstoffe oder werkseitig herstellte Fertigmischungen aus Lehm und Zuschlagstoffen.

Die Zuschlagstoffe werden beigemischt, um das Schwindverhalten und die Druckfestigkeit des Lehms zu verbessern. Die konkrete Lehmrezeptur ist von der Beschaffenheit des verwendeten (Ort)Lehms abhängig und muss von Fachfirmen bestimmt werden.

Bei Stampflehmböden kann die Bindekraft durch die Zumischung von Tonpulver erhöht werden [Kresser, 2020]. Durch die Beimischung von farbigen Lehmen entstehen farbige Stampflehmmischungen.

Zementzugaben, wie sie in Australien und der USA praktiziert werden, sind in Mitteleuropa nicht üblich. Sie verändern die ökologischen und bauphysikalischen Eigenschaften.

Systembestandteile:

  • Lehmschüttungen: Holzunterkonstruktion für Bodenbelag
  • Stampflehmböden: Oberflächenbehandlung mit Kasein und Carnaubawachs

Charakteristik

Lehmbaustoffe werden durch Austrocknen fest und jederzeit durch Feuchtigkeitsaufnahme wieder weich. Lehm ist gut formbar und gestalterisch vielseitig einsetzbar. Durch die Zugabe von Beimischungen mineralischer Herkunft kann die Trockenschwindung und Rissbildung verringert, die Zug-, Druck- bzw. Abriebfestigkeit erhöht oder die Wasserempfindlichkeit herabgesetzt werden.

Lehm hat eine sehr niedrige Gleichgewichtsfeuchte von 2 bis 4,5 Masse-%, kann aber deutlich mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Massive Lehmbaustoffe können so zur Regulierung der Raumluftfeuchte beitragen. Durch ihre gute Wärmespeicherfähigkeit können sie Temperaturextreme im Gebäude abschwächen.

Die Oberfläche von Stampflehmböden kann glatt, gerieben, strukturiert und farbig gestaltet werden. Durch eine Behandlung mit Lehm-Kasein-Mischungen und/oder Carnaubawachs können Festigkeit und Feuchtebeständigkeit erhöht werden.

Besonders wichtige Eigenschaft hinsichtlich Umwelt- und Gesundheitsrelevanz

Lehmböden sind eine besonders umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen Estrichen: Sie besitzen eine sehr einfache, naturnahe Zusammensetzung. Lehm ist als Verwitterungsprodukt fast überall vorhanden und damit regional verfügbar. Wird der vor Ort verfügbare Lehm verwendet, entfallen umweltbelastende Transporte. Lehmbaustoffe müssen nicht gebrannt werden, wodurch sich eine ausgezeichnete Ökobilanz ergibt. Sie können nach dem Ausbau durch Feuchtezugabe wieder aufbereitet und neu geformt werden.

Lieferzustand

Nach Vorfertigungsgrad kann unterschieden werden in

  • Lehmmischung aus vor Ort verfügbarem Lehm;
  • Im Werk hergestellte Fertiglehmmischungen, die in Big Bags geliefert werden.

Nach Vorfertigungsgrad kann unterschieden werden in

  • Stampflehmmischung aus vor Ort verfügbarem Lehm;
  • Fertige Stampflehmmischungen, die ebenfalls vor Ort eingebracht werden.

Anwendungsbereiche (Besonderheiten)

Fußbodenaufbauten mit Lehmschüttungen eignen sich besonders für Holzbodenbeläge, die direkt in die Polsterhölzer verschraubt werden. Nicht geeignet ist der Aufbau für dampfdichtere Fußbodenbeläge wie bspw. PVC, Linoleum oder Kautschuk bzw. Teppichböden, ebenso wenig für Fliesen und Steingut. Lehmschüttungen können sehr gut mit einer Fußbodenheizung kombiniert werden. Die Lehmschüttung übernimmt dann die Funktion der Wärmeverteilung.

Stampflehmböden wurden früher vorwiegend in landwirtschaftlich genutzten Gebäuden, Ställen, Lagerkellern, etc. verwendet. Sorgfältig verarbeitet und imprägniert sind die Stampflehmboden pflegeleicht auch im Wohn- oder Bürobereich nutzbar.

Lehmböden
Lehmböden
Lehmböden

Umweltdeklarationen

Die folgende Tabelle liefert eine Übersicht zu Zeichen & Deklarationen, die für die Produktgruppe relevant sind. Neben Herstellererklärungen, Informationen in Sicherheitsdatenblättern (SDB) oder allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen (abZ) können diese den Nachweis für umwelt- und gesundheitsrelevante Kriterien in Planung und Ausschreibung (s. Reiter Planungsgrundlagen) ermöglichen. Detaillierte Informationen finden sich außerdem in den einzelnen Produktgruppen.

Übersicht Umweltdeklarationen: Mineralische Bodenbeläge

Stand 08/2023

    Keramikfliesen und -Platten
Kunststein-Bodenbeläge Lehmböden Naturstein-Bodenbeläge
           
  Umweltzeichen Umweltzeichen gehören zu den freiwilligen Produktkennzeichnungen. Sie bieten die Möglichkeit, Unterschiede von Produkten innerhalb einer Produktgruppe hinsichtlich ihrer Umwelt- und Gesundheitsrelevanz festzustellen, auch wenn sie keine allgemeinverbindlichen Gebote oder Verbote aufstellen können. Inhalt aufklappen
   
Blauer Engel / Umweltzeichen der Bundesregierung - - - -
Österreichisches Umweltzeichen - - - -
EU Ecolabel (Blume) / (EU) 2021/476 Richtlinie für Hartbeläge

(+)

(+) - (+)
Nordic Swan Ecolabel - -

-

-

natureplus Umweltzeichen (nur für Produkte aus nachwachsenden und/oder umweltverträglich gewonnenen mineral. Rohstoffen / mind. 85 Masse%)  -

-

- -
eco-INSTITUT-Label /
Bodenbeläge
- - - +
Cradle to Cradle2 / Building supply & Materials (derzeit noch geringe Produktverfügbarkeit) - - - -
  GISBAU Klassifizierungs-system

Das GISBAU Klassifizierungssystem ermöglicht es durch den GISCODE oder GISBAU Produktcode, Produkte von denen die gleichen Gesundheitsgefahren ausgehen, in einer Gruppe zusammenzufassen. Die Klassifizierung ist auf den Arbeitsschutz ausgerichtet. Gemäß Minimierungs- und Substitutionsgebot der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) ist grundsätzlich das Produkt mit den geringstmöglichen Belastungen zu verwenden. (siehe unten: Ersatzproduktgruppe prüfen?) Inhalt aufklappen

   

GISBAU Produkt-Code / GISCODE

Mineralische Bodenbeläge sind nicht im GISBAU-System klassifiziert. Informationen zu arbeitshygienischen Risiken (z.B. durch Staub beim Schneiden) siehe Reiter Verarbeitung.

  Umweltprodukt-deklaration (EPD)

Die Umweltproduktdeklaration (EPD = Environmental Product Declaration) eines Produktes macht Aussagen zum Energie- und Ressourceneinsatz und in welchem Ausmaß ein Produkt zu Treibhauseffekt, Versauerung, Überdüngung, Zerstörung der Ozonschicht und Smogbildung beiträgt. Außerdem werden Angaben zu technischen Eigenschaften gemacht, die für die Einschätzung der Performance des Bauproduktes im Gebäude benötigt werden, wie Lebensdauer, Wärme- und Schallisolierung oder den Einfluss auf die Qualität der Innenraumluft.1 Inhalt aufklappen

   
EPD1 + - - +
Branchen-EPD1 + - - -
  Umweltindikatoren

Einheitliche Werte zu Umweltindikatoren wie z.B Primärenergieaufwand, Abfall, Abiotischer Ressourcenverbrauch, Ozonabbaupotential, Treibhauspotential usw. liefert die Datenbank ÖKOBAUDAT des Informationsportals Nachhaltiges Bauen. Inhalt aufklappen

   
ÖKOBAUDAT-Datensätze

1.3.07. Fliesen und Platten

-

1.4.03 Estrich trocken
Stahmpfehmböden / Lehmschüttungen: derzeit kein Datensatz + keine wirklich gut geeignete Kategorie

1.3.08. Naturwerkstein

Hinweis:
Da sich die verfügbare Datensatzanzahl regelmäßig ändert, werden an dieser Stelle nur die vorgesehenen Gliederungspunkte in den Kategorien der Datenbank genannt und keine Aussagen zur Verfügbarkeit von Datensätzen gemacht. Der Link ÖKOBAUDAT-Datensätze führt zur Datenbank, im "Kategorienbrowser" kann dann über die Gliederungspunkte nach aktuellen Datensätzen gesucht werden.

  Sonstige freiwillige Produkt-Deklarationen Die Plattform baubook beispielsweise bietet für Händler und Hersteller von Bauprodukten die Möglichkeit einer online-Deklaration anhand von Kriterien, die derzeit vor allem in Österreich für die ökologische Ausschreibung verwendet werden. Inhalt aufklappen
   
baubook-Deklarationen

Derzeit (Stand 02/22) sind keine mineralischen Bodenbeläge bzw. Lehmestriche oder -schüttungen deklariert.
andere Bodenbeläge siehe baubook ÖkoBauKriterien / Produkte / Boden- und Wandbeläge
Estriche siehe baubook ÖkoBauKriterien / Produkte / Estriche
Schüttungen siehe baubook ÖkoBauKriterien / Produkte / Schüttungen & Gesteinskörnungen

+
Zeichen / Label bzw. Produktkennzeichnungen für diese Produktgruppe vorhanden
(+)
derzeit kein Produkt aus dieser Produktgruppe zertifiziert
-
Zeichen / Label bzw. Produktkennzeichnungen für diese Produktgruppe nicht vorhanden bzw. Produktgruppe nicht im Geltungsbereich
./.
Zeichen / Label für diese Produktgruppe nicht relevant
x
Produkte aus dieser Produktgruppe können die Kriterien des Zeichens/Labels definitionsgemäß nicht erfüllen

1 Die hier als vorhanden markierten EPDs und Branchen-EPDs sind als Auswahl ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu verstehen und finden sich z.B. auf den Seiten des IBU Institut Bauen und Umwelt e.V..

2 Bei Cradle to Cradle-Zertifizierungen gibt es insgesamt 4 Bewertungsstufen von Bronze bis Platin in 5 Kategorien. Zur Einordnung der Qualität gehört also immer auch das tatsächlich erreichte Bewertungsniveau, was z.B. bei Bronze (insbesondere in Material Health) noch relativ niedrig ist! Die Produktverfügbarkeit ist noch sehr gering!

Lehmböden

Bewertungssystem

Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB)

   
  Wofür steht das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB)? Inhalt aufklappen
 

Mit dem Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen für Bundesgebäude (BNB) steht ein zum Leitfaden Nachhaltiges Bauen ergänzendes, ganzheitliches, quantitatives Bewertungsverfahren zur Verfügung.
Das BNB zeichnet sich durch einen Kriterienkatalog aus, mit dem Gebäude nach ökologischen, ökonomischen und soziokulturellen Qualitäten, sowie den technischen und prozessualen Aspekten bewertet werden. Im Rahmen des Bewertungssystems gibt es auch einige Kriteriensteckbriefe, die sich direkt oder indirekt auf Baustoffe beziehen.
Ausführliche Informationen zum BNB-System siehe www.bnb-nachhaltigesbauen.de

  Welche Informationen liefert WECOBIS für BNB im Reiter BNB-Kriterien? Inhalt aufklappen
 

WECOBIS führt in den Datenblättern der Bauproduktgruppen umfangreiche Informationen zur Beantwortung der verschiedenen Fragestellungen im Hinblick auf Umwelt- und Gesundheitsaspekte. Im Reiter BNB-Kriterien bietet WECOBIS gezielt Antworten auf Fragestellungen baustoffrelevanter BNB-Kriteriensteckbriefe. Durch die Bündelung von Aspekten z.B. bzgl. der Risiken für die lokale Umwelt, Fragen zur Innenraumlufthygiene und der Thematik Rückbau, Trennung, Verwertung gibt WECOBIS gezielte Hilfestellung bei der Einordnung einzelner Baustoffe. Tiefergehende Informationen finden sich über die Verknüpfungen in den jeweiligen Datenblättern.
Hinweis: Eine abschließende Beurteilung im Rahmen des Bewertungssystems und der genannten Kriterien erfolgt jedoch grundsätzlich in Abhängigkeit weiterer baulicher Gegebenheiten (z.B. eingebaute Menge).

BNB-Kriterium BN_1.1.6 Risiken für die lokale Umwelt (Neubau)

   
  Welche Ziele werden mit BNB-Kriterium BN_1.1.6 verfolgt? Inhalt aufklappen
 

BNB-Kriterium BN_1.1.6 zielt auf die Reduzierung bzw. Vermeidung von Stoffen und Produkten beim Neubau, die aufgrund ihrer stofflichen Eigenschaften oder Rezepturbestandteile ein Risikopotenzial für Grundwasser, Oberflächenwasser, Boden und Luft (auch Innenraumluft) enthalten. Das Kriterium teilt die Anforderungen in 5 Qualitätsniveaus ein. Die Einordnung orientiert sich an Aufwand und Schwierigkeitsgrad der praktischen Umsetzung sowie an der ökologischen Bedeutung der Substitution eines Stoffes.

Für den Umgang mit Materialien im Bestand und deren Einordnung ist Kriteriensteckbrief BK_1.1.6. heranzuziehen.
Weitere Informationen zu den Einzelkriterien siehe BN_1.1.6 Risiken für die lokale Umwelt (Neubau) und BK_1.1.6 Risiken für die lokale Umwelt (Komplettmodernisierung)

Einordnung rein mineralischer Bodenbeläge

Stand 11/2023 (Steckbriefversion V 2015)

Für rein mineralische Bodenbeläge, wie z.B. Keramik-Fliesen und -Platten, Natur- und Betonwerksteine oder Lehmböden, gelten zur Zeit keine spezifischen Anforderungen hinsichtlich BNB-Kriterium 1.1.6. Es empfiehlt sich aber auch hier mindestens die gemäß Qualitätsniveau 1 geforderte Dokumentation der eingesetzten Produkte (s.u. Link zu Textbausteinen).
Die vollständige Dokumentation der verbauten Materialien ist ein wichtiger Baustein des kreislauffähigen Bauens. In BNB_5.2.2 "Qualitässicherung der Bauausführung" wird damit das höchste Anforderungsniveau erfüllt.

Für die Verlegung und Beschichtung mineralischer Bodenbeläge gibt es ggf. eigene Anforderungen (s.u.).

→ Planungs- und Ausschreibungshilfen mit Textbausteinen

Tabellarische Übersichten mit allen Einzelanforderungen sind im WECOBIS Modul Planung & Ausschreibung (P&A) zu finden. Man findet dort auch detaillierte Informationen zu den Nachweismöglichkeiten (z.B. über andere Produktkennzeichnungen) und damit zur Prüfung der angebotenen Produkte, außerdem ausführliche Erläuterungen zu den Anforderungen und die zugehörigen Textbausteine (auch als PDF-Download):
QN1 Produktdokumentation als übergeordnete Anforderung
Verlegewerkstoffe für Fliesen und Platten
Beschichtungen von Natur- und Betonwerkstein-Bodenbelägen

BNB-Kriterium BN_3.1.3 - Innenraumhygiene

   
  Welche Ziele werden mit BNB-Kriterium BN_3.1.3 verfolgt? Inhalt aufklappen
 

Ziel des BNB-Kriteriums 3.1.3 ist die Sicherstellung der Luftqualität im Innenraum unter hygienischen Gesichtspunkten, die zu keinen negativen Effekten hinsichtlich der Befindlichkeit der Raumnutzer führt, die hygienische Sicherheit garantiert und somit möglichst auch eine empfundene hohe olfaktorische Luftqualität gewährleistet.
Die Bewertung erfolgt anhand der Berechnung der personenbezogenen Luftwechselrate sowie anhand von Raumluftmessungen auf den Formaldehyd- und TVOC-Gehalt.
Erfahrungsgemäß lassen sich die Referenz- und Zielwerte dann erreichen, wenn die Auswahl und Verwendung der eingesetzten Materialien auf einem ganzheitlichen Konzept zur Vermeidung von Emissionen aus Bauprodukten basiert und der Einsatz emissionsarmer Materialien die Bauphase begleitend dokumentiert wird. BNB-Kriterium 3.1.3 steht deshalb in engem Zusammenhang mit der Erfüllung der Einzelkriterien für BNB-Kriterium 1.1.6.
Weitere Informationen zu den Einzelkriterien siehe BN_3.1.3 Innenraumhygiene (Neubau)

An dieser Stelle findet man eine grobe Übersicht zu den in BNB_BN_3.1.3 adressierten Emissionen. Sofern relevant, finden sich ausführlichere Informationen in anderen WECOBIS-Reitern:
→ Reiter Planungsgrundlagen / ggf. Infos zu Alternativen hinsichtlich Umwelt- und Gesundheitsrelevanz
→ Reiter Verarbeitung, Nutzung, Nachnutzung / lebenszyklusspezifische Informationen
Hinweis:
Neben der inhaltlichen Zusammensetzung kann für die Wirkung eines Baustoffes immer auch die Einbausituation vor Ort (eingebaute Menge, Raumgröße, Klima, Temperaturen etc.), sowie die Verarbeitung und Wechselwirkung mit anderen Materialien entscheidend sein.

Einordnung Mineralische Bodenbeläge

Mineralische Bodenbeläge sind aufgrund ihrer Bestandteile hinsichtlich Emissionen von Formaldehyd und VOC nicht relevant. In eine ganzheitliche Betrachtung müssen jedoch der gesamte Fußbodenaufbau, die Verarbeitung des Bauproduktes sowie notwendige Beschichtungen einbezogen werden.

Verlegewerkstoffe können verschiedene Substanzen emittieren; dies sind vor allem flüchtige organische Verbindungen (VOC). Mineralische Bodenbeläge werden üblicherweise mit Hilfe von Fliesenklebern oder -mörteln auf Zementbasis verlegt, welche im Vergleich zu anderen Verlegewerkstoffen geringe Emissionen in die Raumluft verursachen. Formaldehyd aus Zusätzen im Klebstoff ist möglich, aber selten.

Produkte zur Imprägnierung und Oberflächenbehandlung von mineralischen Bodenbelägen können hohe Lösemittelgehalte aufweisen. Zur Minimierung von umwelt- und raumluftbelastenden Stoffen sollten Produkte aus Acryl gegenüber mehrkomponentigen Epoxidharz- und Polyurethanbeschichtungen bevorzugt eingesetzt werden [ÖkoKauf Wien].

BNB-Kriterium BN_4.1.4 - Rückbau, Trennung, Verwertung

   
  Welche Ziele werden mit BNB-Kriterium BN_4.1.4 verfolgt? Inhalt aufklappen
 

Im BNB Kriteriensteckbrief 4.1.4 werden Konstruktionen nach ihrer Rückbaubarkeit, Trennbarkeit und Verwertbarkeit eingestuft.
WECOBIS kann eine aktuelle Information über mögliche Umwelt- und Gesundheitsgefährdungsaspekte im Zuge von Rückbau und Entsorgung auf Bauproduktgruppenebene geben. Eine Betrachtung von ganzen Konstruktionen kann derzeit in WECOBIS noch nicht erfolgen. Ein Bauteilmodul ist jedoch in planung. Ergänzend zu Leitfäden und Arbeitshilfen helfen die bauproduktgruppenspezifischen Aspekte dem Koordinator jedoch auch jetzt schon, die Komponenten Umwelt und Gesundheit für den Steckbrief 4.1.4 einzuordnen.
Weitere Informationen zu den Einzelkriterien siehe BN_4.1.4 – Rückbau, Trennung, Vewertung

Für die Bewertung der Rückbaubarkeit wirkt sich der Einsatz abfallarmer Konstruktionen, die die Möglichkeit eines sortenreines Rückbaus erlauben, günstig aus. Die Rückbaubarkeit beschreibt den Aufwand, der für Demontage oder Abbruch eines Bauteils aus dem Gebäudeverband nötig ist. Die Sortenreinheit beschreibt den Aufwand, der für die sortenreine Trennung mehrschichtiger und / oder inhomogener Bauteile anfällt.
Für die Bewertung der Verwertbarkeit der Baustofffraktionen gelten die zur Zeit der Bewertung am Markt aktuell verfügbaren technischen Verfahren. Eine bessere Verwertbarkeit / höherwertige Verwertung führt tendenziell zu einer Aufwertung. Eine theoretische aber nicht realisierte Verwertbarkeit führt tendenziell zu einer Abwertung. Alternativ können bei Bauteilen mit langer zu erwartender Nutzungsdauer Forschungsvorhaben, die praktikable Lösungsmöglichkeiten in absehbarer Zeit zur Verfügung stellen können, positiv bewertet werden.

Weitere Informationen z.B. zu den Verwertungsmöglichkeiten, Deponieverhalten, Abfallschlüssel → Reiter Nachnutzung

Einordnung elastische, textile, mineralische, Laminat-, Holz-Bodenbeläge

Die Rückbaubarkeit von Bodenbelägen hängt stark von der Art der Verlegung ab.

Rückbaubarkeit

>> zunehmender Rückbauaufwand >>

Verlegeart

lose verlegt

verspannt

vernagelt

streifenweise verklebt

vermörtelt

vollflächig verklebt

Elastische Bodenbeläge 1,2

(x)
z.T. möglich als Fertigdielen

 

 

 

 

x

Textile Bodenbeläge 1,2

x

x

x

x

 

x

Mineralische
Bodenbeläge
2,3

 

 

 

 

x

x

Bodenbeläge aus Holz: Dielenboden

 

 

 x

 

 

 

Bodenbeläge aus Holz: Massivparkett

 

 

 x

x

 

x

Laminat-Bodenbeläge, Fertigparkett 2,4

x

 

 

x

 

x

Tabelle 1.5.10-1: Übersicht Rückbaubarkeit

1 Da Elastische Bodenbeläge i. d. R. vollflächig verklebt werden, ist deren Rückbau mit hohem Aufwand verbunden. Aufgrund der daraus resultierenden Beschädigung des Bodenbelags ist eine Weiterverwendung nicht möglich. Definierte Trennvliese können hier ggf. zu besserer Trennbarkeit beitragen.
2 Zu beachten ist hier allerdings die Lebensdauer der Beläge, die z.B. bei textilen Bodenbelägen mit ca. 10 Jahren, Laminat-Bodenbelägen mit ca. 20 Jahren, bei einem (verklebten) Massivholzparkett oder mineralischen Belägen hingegen mit über 50 Jahren veranschlagt wird.
3 Die Demontage von mineralischen Bodenbelägen ist mit hohem Aufwand verbunden. Ein Ausnahme bilden Lehmböden, die normalerweise sortenrein von den angrenzenden Schichten getrennt werden können.
4 Laminat-Bodenbeläge werden fast immer schwimmend verlegt. Bei verklebtem Laminat ist eine zerstörungsfreie Trennung und damit eine Wiederverwendung nicht möglich.

Verwertungs- / Beseitigungswege Hochwertige Verwertung Minderwertige Verwertung Energetische Verwertung Deponierung
Elastische Bodenbeläge
Elastomer-Bodenbeläge Nicht möglich wegen Verklebung Möglich Momentan der übliche Beseitigungsweg Nicht zulässig, Vorbehandlung nötig
Linoleum-Bodenbeläge  Nicht möglich wegen Verklebung Möglich, wirtschaftlich nicht attraktiv Momentan der übliche Verwertungsweg Nicht zulässig, Vorbehandlung nötig
Polyolefin-Bodenbeläge Nicht möglich wegen Verklebung Möglich, wirtschaftlich nicht attraktiv Momentan der übliche Verwertungsweg Nicht zulässig, Vorbehandlung nötig
PVC-Bodenbeläge Nicht möglich wegen Verklebung  Möglich, Rücknahmesysteme vorhanden, steigend1 wegen fehlender ökologischer Behandlungsalternativen Thermische bzw. mechanische Abfallbehandlung in mechanisch-biologischen Aufbereitungsanlagen momentan der übliche Beseitigungsweg2 Nicht zulässig, Vorbehandlung nötig
Textile Bodenbeläge
Textile Bodenbeläge aus Chemiefaser Bedingt möglich3 Möglich Momentan der übliche Verwertungsweg Nicht zulässig, Vorbehandlung nötig
Textile Bodenbeläge aus Naturfaser Bedingt möglich3 Möglich, wirtschaftlich nicht attraktiv Momentan der übliche Verwertungsweg Nicht zulässig, Vorbehandlung nötig
Mineralische Bodenbeläge
Keramik-Fliesen und
-Platten
Theoretisch möglich4 Möglich Nicht möglich Momentan der übliche Beseitigungsweg (Inertabfall)
Kunststein Theoretisch möglich4 Bedingt möglich5 Nicht möglich Momentan der übliche Beseitigungsweg6
Lehmböden möglich7 möglich7 nicht möglich Momentan der übliche Beseitigungsweg
Naturstein Theoretisch möglich4 Möglich Nicht möglich Momentan der übliche Beseitigungsweg (Inertabfall)
Holz und Laminat-Bodenbeläge
Bodenbeläge aus Holz Möglich, wenn vom Untergrund trennbar3 Bedingt möglich3 Momentan der übliche Verwertungsweg Nicht zulässig, Vorbehandlung nötig
Fertigpakett,
Laminat-Bodenbeläge
Möglich3 Bedingt möglich Momentan der übliche Verwertungsweg Nicht zulässig, Vorbehandlung nötig
 
Tabelle 1.5.10-2: Übersicht Verwertbarkeit
 
Hochwertige Verwertung
Die Produktgruppe wird zur Herstellung gleichwertiger Produkte als wesentlicher Bestandteil des Endprodukts eingesetzt.
Minderwertige Verwertung
Die Produktgruppe wird zur Herstellung untergeordneter Produkte als wesentlicher Bestandteil des Endprodukts eingesetzt.
Energetische Verwertung
Die Produktgruppe wird in einer Verbrennungsanlage energetisch verwertet.
Deponierung
Die Produktgruppe wird ggf. nach thermischer Vorbehandlung deponiert.

1 Der Anteil an Nachgebrauchsabfällen ("post-consumer") lag 2007 bei ca. 403.000. Davon wurden ca. 77.000 Tonnen werkstofflich und rohstofflich recycelt. Dies entspricht einer Recyclingquote von 19 % bei Gesamt-PVC. Aussagen zu PVC-Bodenbelägen liegen nicht vor.
2 Geringer Energiegewinn; hauptverantwortlich für Chloreintrag in Verbrennungsanlagen
3 Je nach Verlegungsart. Verunreinigungen durch Kleber oder Beschichtungen können auftreten.
4 Intakte Fliesen/Steine könnten gesäubert und wiederverwendet werden.
5 Zementgebundene Kunststeine können als Splittersatz stofflich verwertet werden. Die stoffliche Verwertbarkeit kunstharzgebundener Steine ist wegen der Kunstharzanteile begrenzt.
6
Zementgebundene Werksteine können als Inertabfall, kunstharzgebundene Steine je nach Erfüllung der Zuordnungskriterien in Deponien der Klasse I bis III bzw. erst nach Vorbehandlung deponiert werden.

7 Lehmböden haben hier deutliche Vorteile gegenüber herkömmlichen Estrichen:Lehmböden können normalerweise sortenrein von den angrenzenden Schichten getrennt werden.Sie können durch Wasserzugabe wiederaufbereitet und neu geformt werden. Die Polsterhölzer und Holzfußböden können sortenrein von der Lehmmischung getrennt werden. Voraussetzung für die hervorragende Recyclingfähigkeit der Lehmbaustoffe ist, dass der Lehm nicht mit anderen Bindemitteln wie z.B. Zement vermengt wird. Die Zugabe anderer Bindemittel ist in der traditionellen Stampflehmbauweise in Mitteleuropa nicht üblich, ist aber immer wieder Forschungsgegenstand.

Quellen

Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB), Büro- und Verwaltungsgebäude – Neubau, Kriterium 1.1.6 Risiken für die lokale Umwelt, abrufbar unter BNB_BN_1.1.6 Version V 2015 (Online-Quelle)

Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen (BNB), Büro- und Verwaltungsgebäude – Neubau, Version 2011_1, Kriterium 3.1.3 Innenraumhygiene, abrufbar unter BNB_BN2011-1_313 (Online-Quelle)

Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen (BNB), Büro- und Verwaltungsgebäude – Neubau, Version 2011_1, Kriterium 4.1.4 Rückbau, Trennung und Verwertung, abrufbar unter BNB_BN2011-1_414 (Online-Quelle)

Lehmböden

Technisches

Technische Daten

 Parameter Einheit  Richtwerte 
 Rohdichte  kg/m3  1700 - 2000
 Wärmeleitfähigkeit   W/(mK)  0,81 – 1,16
 Druckfestigkeit  N/mm2  3 – 4
Wasserdampfdiffusionswider-standszahl nach DIN 4108-4   -  5/10
 Baustoffklasse nach DIN 4102-4 bzw. DIN EN 13501-2  - A1 

Quelle: Schneider - Bautabellen für Architekten. Entwurf – Planung – Ausführung. Albert Andrej, Heisel Joachim (Hrsg). 25. Auflage, 31.03.2022 (Seite 6.59)

Technische Baubestimmung

Die allgemeinen Anforderungen an bauliche Anlagen und die Verwendung von Bauprodukten werden in den Landesbauordnungen geregelt. Bei Bedarf können diese allgemeinen Vorgaben durch Technische Baubestimmungen konkretisiert werden. Das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) macht im Auftrag der Länder die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) bekannt, die als Grundlage für die Umsetzung in Landesrecht dient.
Weitere Informationen dazu bzw. produkt- und bauartspezifische Informationen siehe
DIBt / Informationsportal Bauprodukte und Bauarten
DIBt / Zulassungs- und Genehmigungsverzeichnisse

Technische Regeln (DIN, EN)

Früher existierende Vorschriften für den Lehmbau – die Lehmbauordnung von 1944, die im Jahre 1951 als DIN 18951 veröffentlicht wurde, und nachfolgende Bestimmungen, als Vornormen herausgegeben – wurden 1971 ohne Ersatz zurückgezogen. Erst 2013 wurden erneut Lehmbau-Normen herausgegeben:

  • DIN 18945 Lehmsteine
  • DIN 18946 Lehmmauermörtel
  • DIN 18947 Lehmputzmörtel

Für Stampflehmböden und Bodenaufbauten mit Lehmschüttungen gibt es noch keine Normen.

Der Dachverband Lehm e.V. bringt regelmäßig die „Lehmbau Regeln“ [1] zum Stand der Technik der Herstellung und Anwendung von Lehmbaustoffen heraus. Die Fachkommission Baunormung der ARGEBAU hat beschlossen, die „Lehmbau Regeln“ in die Musterliste der Technischen Baubestimmungen aufzunehmen. Die „Lehmbau Regeln“ sind inzwischen in 11 Bundesländern bauaufsichtlich eingeführt [2].

Quellen

[1] Dachverband Lehm e.V. (Hrsg): Lehmbau Regeln; Begriffe - Baustoffe - Bauteile; Franz Volhard; Ulrich Röhlen. Springer Vieweg. 3. überarb. Auflage 2009
[2] Dachverband Lehm. Bauvorschriften zum Lehmbau. (Online-Quelle), zuletzt abgerufen am 02.12.2022

Lehmböden

Literaturtipps

Dachverband Lehm e.V. (Hrsg): Lehmbau Regeln; Begriffe - Baustoffe - Bauteile; Franz Volhard; Ulrich Röhlen. Springer Vieweg. 3. überarb. Auflage 2009

Ulrich Röhlen, Christof Ziegert: Lehmbau-Praxis. Planung und Ausführung. 2. Aktualisierte und überarbeeitete Auflage. Beuth / Bauwerk Verlag, Berlin, 2014.

Dachverband Lehm e.V. (Online-Quelle), zuletzt abgerufen am 2.12.2022

NETZWERK LEHM ‐ Fachverband zur Förderung des Lehmbaus sowie zur Vernetzung von Lehmbauschaffenden in Österreich (Online-Quelle

ERDEN (Online-Quelle)

Lehm Ton Erde (Online-Quelle
 

Lehmböden

Rohstoffe / Ausgangsstoffe

Hauptbestandteile

Lehmböden werden aus einem Gemisch aus Baulehm und Zuschlagstoffen hergestellt. Die Zuschlagstoffe werden dem Lehm beigemischt, um das Schwindverhalten und die Festigkeiten zu verbessern [Janson, 2013].

Für den Einsatz in Lehmböden sollte der Lehm nicht zu grobkörnig sein.

Die Zuschlagstoffe bestehen in der Regel aus natürlichen gebrochenem oder ungebrochenen Gesteinskörnungen. In sehr geringen Mengen können Stampflehm organische Zuschlagstoffe wie z.B. Feinfasern (Flachs, Hanf) oder Stroh bis zu ca. 10 cm Länge zugegeben werden. Die Bindekraft kann durch Tonmehlzugabe erhöht werden.

Bild: Zusammensetzung von Stampflehm. Quelle: [Janson, 2013]

Umwelt- und Gesundheitsrelevanz

Gewinnung der Primärrohstoffe

Lehm ist als Verwitterungsprodukt fast überall vorhanden und damit regional verfügbar. Idealerweise kann der Aushublehm vor Ort verwendet werden. Dadurch entfallen umweltbelastende Transporte.

Die Gesteinskörnungen werden direkt aus den mineralischen Vorkommen gewonnen.

Allfällige organische Zuschläge werden in land- oder forstwirtschaftlichen Prozessen gewonnen. Häufig fallen sie dabei als Neben- bzw. Abfallprodukte an.

Radioaktivität

In jedem Baumaterial aus mineralischen Rohstoffen ist ein natürlicher Anteil an Radionukliden enthalten. Dieser Anteil ist abhängig von der geologischen Herkunft und der Beschaffenheit des Materials.

Radionukleide können zu einer Strahlenexposition durch Gamma-Strahlung oder durch Inhalation von Radon-und seinen kurzlebigen Zerfallsprodukten erfolgen. Zum Schutz der Bevölkerung vor Strahlenbelastungen werden in Deutschland daher seit mehr als 40 Jahren Untersuchungen und Bewertungen der natürlichen Radioaktivität in Baumaterialien durchgeführt. In einer Studie des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) wurden in Deutschland keine Baumaterialien festgestellt, die zu einer erhöhten Strahlenexposition durch radioaktive Strahlung oder Radon in Räumen führen könnten. Bei den derzeit handelsüblichen Bauproduktgruppen sind daher aus der Sicht des Strahlenschutzes keine Einschränkungen erforderlich, siehe ausführliche BfS-Informationen zu natürlichen Radionukleiden in Baustoffen. Allerdings ist auch weiterhin die vorgegebene Beschränkung des Anteils an Reststoffen aus industriellen Prozessen wie z. B. Schlacken, Schlämme oder Stäube zu beachten.

Radioaktivität + Lehmbaustoffe
Ein natürliches Radionukleid ist Thorium. Es zerfällt in das radioaktive Gas Radon-220 (Thoron). Lehm ist sehr feinkörnig und hat dadurch eine größere Oberfläche als z.B. der gebrannte Ziegel. Dadurch kann er mehr Radon und Thoron in die Raumluft abgeben. Thoron kann wie Radon-222 Lungenkrebs hervorrufen. Im Gegensatz zum Radon-222 gibt es aber erst sehr wenig Wissen zum Vorkommen von Thoron in Gebäuden und ab welcher Konzentration das Erkrankungsrisiko erkennbar steigt. Thoron hat jedenfalls eine sehr kurze Halbwertszeit von nur 55 Sekunden. Erhöhte Thoronwerte in Gebäuden sind daher nur möglich, wenn es direkt aus den Baustoffen an den Innenraum abgegeben wird.
Nach derzeitigem Kenntnisstand des BfS wurden in Deutschland keine Lehmbaustoffe verwendet, die zu relevanten Expositionen durch Thoron und seine Zerfallsprodukte führen könnten. Die Möglichkeit, dass ungebrannter Lehm als Baustoff in Einzelfällen zu erhöhten Thoronwerten in der Raumluft führen kann, lässt sich jedoch nicht gänzlich ausschließen (Bundesamt für Strahlenschutz, 2022).

Quellen

Janson Christina: Materialforschung Stampflehm – Ein Beitrag zur Weiterentwicklung des Baustoffes Stampflehm. Dissertation, Berlin, 2013. (Online-Quelle), zuletzt abgerufen am 5.12.2022

Dachverband Lehm e.V. (Hrsg): Lehmbau Regeln; Begriffe - Baustoffe - Bauteile; Franz Volhard; Ulrich Röhlen. Springer Vieweg. 3. überarb. Auflage 2009

Gehrcke, K., Hoffmann, B., Schkade, U., Schmidt, V., Wichterey, K.: „Natürliche Radioaktivität in Baumaterialien und die daraus resultierende Strahlenexposition“, Bundesamt für Strahlenschutz

Bundesamt für Strahlenschutz (BfS): Lehm als Baumaterial, Stand: 2.5.2022, Online-Quelle (zuletzt abgerufen am 8.12.2022)

Lehmböden

Herstellung

Herstellungsprozess

Ortlehm weist je nach Bodenbeschaffenheit und vorhergegangenen geologischen Prozessen unterschiedliche Zusammensetzungen und nicht immer die besten Voraussetzungen für die Herstellung von Lehmböden auf. Die Aufbereitung ist deshalb ein wesentlicher Teil im Herstellungsprozess. Wie bei generell jeder Anwendung von Ortlehm als Baustoff sind sowohl Fachwissen als auch Erfahrungen wesentlich für die fachgerechte Herstellung und den Einbau der Lehmschüttungen. In einem zeitaufwändigen Verfahren, das viel Fachwissen und Erfahrung erfordert, werden Proben aus Variationen der Ausgangsstoffe hergestellt, die Materialeigenschaften der Proben beurteilt und daraus die ideale Lehmrezeptur ermittelt. Je nach Anforderung (Stampflehmböden beinhalten bspw. aufgrund ihrer geringeren Stärke von rund 8-10 cm kleinere Korngrößen als Stampflehmwände mit Stärken von bis zu 40 cm) werden unterschiedliche Gesteinskörnungen beigemengt.

Umweltindikatoren / Herstellung

Einheitliche Werte zu Umweltindikatoren (z.B. Primärenergieaufwand, Treibhauspotential) liefert die Online-Datenbank ÖKOBAUDAT des Informationsportals Nachhaltiges Bauen. Die Plattform ÖKOBAUDAT stellt Umweltprofile für Bauprodukte bereit, die als erforderliche Datengrundlage für die Ökobilanzierung (Lebenszyklusanalyse) von Gebäuden eingesetzt werden. Für Bauprodukte gibt es dort Herstellungs- und End-of-Live-Datensätze. → Datenbank der ÖKOBAUDAT
In der Herstellung von Bauprodukten ist ein großer Anteil der verursachten Umweltbelastungen auf den Verbrauch von nicht erneuerbaren Energieträgern zurückzuführen. Der in den Datensätzen geführte "kumulierte Primärenergieaufwand nicht erneuerbar" (Graue Energie, PENRT) ist daher ein wichtiger Umweltindikator für den Ressourcenverbrauch und i.d.R. gleichgerichtet mit dem Treibhauspotential (GWP), einem wichtigen Indikator der Umwelt(aus)wirkungen.
Informationen zu ÖKOBAUDAT-Datensätzen im Zusammenhang mit dieser Produktgruppe finden sich in WECOBIS unter Fachinformationen / Reiter Zeichen & Deklarationen → Übersicht Umweltdeklarationen / Umweltindikatoren.

Energieaufwand

Der Gesamtenergieaufwand für die Herstellung von Lehmböden ist üblicherweise gering:

Energie wird für das Mischen und das Verfestigen (Stampfen oder Rütteln bei Stampflehmböden) benötigt. Für Ortlehm und örtlich vorhandene Zuschlagstoffe entfällt die Energie für die Rohstoffanlieferung. Fallen diese ohnehin beim Aushub an, gehen die Rohstoffe ganz lastenfrei ins System ein. Der Transportaufwand für Fertigmischungen und Zuschlagstoffen hängt von der Entfernung ab und kann bei weiten Strecken relativ viel Energie benötigen.

Charakteristische Emissionen

Die Herstellung von Lehmbaustoffe führt in der Regel - mit Ausnahme von allfälligen Staub- und Lärmemissionen - zu keinen Emissionen in die Umwelt.

Maßnahmen Gesundheitsschutz

Tone weisen in der Regel einen niedrigeren Quarzgehalt als z.B. Quarzsand auf. Die Quarzgehalte in den Tonen und damit die Quarz-A-Staubkonzentrationen an Arbeitsplätzen mit unmittelbarem Zugang zum Material schwanken aber je nach Lagerstätte (BGIA-Report 8/2006, Weiteres →  Verarbeitung / 2.3.2.2 AGW-Werte).

Maßnahmen Umweltschutz

Für die Herstellung von Lehmbaustoffen sind keine besonderen Maßnahmen zum Umweltschutz erforderlich.

Transport

Die Gewinnung des Lehms erfolgt meist in unmittelbarer Nähe der Verarbeitung. Die Transportwege für die Rohstoffanlieferung sind daher in aller Regel kurz.

Quellen

Kapfinger Otto, Sauer Marko (2015): Martin Rauch – gebaute Erde. Gestalten & Konstruieren mit Stampflehm. Detail-Verlag, München

Lehmböden

Verarbeitung

Technische Hinweise / Verarbeitungsempfehlungen

Für die Herstellung von Lehmböden mit Polsterhölzern wird der aufbereitete erdfeuchte Lehm zwischen den Polsterhölzern verteilt und leicht verdichtet. Vor Verlegung des Fußbodens muss eine Austrocknungszeit für den Lehm eingeplant werden. Der Aufbau eignet sich für Massivholz-Bodenbeläge, die direkt in die Polsterhölzer verschraubt werden. Nicht geeignet sind die Lehmböden für dampfdichte Böden wie bspw. PVC, Linoleum oder Kautschuk bzw. Teppichböden, ebenso wenig für Fliesen und Steingut.

Die Herstellung eines Stampflehmbodens wird in Etappen durchgeführt und nimmt mehrere Wochen in Anspruch. Der Stampflehm kann direkt auf einer Dämmung aus druckfesten Dämmplatten eingebracht werden.

Nach Vorbereitung des Untergrundes wird der Lehm erdfeucht eingebracht und mit Glättschuhen verdichtet. Danach erfolgt eine weitere Verdichtung durch Rüttelplatten. Risse und Fehlstellen werden im Anschluss mit feinem Lehmmaterial verspachtelt, nach der Trocknung wird der Boden mit Quarzsand leicht abgeschliffen. Abschließend wird die Oberfläche mit Kasein und Wachs imprägniert. 

Aufgrund der starken Belastung der Konstruktion bei der Verdichtung des Lehms mit Rüttelplatten sind bei Herstellung von Stampflehmböden in nicht ebenerdigen Geschoßen ggf. Tragwerksplaner hinzuzuziehen. Möglicherweise ist eine Unterstützung der Decke erforderlich.

Arbeitshygienische Risiken

Allgemeines

Beim Verarbeiten von Lehm kann es zu Staubbelastungen kommen. Neben E-Staub (einatembare Fraktion) und A-Staub (alveolengängige Fraktion) entsteht auch alveolengängiger Quarzstaub, da die Tone Quarze enthalten. Einatembarer Quarz kann Krebserkrankungen der Atemwege verursachen. Der Quarzgehalt in Lehmbaustoffen ist vergleichsweise gering (BGIA-Report 8/2006).

AGW-Werte

Staubgrenzwerte:

  • 10 mg/m3 mineralischer Staub, einatembare Fraktion (E-Staub)
  • 3 mg/m3 mineralischer Staub, alveolengängige Fraktion (A-Staub)

Da Quarzstaub mit Erscheinen der TRGS 906 als krebserzeugend K1 eingestuft wurde, ist der ursprüngliche Arbeitsplatzgrenzwert von 0,15 mg/m³ nicht mehr rechtsgültig.

REACH / CLP - Informationspflicht zu SVHC

Bauprodukte wie z.B. Bauplatten, Bodenbeläge, Dämmstoffe, Mauersteine, Betonfertigteile oder Verglasungen werden als Erzeugnis eingestuft.

Die europäische Chemikalienverordnung REACH unterscheidet Produkte in Stoffe, Gemische und Erzeugnisse. Zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, dient die CLP-Verordnung (Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen).
Wird ein Produkt nicht als Stoff oder Gemisch, sondern als Erzeugnis eingestuft, ist kein Sicherheitsdatenblatt (SDB) erforderlich und Gefahrstoffbezeichnungen entfallen. Lediglich besonders besorgniserregende Stoffe (SVHC) > 0,1 Gew.-% müssen ausgewiesen werden. Für diese Informationen besteht eine Auskunftspflicht, die allerdings für alle Bauprodukte (Gemische und Erzeugnisse) gilt, die unter den Geltungsbereich der Bauproduktenverordnung (BauPVO) fallen. Sie müssen für Erzeugnisse aber nicht in Form eines Sicherheitsdatenblattes nach den Kriterien des Anhangs II der REACH-Verordnung gegeben werden.

Für Verbraucher muss die Informationsweitergabe auch nur auf Anfrage beim Hersteller erfolgen. Informationen und Unterstützung zu den Auskunftsrechten findet man beim Umweltbundesamt / REACH / Auskunftspflichten.

Einstufungen und Gesundheitsgefahren nach GISBAU

Das Gefahrstoff-Informationssystem der Berufsgenossenschaft BAU (GISBAU) enthält keine GISCODE-Einstufung für Lehmbaustoffe.

Emissionen

Aus Lehmbaustoffen emittieren - mit Ausnahme von Staub (siehe oben) - auch bei der Bearbeitung keine gesundheitsgefährdenden Substanzen.

Quellen

Lehm Ton Erde – Stampflehmboden. Online-Quelle (abgerufen am 9.12.2022)

Technische Regeln für Gefahrstoffe TRGS 559 „Mineralischer Staub“:

Technische Regeln für Gefahrstoffe TRGS 906 „Verzeichnis krebserzeugender Tätigkeiten oder Verfahren nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 GefStoffV.

BGIA-Report 8 /2006: Quarzexpositionen am Arbeitsplatz. Hrsg: Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaft (HVBG). Online-Quelle [abgerufen im September 2013]

Minke, Gernot (2004): Das neue Lehmbau-Handbuch. Ökobuch Verlag

Lehmböden

Nutzung

Umwelt- und Gesundheitsrisiken Neuzustand

Schadstoffabgabe / Emissionen in den Innenraum

Lehmböden bestehen ausschließlich aus natürlichen Rohstoffen. Mit Emissionen von Schadstoffen in den Innenraum ist weder im Neuzustand noch während der Nutzungsphase zu rechnen.

Lehm hat eine sehr niedrige Gleichgewichtsfeuchte von 2 bis 4,5 Masse-%, kann aber deutlich mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Massive Lehmbauteile wie Lehmböden können dadurch größere Mengen an Feuchtigkeit speichern und damit zur Regulierung der Raumluftfeuchte beitragen. Wasserlösliche Schadstoffe aus der Raumluft werden dabei ebenfalls aufgenommen und reduziert.

Lehmböden bestehen ausschließlich aus natürlichen Rohstoffen. Es ist mit keiner Schadstoffabgabe bzw. mit keinen Emissionen in den Außenraum zu rechnen.

Umwelt- und Gesundheitsrisiken im Schadensfall

Brandfall

Im Brandfall entstehen keine toxischen Gase oder Dämpfe aus Lehmbaustoffen.

Wassereinwirkung

Es werden keine Stoffe ausgewaschen, die wassergefährdend sein können.

Instandhaltung

Reparaturen von Lehmböden werden baustoffgerecht ausgeführt.

Lehmschüttungen sind durch den Bodenbelag vor mechanischen Beschädigungen geschützt. Bei Stampflehmböden müssen ausgebrochene Stellen mit einen dem Bestand gleichartigen Lehmbaustoff ergänzt werden und dürfen keinesfalls mit zementgebundenen Materialien ersetzt werden. Das Material wird mit einem Handstampfer bzw. Hammer vorsichtig eingebracht. 

Im Fall eines Wasserschadens kann der Lehm nach dessen Trocknung wieder eingebaut werden.

Quellen

Dachverband Lehm e.V. (Hrsg): Lehmbauregeln; Begriffe - Baustoffe - Bauteile; Volhard, Franz; Röhlen, Ulrich; Vieweg+Teubner Wiesbaden. 3. überarb. Auflage 2009

Lehmböden

Nachnutzung

Umwelt- und Gesundheitsrisiko Rückbau

Beim Rückbau kann die Staubentwicklung ein Risiko für Mensch und Umwelt darstellen.

Wiederverwendung

Die Lehmschüttungen können mit wenig Aufwand wieder zu Lehmschüttungen verarbeitet werden können (siehe stoffliche Verwertung).

Die Wiederverwendung von Stampflehmböden ist nicht möglich.

Stoffliche Verwertung

Lehmböden können nach dem Ausbau durch Wasserzugabe wieder aufbereitet und neu geformt werden. Wichtig ist eine sortenreine Trennung von störenden angrenzenden Schichten.

Anmerkung: Voraussetzung für die hervorragende Recyclingfähigkeit der Lehmbaustoffen ist, dass der Lehm nicht mit anderen Bindemitteln wie z.B. Zement vermengt wird. Die Zugabe anderer Bindemittel ist in der traditionellen Stampflehmbauweise in Mitteleuropa nicht üblich, ist aber immer wieder Forschungsgegenstand.

Beseitigung / Verhalten auf der Deponie

Abbruchmaterial aus Lehmböden kann auf Wertstoffdeponien abgelagert werden, sofern die Zuordnungskriterien erfüllt sind. Bei Lehmbaustoffen mit höherem Anteil an organischen Zuschlagstoffen (bei Lehmböden nicht üblich) muss vor der Deponierung ggf. eine Aufbereitung erfolgen.

EAK-Abfallschlüssel

Lehm oder Lehmbaustoffe sind Im EAK-Katalog nicht unmittelbar aufgeführt.

17 Bau- und Abbruchabfälle
17 07 01 gemischte Bau- und Abbruchabfälle